Mit Girokonten gegen die Armut

Mit Girokonten gegen die Armut
Die Erste Bank bietet mittellosen Menschen gratis Konten an. Damit soll der Weg aus der Armut unterstützt werden.

Die Finanzkrise scheint bei manchen Kreditinstituten doch etwas bewirkt zu haben. "Banken denken darüber nach, welchen gesellschaftlichen Nutzen sie eigentlich haben", sagt Peter Bosek, Vorstand der Erste Bank Österreich. 2010 hat die Erste daher eine Abteilung "Social Banking" geschaffen, die gratis Girokonten für Arme, Mikrokredite und Kurse über Basis-Finanzwissen anbietet.

Als Marketingaktion will der Banker das nicht sehen. Vielmehr ist er überzeugt, dass Menschen, die kein Bankkonto haben, auch keinen vollen Zugang zu unserer Gesellschaft haben. Das Bezahlen von Miete, Strom und Gas sei ohne Girokonto nicht nur mühsamer, sondern auch teuer. Denn bar zahlen kostet: Auf 315 Euro im Jahr schätzt die Erste Bank die Gebühren für bar Bezahlung der Basisausgaben ärmerer Haushalte. Eine staatliche Sozialpolitik ersetzen, wolle die Bank nicht. Sie wolle aber unterstützend wirken und damit gesellschaftlichen Nutzen stiften.

Diesen Nutzen hat Agnes Streissler im Auftrag der Erste Bank erhoben. 150.000 Österreicher verfügen demnach über kein Bankkonto. Jeder fünfte Haushalt habe ein überzogenes Konto. Besonders armutsgefährdet seien bildungsferne Schichten, Alleinerzieherinnen und Migranten. Ihre Teilnahme am wirtschaftlichen Leben unserer Gesellschaft ist – unter anderem mangels Bankkonto – eingeschränkt, sagt Streissler. Social Banking habe eine "hohe soziale Rendite", denn über Girokonten könnten oftmals Probleme frühzeitig erkannt werden.

Die Erste bietet diesen Menschen nicht nur Girokonten an, sondern übernimmt im Notfall zusammen mit der Schuldnerberatung auch die Basis-Zahlungen für die Betroffenen. Zudem werden billige Haushaltsversicherungen offeriert. Abgewickelt wird dies über die Zweite Bank, in der 430 Mitarbeiter der Erste freiwillig arbeiten. 8000 Kunden zählt die Zweite Bank, 800 konnten mittlerweile der Armut entfliehen und in "normale Banken" übernommen werden.

Mikrokredite

Ein Teil des Social Banking ist die Vergabe von Kleinstkrediten (Durchschnitt: 10.300 Euro) für mittellose Menschen, die ein eigenes Unternehmen gründen wollen. 140 solcher Kredite hat die Erste bisher vergeben.

"Die Mehrheit dieser Gründer kommt dauerhaft aus der Arbeitslosigkeit heraus", erklärt Günter Benischek, Leiter des Social Banking der Erste Bank.

Oikocredit-Chef: "Finanzgeier gehen, wenn es schwierig wird"

Seit Ende der 1970er- Jahre vergibt die von kirchlichen Gruppen gegründete Oikocredit mit Sitz in den Niederlanden, Mikrokredite weltweit. Das Geld dafür kommt von mittlerweile 45.000 Anlegern, 3000 davon aus Österreich. Sie erhalten konstant zwei Prozent Zinsen auf ihre Einlage. 520 Millionen Euro konnten als Mikrokredite vergeben werden. Oikocredit-Chef Fidon R. Mwombeki aus Tansania im KURIER über ...

... Überschuldung

In einigen Ländern haben Mikrokredite zu hohen Schulden der Menschen geführt. Das war, weil einige Banker eine Geschäftschance in Mikrokrediten sahen. Sie waren nicht an den Armen interessiert. Diese Finanzgeier verlassen das Land, wenn es schwierig wird. Das haben wir in Ägypten gesehen. Oikocredit aber bleibt.

... Wirkung der Kredite

Als ich nach dem Studium in mein Land zurückkam, konnte ich es kaum glauben: So kleine Kreditbeträge und so eine große Wirkung. Menschen, die nie eine Bank von innen gesehen haben, haben mit dem Kredit Ziegen gekauft, damit einen Lebensunterhalt aufgebaut und den Kredit getilgt. Wer das sieht, kann nicht sagen, Mikrokredite sind schlecht.

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