"Jetzt darf ich machen"

"Jetzt darf ich machen"
Dorothee Ritz ist die neue Chefin bei Microsoft Österreich – das erste Interview gab sie dem KURIER.

KURIER: Frau Ritz, Sie sind seit vorgestern in Österreich ...

Dorothee Ritz: ... und unglaublich herzlich empfangen worden. Ich muss jetzt wahnsinnig viel kennenlernen.

Apropos kennen: Haben Sie je Bill Gates getroffen?

Ja, ich bin seit elf Jahren dabei. Er ist ein beeindruckender Mann, ein Visionär, der ganz weit denkt.

Und wie nah sind Sie CEO Satya Nadella?

Relativ nah. Satya hat früher Bing geführt, da hatten wir vor Jahren schon intensiv gemeinsam gearbeitet. Jetzt ist er mein Chef.

Wie speziell ist der österreichische Markt?

Österreich ist ein kleiner Markt, aber Deutschland sehr nah. Da werde ich keine Umstellungsschwierigkeiten haben.

In welchem Zustand übernehmen Sie die Österreich-Filiale?

Uns geht’s gut. Wir befinden uns aber mitten im Transformationsprozess.

CEO Satya Nadella hat Innovation als Strategie ausgerufen und drängt auf harte Entscheidungen in nicht funktionierenden Bereichen. Was ist Ihr Auftrag für Österreich? Werden Sie Personal abbauen müssen?

Ich bin jetzt den zweiten Tag da und weiß das nicht. Eigentlich ist das aber nicht mein Thema. Veränderung ist eine Konstante. Als ich vor elf Jahren angefangen habe, war das eine andere Firma. Wir haben Lizenzen verkloppt. Heute sind wir ein Servicedienstleister im Abomodell für Plattform und Services, wo Kunden jeden Tag sagen können "Danke, wir machen was anderes". Meine Themen sind die interne Transformation – weg vom Lizenzgeschäft hin zu Plattformlösungen. Und die Cloud. Sie haben keinen speziellen Auftrag für Österreich?

Ich trete hier an, um stark zu wachsen. Die Digitalisierung ist eine industrielle Revolution, für jedes Business gibt es unglaubliche Wachstumsfelder. Da wollen wir ein guter Partner sein, dann können wir unendlich wachsen – das werden wir.

Neben Ihnen gibt es auch eine weibliche Finanzchefin in Österreich. Hat Microsoft eine besonders gute Durchlässigkeit für Frauen an die Führungsspitze?

Ja, weil wir die Rahmenbedingungen haben. Flexible Arbeitszeit, die Unternehmenskultur, die allein das Ergebnis misst. Es ist bei uns völlig natürlich, so zu arbeiten, wie es der Person reinpasst.

Sie haben einmal gesagt, es reicht, zu 60 Prozent auf ein Jobprofil zu passen. Passen Sie nur zu 60 Prozent hierher?

Mit Sicherheit. Meinen Job fürs nächste Jahr kenn ich gar nicht. Niemand weiß, was auf uns zukommt und was man dafür können muss. Aber das war bei mir immer so, ich bin ein Kind des Internets.

Haben Sie lange überlegt, diesen Job anzunehmen?

Zwei Minuten. Dann habe ich meinen Mann gefragt.

Wie lange hat der überlegt?

Auch nur kurz. Country Managerin bei Microsoft – diese Aufgabe fand ich immer faszinierend, weil man alles verantwortet. Österreich war immer mein Wunschland.

Was bringt der neue Job mehr als der alte? Außer Umzug nach Österreich und mehr Geld.

Zum letzten Kommentar sag ich mal nichts. Ich hatte acht Jahre Segmentverantwortung, aber eben nur beratend. Jetzt darf ich machen.

Arbeiten bei Microsoft ist eigen…

… ist es das?

Ja. Der Fokus liegt auf den Zielvorgaben, es gibt Vertrauensarbeitszeit, ein offenes Büro ohne eigenen Arbeitsplatz: Besteht die Gefahr, dass man bei allem virtuellen Agieren aufs Tun vergisst?

Wir sind bei Microsoft von überall in den kompletten Arbeitsprozess eingebunden. Das hat erst mal große Vorteile. Wie alles im Leben muss man aber sehr bewusst damit umgehen. Manche brauchen 20 Stunden Officezeit, um glücklich zu sein, andere 40, der Dritte will am liebsten gar nicht hier sein.

Und alle Varianten sind erlaubt?

Solange Ziele erreicht werden, ja. Am Ende des Tages muss das Ergebnis stimmen.

In Österreich gilt vielfach noch: Wer viel im Büro ist, ist fleißig.

Das ist ein veraltetes Denken. Präsenzkultur ist kein Mittel, um auf die Performance hinzukommen.

Zu Ihrem Umzug: Werden Ihre beiden Kinder jetzt Wahl-Österreicher?

Nein, die Kinder und mein Mann bleiben in München. Ich brauche jetzt mal viel Zeit mit dem Team. Ich möchte mir nicht Gedanken machen müssen, ob meine Kinder hier gut landen. Wie das in Zukunft läuft, ist offen.

Das heißt, Sie sehen Ihre Kinder jetzt wenig.

Die sind das nicht anders gewohnt. Es ist meine grundlegende Entscheidung, dass mir ein erfüllter Beruf auch immer sehr wichtig ist. Meine Kinder bekommen viel Qualitätszeit, wenn ich da bin.

Und das reicht ihnen?

Reichen... jedes Kind will die Mutter jeden Tag 24 Stunden um sich herum haben. Ist das gut für das Kind? Da gibt es unterschiedliche Auffassungen. Ich habe ein wunderbares Netzwerk – Au Pair, Omas, mein Mann –, mit dem sich meine Kinder wohlfühlen. Ich habe es auch immer für gut befunden, dass meine Kinder nicht rein auf mich fixiert sind. Solange man Familie und einen Beruf hat, hat man immer das Gefühl, beiden Aufgaben nicht zu genügen. Ich mache trotzdem beides – zu hundert Prozent.

Die Neue bei Microsoft Österreich: Dorothee Ritz

Am Montag übernahm Dorothee Ritz (47) die Geschäftsführung von Microsoft Österreich (ihr Vorgänger, Georg Obermeier, machte sich selbstständig). Die gebürtige Deutsche ist bereits seit 2004 in verschiedenen Führungspositionen für Microsoft tätig, zuletzt war sie Senior Director Business Strategy und verstärkte als General Manager Consumer & Online die Geschäftsleitung in Deutschland. Davor war die studierte Rechtswissenschafterin für Bertelsmann und AOL tätig. Dorothee Ritz ist verheiratet und Mutter zweier Kinder (8 und 6 Jahre alt). Nach ihren Stärken gefragt antwortet sie: „Unendlich viel Energie, eine große Neugier und absolut keine Angst vor Veränderung.“

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