Steuerzahler muss Deutsche Bahn mit Milliarden retten

Die Deutsche Bahn bekommt eine Finanzspritze, um die Börsenpläne zu vermeiden.
Die Bahn bekommt bis 2020 zusätzlich 2,4 Milliarden Euro. Die Konkurrenz beklagt, dass der Wettbewerb auf der Schiene verzerrt wird.

Der Steuerzahler soll die angeschlagene Deutsche Bahn (DB) mit Milliarden-Beträgen wieder in Schwung bringen. Bis 2020 werden dem Staatsunternehmen 2,4 Milliarden Euro zusätzlich zufließen, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums am Mittwoch in Berlin. Das Geld soll unter anderem Investitionen finanzieren, die das hochverschuldete Unternehmen nicht mehr selber stemmen kann.

Finanzminister Wolfgang Schäuble werde sich der Hilfe nicht verschließen, sagte eine Ressort-Sprecherin. Die Bahn hatte zuletzt versucht, mit dem Teilverkauf internationaler Töchter Geld in die Kasse zu bekommen. Dabei war sie jedoch in der Regierung auf Widerstand gestoßen. Die DB-Konkurrenten kritisierten die Milliarden-Hilfe als Wettbewerbsverzerrung. Die Grünen forderten, die Trassen-Gebühren für alle zu senken.

Bund übernimmt Fehlbetrag

Den Regierungsplänen zufolge erhält die Deutsche Bahn spätestens im nächsten Jahr eine Milliarde Euro, um ihr Eigenkapital zu stärken und um Spielraum für Investitionen zu schaffen. Zum zweiten wird die eigentlich fest vereinbarte Dividendenzahlung der Bahn an den Bund um 350 Millionen Euro reduziert, was über vier Jahre weiteren 1,4 Milliarden Euro entspricht. Da die Dividende der Vereinbarung zufolge eigentlich komplett ins Schienennetz fließen soll, übernimmt der Bund jetzt den Fehlbetrag.

Der Konzern hatte im vergangenen Jahr einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro verzeichnet und kommt auch in diesem Jahr nur schwer in Schwung. Die Bahn leidet unter anderem unter den Verlusten ihrer Güterbahn und im Fernverkehr unter der Konkurrenz der Fernbusse. Daher kann der Konzern seine Investitionen nicht mehr selbst bezahlen und muss sich immer mehr Geld leihen. Der Schuldenberg beträgt fast 20 Milliarden Euro. Standard & Poor's stufte die Kreditwürdigkeit der Bahn im Juli bereits herunter. Sie müsste bei einer weiteren Verschlechterung mehr Zinsen zahlen, was mit der Kapitalspritze verhindert werden soll.

Konkurrenz kritisiert Wettbewerbsverzerrung

Die Konkurrenten des einstigen Monopolisten kritisierten eine Wettbewerbsverzerrung. "Die vorgesehene Kapitalerhöhung kommt nicht primär dem Schienenverkehr in Deutschland zugute, sondern dient erkennbar der Korrektur von politischen und unternehmerischen Fehlentscheidungen", sagte der Vorstand des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), Ludolf Kerkeling. Es sollten so die Folgen des überdehnten Expansionskurses in den Straßengüterverkehr und der internationalen DB-Engagements gedämpft werden. "Es stellt sich aber vor allem die Frage, warum der Bund zusätzliches Kapital nur einem Bahnunternehmen zur Verfügung stellt?" sagte Kerkeling. Im Güterverkehr haben die Konkurrenten inzwischen einen Anteil von rund 40 Prozent, im Regionalverkehr von rund einem Drittel.

Die Reduzierung der Dividendenzahlung der Bahn an den Bund müsse mit der Senkung der Preise für die Trassennutzung für alle einhergehen, forderte Kerkeling weiter und liegt damit auf einer Linie mit den Grünen. Verkehrsexperte Matthias Gastel sagte: "Die Trassenpreise müssten eher heute als morgen abgesenkt, energiepolitische Abgaben reduziert und die Investitionen ins Netz verstetigt werden." Damit müsse die Schiene insgesamt wettbewerbsfähiger werden. Verkehrsminister Alexander Dobrindt habe erst jetzt schnell gehandelt, weil die Deutsche Bahn zu einem dauerhaften Sanierungsfall zu werden drohe.

Loks sollten verkauft werden

Tatsächlich hatte der Konzern in den vergangene Monaten auf verschiedenen Wegen versucht, sich Geld zu beschaffen. So sollten unter anderem 200 Loks an Toshiba verkauft und dann teils zurückgeleast werden. Doch das Geschäft steht auf der Kippe. Der geplante Verkauf eines Minderheitsanteils am internationalen Logistik-Geschäft der Tochter Schenker sowie des europäischen Personenverkehrs unter der Marke Arriva stockte gleichfalls. Arriva hat seinen Sitz in Großbritannien und leidet unter dem Brexit-Votum des Landes. Zudem herrschte auch Skepsis im Aufsichtsrat und in der SPD: "Der Teilverkauf ist jetzt vom Tisch", sagte die SPD-Verkehrsexpertin und Aufsichtsrätin Kirsten Lühmann. Die Pläne für die Kapitalspritze machten diesen überflüssig." Der Bund nimmt seine Eigentümerverantwortung war." Beispielsweise für die geplante Anbindung weiterer Städte ans ICE-Netz sei dies der richtige Weg. "Es ist eine gute Lösung für die Kunden und die Mitarbeiter."

Die Milliarden verschaffen auch Bahnchef Rüdiger Grube etwas Luft, dessen Vertrag in diesem Jahr verlängert werden müsste. Grube hatte in den vergangenen Jahren wiederholt die eigenen Planzahlen verfehlt und auch sein Versprechen, die Konzernschulden auf zehn Milliarden Euro zu drücken, nicht einhalten können. Jetzt liegen sie etwa doppelt so hoch.

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