Groß-Pleite: Bei Borckenstein wackeln 150 Jobs

Garnerzeuger schlitterte in die Insolvenz
Garn-Erzeuger hat 30,93 Millionen Euro Schulden, 286 Jobs sind betroffen. Die Gewerkschaft bastelt an einer Stiftung für die Mitarbeiter.

Der KURIER hatte bereits in der Vorwoche über die drohende Insolvenz des steirischen Garn-Herstellers Borckenstein GmbH berichtet, heute, Mittwoch, wurde die Zahlungsfähigkeit auch öffentlich eingestanden. Das Unternehmen, eine Tochter der italienischen Fil Man Made Group, hat einen Sanierungsantrag ohne Eigenverwaltung eingebracht. Das Unternehmen soll fortgeführt werden. Dabei soll es aber zu tiefen Personaleinschnitten kommen. Rund 200 Gläubiger sind laut AKV und Creditreform von der Insolvenz betroffen. Den Gläubigern wird 20 Prozent Quote geboten. Zum Insolvenzverwalter wurde der ausgewiesene Top-Sanierungsexperte Alexander Isola von der Anwalts-Kanzlei Graf & Pitkowitz bestellt.

Stiftung für betroffene Mitarbeiter

Laut Hubert Holzapfel, Landessekretär der Gewerkschaft Proge für die Steiermark, sind bis zu 150 der 286 Arbeitsplätze gefährdet. Das Unternehmen hat alle Mitarbeiter beim Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung angemeldet.

"Ich habe heute schon mit Sozialminister Alois Stöger telefoniert, und er hat mir persönlich zugesagt, dass er alles in die Wege leiten wird, dass die ausstehenden Jänner-Gehälter und -Löhne und das überfällige Weihnachtsgeld so schnell wie möglich vom Insolvenzentgeldfonds an die Mitarbeiter überwiesen werden, also in drei bis vier Wochen wie bei Schirnhofer", sagt Gewerkschafter Hubert Holzapfel im Gespäch mit dem KURIER. "Der zweite Schritt ist, eine Stiftung für die betroffenen Mitarbeiter einzurichten. Wir basteln gemeinsam mit Finanzlandesrat Michael Schickhofer, der Soziallandesrätin Doris Kampus und dem AMS an dieser Stiftung."

Starke Konkurrenz

„Das Unternehmen ist mit seinem weitgefächerten Produktsortiment und seinen High-Tech Garnen ein besonders wichtiger Leitbetrieb in einer strukturschwachen Region an der Grenze zwischen der Steiermark und dem Burgenland“, heißt es im Insolvenzantrag aus der Feder der renommierten Grazer Kanzlei Scherbaum Seebacher. „Die Antragstellerin beliefert überwiegend den europäischen Markt außerhalb Österreichs mit Garnen. Als exportorientiertes Unternehmen ist sie einer Vielzahl von makroökonomischen Risiken ausgesetzt. Preis- und Mengenentwicklungen sind zyklisch und von globalen Konjunkturlagen abhängig." Nachsatz: "In bestimmten Markt- und Produktbereichen konkurriert Borckenstein bei Standardqualitäten sowohl mit asiatischen, hier verstärkt mit türkischen, als auch europäischen Massenproduzenten." Verschärft wurde die Situation vor allem durch den weiteren Ausbau der weltweiten Produktionskapazitäten.

Kostensenkungen griffen nicht weit genug

"Trotz teilweise negativer Gewinnmargen wurde sowohl in Polyester-Anlagen als auch weiter in Viskosefaserkapazitäten investiert, was die Konkurrenzsituation weiter verschärfte", heißt es darin weiter. "Da diese negative Gesamtsituation trotz wiederholter Indikatoren für eine Verbesserung der Lage anhielt, musste auch Borckenstein die Kapazitäten in fast allen Bereichen zurückfahren." Nachsatz: "Um den notwendigen Turn-Around zu schaffen und das Unternehmen wieder auf eine solide Basis zu stellen, wurden zahlreiche Restrukturierungs- und Ertragsverbesserungsmaßnahmen eingeleitet." Nachsatz: "Die positive ertragsmäßige Auswirkung aus den Kostensenkungs- bzw. Optimierungsmaßnahmen wurde jedoch von einer sich nochmals verschlechternden Marktsituation mehr als aufgebraucht."

Weiterer Rückschlag

"Ein besonders schwerer Rückschlag für die Restrukturierungsbemühungen bei Borckenstein war die Erhöhung der Rohstoffpreise für Viskose im Herbst 2015 um rund zehn Prozent", heißt es weiter. "Aufgrund dieser negativen wirtschaftlichen Entwicklung gerade in jüngerer Vergangenheit, jedoch einer absehbaren Erholung des Geschäftsverlaufs für das laufende Geschäftsjahr 2016 ist Borckenstein gezwungen, aber auch in der Lage, ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung einzuleiten."

Die Schulden

Die Verbindlichkeiten haben einen Liquidationswert in Höhe von 32,93 Millionen Euro, davon entfallen 16,37 Millionen Euro auf Banken, 8,65 Millionen Euro auf Ansprüche der Dienstnehmer und 3,13 Millionen Euro auf Lieferungen und Leistungen; weitere 4,77 Millionen Euro werden unter dem Titel "sonstige Verbindlichkeiten" verbucht. Kann der Betrieb fortgeführt werden, soll der Schuldenberg "nur" 32,23 Millionen Euro ausmachen.

Das Vermögen

Die Aktiva haben einen Buchwert in Höhe von 22,794 Millionen Euro, aber nur einen Liquidationswert in Höhe von 12,235 Millionen Euro. Davon entfallen 6,4 Millionen Euro auf verpfändete Forderungen, 1,5 Millionen auf verpfändete Maschinen und 833.000 Euro auf verpfändete Finanzanlagen. Auch das Bankguthaben (398.000 Euro) wird noch sinken. Denn es wird damit gerechnet, dass davon 340.000 Euro von der finanzierenden Bank mit den Schulden aufgerechnet werden. Die Vorräte werden mit 2,5 Millionen Euro beziffert.

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