Alpine-Kredite: Wurde Republik getäuscht?

Alpine-Kredite: Wurde Republik getäuscht?
Brisanter Ermittlungsbericht des Bundeskriminalamts zu den staatlich garantierten Millionen-Krediten.

Im Ermittlungsverfahren um die Drei-Milliarden-Pleite des Baukonzerns Alpine liegt ein 425 Seiten starker Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) inklusive zahlreicher Einvernahmeprotokolle vor. Das BKA geht im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstattanwaltschaft unter anderem dem Verdacht nach, dass "seitens der Alpine-Führung - über die zulässigen Spielräume hinaus - bilanzkosmetische Maßnahmen vorgenommen wurden, um Kredite und Bundesgarantien zu erlangen".

So hat zwar ein heimisches Bankenkonsortium der Alpine 2009 und 2010 insgesamt 360 Millionen Euro Kredite gewährt – aber nur deshalb, weil die Republik Österreich nach dem Unternehmens-Liquiditäts-Stärkungsgesetz (ULSG) für die Hälfte der Summe, also für 180 Millionen Euro, haftet.

Keine Sanierungsfälle

Dazu muss man wissen, dass das ULSG war von der Regierung aus dem Boden gestampft wurde, um gesunde Firmen in der Wirtschaftskrise - über die Oesterreichische Kontrollbank - mit entsprechenden Finanzierungen, sprich Krediten, zu versorgen. Die Detail am Rande: Die Übernahme von Haftungen für marode, angeschlagene bzw. sanierungsbedürftige Unternehmen ist im Gesetz explizit ausgeschlossen. Das heben auch die Ermittler des Bundeskriminalamts in ihrem Bericht extra hervor.

Außerdem sollen die Alpine-Manager zu bestimmten Stichtagen bilanzkosmetische Maßnahmen durchgeführt haben, das heißt Zahlungsläufe und Ausschüttungen verschoben haben bzw. Forderungsverkäufe durchgeführt haben, um eine Verbesserung der bilanziellen Momentaufnahmen zu erreichen. Denn: Die Alpine musste gewisse Bilanz-Eckdaten (Convenants) im Zusammenhang mit den Krediten einhalten. Das dürfte laut Aktenlage zu Teil nicht bzw. nur mit "kreativen" Maßnahmen gelungen sein.

"Der Nachweis des Zeitpunktes des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit sowie die Beurteilung etwaiger vorgenommener bilanzkosmetischer Maßnahmen werden durch den Sachverständigen befunden", heißt es im Bericht des BKA weiter.

Krise schon im Sommer 2009

Ende Juli 2009 war die Lage der Alpine offenbar kritisch. Die Monate August und September waren für die Alpine sogar sehr kritisch, "es wurde auf jedem Fall kurzfirstig Geld benötigt", zitiert das BKA die Aussage des damaligen Alpine-Finanzvorstands aus einem Protokoll eines Alpine-Management-Meetings am 22. und 23. Juli 2009. In der Folge war geplant, dass 70 Millionen Euro von der spanischen Mutter FCC fließen, 150 Millionen Euro aus einem ersten ULSG-Kredit und weitere 150 Millionen Euro aus der ersten Anleihe.

Illiquid in drei Monaten?

"Der Finanzvorstand weist verstärkt daraufhin, dass diese Punkte innerhalb der nächsten drei Monate durchgesetzt werden müssen, da sonst das Unternehmen binnen kürzester Zeit illiquid sein wird", zitiert die Kripo weiter aus Alpine-Protokollen. Oder anders gesagt: Die Lage war damals schon prekär.

Weitere Einschätzung

So musste dann auch die für 2009 geplante Ausgabe der ersten Anleihe aufgrund der finanziellen Schieflage auf das Jahr 2010 verschoben werden. "Die ULSG-Kredite waren der letzte Strohhalm", erklärt auch der Alpine-Experte und Zivil-Gutachter Manfred Biegler dem KURIER. Laut Biegler fehlten bei der Alpine überhaupt auch die Voraussetzungen für einen ULSG-Kredit, "weil die gesamte Liquidität nicht der inländischen Wertschöpfung diente, sondern zur Verlustabdeckung ins Ausland floss".

Alpine Schweiz erhielt Kredit?

Indes merkt das Bundeskriminalamt auf Seite zehn seines Berichtes an, "dass die Kreditaufnahme und Kredit-Zuzählung unter der Alpine Bau GmbH Schweiz erfolgte, das Kapital aber umgehend an die Alpine Bau GmbH mit Sitz in Wals-Siezenheim durchgeleitet und diese die Haftung übernahmen als auch die Bedienung des Kredites tragen sollte". "Weshalb die Kreditaufnahmen durch die Alpine Bau Schweiz erfolgte", so die Ermittler, "konnte aktuell noch nicht geklärt werden".

Kein Kredit ohne Bundeshaftung

Fakt ist: Ohne Bundeshaftung hätten die heimischen Banken der Alpine keinen Kredit mehr vergeben. Das bestätigt auch ein involvierter Banker bei einer Einvernahme durch das Bundeskriminalamt.

"In der Liquiditätssituation von damals wäre es für eine Bank problematisch gewesen, einen mittelfristigen Kredit, wie ihn die Alpine bekommen hat, einem Kunden zu gewähren", sagte der Banker beim BKA aus. Eine andere Bank hat schon bestehende kurzfristige Kreditlinien der Alpine zum Teil in die staatlich garantierten ULSG-Kredite reingemischt. Die Bank ging sprichwörtlich auf Nummer sicher. "Es kam zu keiner Umschuldung, sondern zu einer Mischung bzw. Aufstockung", behauptete ein betroffener Manager dieser Bank bei der Einvernahme.

"Totenköpfe gezeichnet"

Indes bestreitet der Ex-Alpine-Finanzchef alle Vorwürfe. "Er hat immer wieder extrem schwarz gemalt und die Lage zugespitzt, damit die Eigentümer und Banken reagierten. Er hat auf die Berichte sogar Totenköpfe gezeichnet", sagt sein Anwalt Stefan Prochaska zum KURIER. "Dass das hinterher deppert aussieht, ist richtig." Nachsatz: " Er hat sich aber nichts Strafrechtliches zu Schulden kommen lassen."

Fakt ist aber auch: Rund 8000 Anleger haben in den Jahren 2010, 2011 und 2012 über diverse österreichische Banken drei Anleihen der Alpine Holding in Höhe von insgesamt 290 Millionen Euro gezeichnet bzw. gekauft. Sie werden wahrscheinlich am Ende des Tages leer ausgehen.

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