Die schwarzen Löcher der OMV

OMV-Bohrung in der norwegischen Nordsee
Niedriger Ölpreis, teure Bohrungen - Rainer Seele schwört Konzern auf Sparen und Russland ein.

Gut ein halbes Jahr lang haben der neue Chef des heimischen Öl- und Gaskonzerns OMV, Rainer Seele, und sein Team das Unternehmen analysiert. Die Diagnose, die er nun stellt, klingt erschütternd: "Die OMV ist in ihrer jetzigen Verfassung kein Erfolgsmodell. Wir geben zu viel aus, wir sind schwach im Wettbewerb, unsere Öl- und Gasreserven schmelzen wie Schnee in der Sonne, uns drückt eine Schuldenlast von vier Milliarden Euro und selbst die Dividende zahlen wir mit Kredit." Der Konzern befinde sich im "schleichenden Niedergang" (der KURIER berichtete). Was ist da schiefgelaufen und wie will Seele die OMV wieder auf Profitabilität trimmen?

Glaube an hohen Ölpreis
Zu lange hatte das frühere Management seine Strategie auf teures Öl ausgerichtet. Als Mitte 2014 der Absturz des Ölpreises begann, hat die OMV ihre Ölpreiserwartungen für 2015 zwar auf 55 Dollar je Fass reduziert, für 2016 aber schon wieder mit einem Anstieg auf 75 Dollar gerechnet. Analysten betonen, dass andere Ölkonzerne zu diesem Zeitpunkt von viel tieferen Ölpreisannahmen ausgegangen sind. Seele, der Mitte 2015 das Ruder im Öl- und Gaskonzern übernahm, kürzte die Ölpreisprognose 2016 dann auf nur noch 40 Dollar je Fass.

Zu teure Zukäufe
Mitte 2013 verkündete der damalige OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss stolz, die größte Industrie-Investitions Österreichs: Für rund 2,5 Milliarden Euro erwarb die OMV Anteil an Öl- und Gasfeldern in der Nordsee. Schon damals mutmaßten Analysten, dass die OMV zu viel gezahlt haben könnte. Roiss begründete den Schritt unter anderem damit, dass der "Arabische Frühling" Nordafrika derart instabil mache, dass Förderung dort nicht möglich sei. Die OMV-Felder in Libyen, einst ein wichtiger Beitrag zur Ölförderung des Konzerns, stehen seit November 2014 still. Die Förderung in der politisch stabilen Nord-Region hat er sich aber aus heutiger Sicht zu teuer erkauft.

Zu hohe Förderkosten
Im Durchschnitt fördert die OMV in ihren Feldern Öl und Gas zu 13 Dollar je Fass. 90 Prozent ihrer Bohrlöcher liefern auch bei einem Ölpreis von 30 Dollar je Fass einen positiven Cashflow. Nur wenige, weitgehend ausgeförderte Felder produzieren zu höheren Kosten. Das klingt eigentlich gut. Das Problem: Die OMV schafft zwar einen positiven Cashflow, aber nicht genügend Geld, um investieren zu können. Ohne neue Investitionen aber geht dem Konzern mit der Zeit der Saft aus. Denn die bestehenden Ölfelder liefern immer weniger Öl. Und: Andere Ölkonzerne produzieren zu viel geringeren Kosten. Im Durchschnitt unter zehn Dollar je Fass.

Unprofitable Investitionen
Neun Milliarden Euro hat die OMV in den vergangenen Jahren in in die Ölsuche investiert und hat dafür nur wenig zusätzliches Öl und Gas bekommen. "Wir können so nicht weitermachen", steht für Seele fest. Die OMV führe einen Dauerkampf gegen den Produktionsabfall in ihren Feldern. Nur 44 Prozent der in ausgeförderten Bohrlöchern 2015 weggefallenen Öl- und Gasproduktion konnten durch neue Funde ersetzt werden.

Fehler in der Türkei
2006 erwarb die OMV einen Anteil an der türkischen Tankstellenkette Petrol Ofisi für 1,05 Milliarden Dollar, der später noch aufgestockt wurde. Das Problem: Die OMV hat keine Raffinerie im türkischen Raum, wo sie die Treibstoffe für ihre Tankstellen kaufen könnte. Zudem hat die türkische Regierung den Spritpreis reguliert. Das macht die Beteiligung wenig einträglich. Seit 2012 sinken die Erträge. 2014 bracht Petrol Ofisi 105 Millionen Euro an operativem Ertrag ein. Jetzt wird die Gesellschaft verkauft (Details hier).

Dividenden auf Pump
Die OMV sitzt auf einem Schuldenberg von netto vier Milliarden Euro. Seit 2013 schafft es der Konzern nicht mehr, die Dividende aus dem Gewinn zu finanzieren. Er musste Kredite für die Ausschüttung aufnehmen.

Neuer Schwerpunkt Russland
Seele will durch die Beteiligung am sibirischen Öl- und Gasfeld Achimow IV/V die OMV-Eigenförderung kräftig steigern. Ein Viertel mehr als die aktuellen 300.000 Fass pro Tag könnte der Konzern damit fördern. Und gleichzeitig den Ausfall alter Ölfelder fünf Jahre lang zu 100 Prozent ersetzen. Die Produktionskosten in Russland beziffert Seele mit zwei Dollar je Fass.

Sparen, sparen, sparen
2015 wurden die Kosten um 200 Millionen Euro reduziert, bis 2017 sollen 100 Millionen dazu kommen. Die Investitionen werden von 3,8 Milliarden Euro 2014 auf heuer 2,4 Milliarden gekürzt. Wie viele der 24.000 Mitarbeiter gehen müssen, will Seele nicht sagen.

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