Misstrauen unter Banken ist zurück

Institute borgen einander erneut ungern Gelder. Der Branchenindex der Banken verlor innerhalb des vergangenen Monats 30 Prozent.

Die Schuldenkrise in Europa zieht Aktienkurse in den Keller. Die größten Verlierer sind Bankaktien; der entsprechende Branchenindex verlor in den vergangenen vier Wochen rund 30 Prozent. Denn die Banken haben große Beträge in Staatsanleihen von überschuldeten Euroländern investiert. Eine Pleite eines Landes oder ein Schuldenerlass würde die betreffenden Institute massiv in Bedrängnis bringen. Das lässt nicht nur Anleger in Scharen aus diesen Aktien flüchten. Auch die Bankbranche selbst fürchtet, dass einige ihrer Vertreter in den Abgrund gerissen werden könnten. Daher leihen sie sich untereinander nur noch ungern Geld - zu groß ist die Angst, es nicht mehr wieder zu sehen.

Ausgetrocknet

Diese Situation erinnert an die Wochen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008. Auch damals trocknete der Interbanken-Markt buchstäblich aus, die Gefahr eines Kollaps der Finanzwelt stieg bedrohlich an. Denn Banken benötigen zur Refinanzierung mehr als nur Kundeneinlagen. Zu rund 40 Prozent finanzieren sie ihre kurzfristigen Geschäfte über den Interbanken-Markt.

Diese Möglichkeit ist ihnen nun zunehmend verschlossen. Daher wenden sie sich an die Europäische Zentralbank (EZB), die schon in Folge der Lehman-Pleite das System am Laufen hielt. Sie stellt fix verzinste Kredite von bis zu drei Monaten Laufzeit zur Verfügung. Zudem nimmt sie auch Gelder der Institute zur sicheren Verwahrung entgegen.
"Banken in bestimmten Regionen des Euro-Gebiets bevorzugen es, ihre überschüssige Liquidität bei der EZB zu deponieren, anstatt sie an andere Banken auszuleihen", sagte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark dem Handelsblatt . "Dieses Signal nehmen wir ernst."

Derzeit sind es rund 90 Milliarden Euro, Anfang August waren es sogar 145 Milliarden Euro. Dieser Jahreshöchstwert wurde zuletzt vor einem Jahr erreicht. Nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 waren es sogar mehr als 200 Milliarden Euro. Das bei der EZB deponierte Geld wird nur zu 0,75 Prozent verzinst, am Geldmarkt wäre es rund das Doppelte. In normalen Zeiten wird diese Möglichkeit der EZB von den Banken kaum genutzt.

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