Schirnhofer steht bei Wien Holding in der Kreide

Schirnhofer braucht zur Rettung seines Betriebes einen Investor.
Stadt-Wien-Tochter zeichnete Schirnhofer-Anleihe und bangt um viel Geld. Auch Schirnhofer-Holding pleite.

Die 29 Millionen Euro schwere Pleite des steirischen Fleischereiunternehmens Schirnhofer GmbH erweist sich als größerer Brocken, als bisher angenommen. Die Fortführung des Unternehmens ist zwar beschlossen und die Finanzierung für die nächsten Wochen gesichert. Doch da ist noch kein Cent für die Gläubigerquote eingerechnet. Unterm Strich benötigt der Masseverwalter für den Fortbetrieb bis März insgesamt rund 1,2 Millionen Euro, am Ende soll ein kleines Plus stehen.

„Die geplante Fortführung schaut zunächst gut aus. Die Hausbank, die Steiermärkische Sparkasse, hat verpfändete Gelder in Höhe von circa 260.000 Euro freigegeben und gewährt einen Kontokorrent-Kreditrahmen in Höhe von 500.000 Euro“, sagt Franz Blantz vom Gläubigerschutzverband AKV zum KURIER. „Und drei andere Banken geben Kredite in Höhe von insgesamt 450.000 Euro.“

Streit um Treuhandgelder

Indes macht sich Schirnhofer-Masseverwalter Georg Muhri ans große Aufräumen. Zugleich will er aber auch die 200 Arbeitsplätze bei Schirnhofer retten. Muhri geht davon aus, dass aus dem Verkauf der Tochterunternehmen Aibler und Blasko Convenience-Fertiggerichte GmbH an die Villacher Fleischwerke Marcher noch bis zu 1,4 Millionen Euro auf einem Treuhand-Konto eines Welser Anwalts liegen. Allein Aibler soll um rund 7,5 Millionen Euro verkauft worden sein, abzüglich Gegenverrechnungen sollen noch fünf Millionen Euro eingespielt worden sein.

„Wir sind allen unseren Verpflichtungen aus den Kaufverträgen mit der Schirnhofer-Gruppe vollständig und termingerecht nachgekommen“, teilte Norbert Marcher vor einigen Tagen dem KURIER schriftlich mit.

Stadt Wien-Tochter zeichnete Anleihe

In einem Schreiben vom 23. November 2015 hat Norbert Marcher aber den eingesetzten Welser Treuhänder angewiesen, „eine Auszahlung an den Verkäufer (Anmerkung der Redaktion: Schirnhofer Holding) solange nicht vorzunehmen, bis die einzelnen offenen Gewährleistungsansprüche in unserem Sinn geklärt" wurden. So soll Schirnhofer angeblich einen langfristigen Vertrag mit Kapsch und einen Lieferbonus für die Schirnhofer GmbH bzw. Schirnhofer Deutschland nicht offengelegt haben. Insgesamt beziffert Marcher die "Mängel" mit 81.617 Euro. Detail am Rande: Bei Schirnhofer mit Sitz in Kaindorf bei Hartberg geht es derzeit um die Rettung von 200 Arbeitsplätzen. Bis vor Kurzem waren es noch rund 270 Mitarbeiter. Jene 70 Mitarbeiter, die für den Hauptkunden, die mittlerweile bankrotte Zielpunkt-Kette gearbeitet haben, wurden bereits zur Kündigung beim AMS angemeldet.

Zahlstelle Transilvanien

Marcher macht Gewährleistungsansprüche geltend, über die man diskutieren kann“, sagt Schirnhofer-Masseverwalter Georg Muhri zum KURIER. „Aber der Treuhänder hat keinen Anspruch, diese Zahlungen zurückzuhalten.“ Außerdem wirft die Causa ein weiteres Problem auf: Es stellt sich nämlich auch die Frage, ob das Geld aufgrund einer weiteren Treuhandvereinbarung der Wien Holding zusteht oder nicht.

2,75 Prozent Verzinsung

Denn: Nach Angaben Muhris hat die Schirnhofer Familien Unternehmen Holding GmbH, die Mutterfirma des Fleischerei-Konzerns, im Jahr 2013 über die Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) und einer ausländischen Zahlstelle, nämlich der SSIF Transilvania Capital SA, in Bukarest, Rumänien, eine Anleihe in Höhe von fünf Millionen Euro begeben, die von der Wien Holding GmbH der Stadt Wien gezeichnet wurde. Laufzeit: zwei Jahre. Die Verzinsung betrug 2,75 Prozent pro Jahr.

Stundung im Juni vereinbart

Für die Wien Holding war das Engagement bei Schirnhofer ein ganz normales Investment. "Das war eine Veranlagung im Rahmen eines normalen Geschäftsbetriebes einer Holding, wir investieren in unterschiedliche Anleihen und Wertpapiere", sagt Holding-Sprecher Wolfgang Gatschnegg zum KURIER. "Wir machen das vorrangig am österreichischen Markt und suchen Renditen, die über dem eines normalen Sparbuches liegen." Nachsatz: "Die Firma Schirnhofer war damals ein starkes Traditionsunternehmen."

Vier Millionen Euro geblecht

Dem Vernehmen nach war die Anleihe samt Zinsen im Juni 2015 zur Auszahlung endfällig. Die Schirnhofer Holding konnte aber offenbar nicht zahlen. Am 16. Juni 2015 schlossen die Wien Holding und die Schirnhofer Familien Unternehmen Holding GmbH eine Stundungsvereinbarung ab. Nach dieser hat die Wien Holding 2,5 Millionen plus Zinsen, sprich 2,637 Millionen Euro erhalten. Bis zum 30. Juni 2015 sollte die Stadt-Wien-Tochter weitere 2,5 Millionen Euro zahlen. Dieser Rest sollte aus dem Verkaufserlös der beiden Töchter Aibler und Blasko und einer Liegenschaft bezahlt werden. Doch das funktionierte nicht. Trotzdem dürfte die Wien Holding weitere Zahlungen erhalten haben.

Im Gespräch mit dem KURIER wird der offene Betrag mit rund einer Million Euro beziffert. Das heißt: Die Wien Holding hat rund vier Millionen Euro von der Schirnhofer-Holding erhalten. Daraus kann geschlossen werden, dass der vom Welser Treuhänder verwaltete Betrag mittlerweile deutlich niedriger sein dürfte.

Schlechte Nachricht

Doch die Anleihegläubigerin Wien Holding wird womöglich die Gelder zurückzahlen müssen. Laut Insolvenzverwalter Muhri wird am Donnerstag auch die Konzern-Mutter Schirnhofer Familien Unternehmen Holding GmbH Insolvenz anmelden. In der Folge wird wohl der neue Insolvenzverwalter alle Zahlungen der Schirnhofer-Holding in den vergangenen sechs bis zwölf Monaten anfechten und die Zahlungen zurückfordern. Begründung: Das Gesetz bzw. Insolvenzordnung (IO) verlangt die Gleichbehandlung aller Gläubiger.

Die erste Pleite

Schirnhofer will innerhalb von zwei Jahren insgesamt 4,15 Millionen Euro für die Gläubigerquote samt den Verfahrenskosten aufbringen. Bei fünf Banken steht Schirnhofer mit insgesamt knapp neun Millionen Euro in der Kreide. Einer der Hauptgläubiger ist laut Insolvenzantrag die Steiermärkische Sparkasse. An die Banken sind unter anderem Betriebsliegenschaften verpfändet.

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