Migranten fehlt es bei Jobsuche oft an persönlichen Netzwerken

Migranten fehlt es bei Jobsuche oft an persönlichen Netzwerken
Durch ein Mentoring-Programm soll Migranten beim Bewerbungsprozess geholfen.

Persönliche Netzwerke sind für viele Migranten Mangelware - dementsprechend schwierig gestaltet sich oftmals ihre Jobsuche. Aus diesem Grund hat seit 2008 das Mentoring-Programm für gut qualifizierte Migranten von WKÖ, AMS und Integrationsfonds (ÖIF) rund 1.000 Mentoring-Paare zusammengeführt.

Mentoringprogramm

"Es ist gar nicht so leicht, den richtigen Mentor zu finden", sagte AMS-Vorstand Johannes Kopf am Dienstag in Wien. Kopf hat bereits selbst als Mentor an dem sechsmonatigem Programm teilgenommen. Es sei wichtig zu Beginn der Mentoring-Partnerschaft klare Vereinbarungen zu treffen, so der AMS-Chef. Laut Befragung der Teilnehmer helfen die Mentoren oft beim Bewerbungsprozess (88 Prozent), mit Motivation (83 Prozent) und Einführung in Netzwerke (52 Prozent).

WKÖ-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser verwies im Zusammenhang mit dem Mentoringprogramm auf den akuten Fachkräftemangel nicht nur in der Industrie, sondern auch im Gewerbe und Handwerk. Hochhauser forderte deswegen die "Rot-Weiß-Rot-Karte" auf Bachelor-Absolventen aus dem Nicht-EU-Ausland auszuweiten und die erlaubte Zeit für die Arbeitsplatzsuche von sechs auf zwölf Monate auszuweiten.

Falsch eingesetzt

Bei einer Umfrage gaben laut Integrationsfonds mehr als ein Viertel der im Ausland geborenen Beschäftigten (28 Prozent) an, nicht entsprechend ihrer Berufsausbildung in Österreich beschäftigt zu sein. Zum Vergleich: Bei Österreichern und Österreicherinnen liegt dieser Wert nur bei zehn Prozent. Frauen mit Migrationshintergrund sind häufiger in ihrem aktuellen Job überqualifiziert beschäftigt als Männer (32 Prozent vs. 25 Prozent). Stärker betroffen sind auch Migranten der ersten Generation, die häufiger nicht entsprechend ihrer Ausbildung beschäftigt (29 Prozent) sind, als jene der zweiten Generation (15 Prozent).

Der Verein "Wirtschaft für Integration" forderte am Dienstag, Österreich für gut ausgebildete Migranten attraktiver zu machen."Viele zugewanderte Menschen arbeiten unter ihrem Qualifikationsniveau, nur 17 Prozent der ausländischen Studierenden bleiben laut OECD nach ihrem Studium in Österreich. Das spricht nicht gerade für die Attraktivität unseres Landes als Arbeitsplatz für gut Ausgebildete und Hochqualifizierte", kritisierten die Vereinsobleute Georg Kraft-Kinz und Ali Rahimi.

Die Bewerbungsfrist für "Mentoring für MigrantInnen" für den österreichweiten Start im September läuft für Mentees bis 22. Juni und für Mentoren bis Ende Juli. Unter www.integrationsfonds.at können sich Interessierte bewerben. Teilnahmevoraussetzung für Migranten ist eine abgeschlossene Berufsausbildung und gute Deutschkenntnisse.

Die weitverbreitete Meinung, dass Österreich nur schlecht qualifizierte Ausländer anziehe, ist schlichtweg falsch. "Österreichs Zuwanderer sind besser ausgebildet als jene im Durchschnitt der EU und auch besser als jene in den USA", zieht Thomas Liebig ein Resümee seiner Untersuchung bei der Tagung zum Thema "Mitgebrachte Qualifikationen: Zeit für Anerkennung" in Wien.

Liebig ist Migrations-Experte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der die erste OECD-weite Studie über Arbeitsmarkterfolge und Qualifikation von Zuwanderern erstellt hat. Laut Studie haben mehr als 75 Prozent der im Ausland geborenen Beschäftigen hierzulande eine im Ausland erworbene Qualifikation. Europaweit sind es so wie in den USA nur 70 Prozent. Zudem habe die Qualifikation der Zuwanderer in Österreich in den vergangenen zehn Jahren viel stärker zugenommen als jene im EU-Durchschnitt, betont Liebig.

Das Problem in Österreich sei also nicht so sehr die Ausbildung der Zuwanderer, als vielmehr die Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer versprach bei der Tagung ein Bundesgesetz zur Anerkennung ausländischer Ausbildungen. Der Prozess soll schneller und vor allem transparenter werden. Denn viele Zuwanderer würden derzeit gar nicht erst versuchen, ihre ausländischen Ausbildungen in Österreich anerkennen zu lassen. Gut ein Drittel aller Zuwanderer arbeiteten daher unter ihren Qualifikationen.

Verdrängungseffekt

Durch den verstärkten Zuzug gut qualifizierter Ausländer geraten gering Qualifizierte immer stärker unter Druck. Schon seit Monaten steigt die Ausländer-Arbeitslosigkeit doppelt so stark wie jene der Inländer. Ende Mai waren 73.120 Ausländer auf Jobsuche, um 27,3 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Insgesamt stieg die Mai-Arbeitslosigkeit inklusive Schulungsteilnehmer um 12,1 Prozent auf rund 370.000 Betroffene (mehr dazu siehe unten).

Auch wenn die aktuellen Arbeitslosenzahlen hoch seien, müsse Österreich langfristig auf Zuwanderer setzen, um den Wohlstand erhalten zu können, ist Hundstorfer überzeugt. Größte Herausforderung für die Arbeitsmarktpolitik bleiben die Älteren, die mangels Jobangeboten vermehrt zu Langzeitarbeitslosen werden (+69 Prozent). Das AMS versucht mit Lohnsubventionen und mehr Beschäftigungsprojekten gegenzusteuern.

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