Streikwoche in Deutschland

Ein Plakat mit der Aufschrift «Warnstreik!» ist am 22.04.2013 vor mehreren Check-In-Schaltern der Lufthansa im Münchner Flughafen (Bayern) zu sehen. Es ist bereits die zweite Welle von Arbeitsniederlegungen in dem Tarifkonflikt um Entgelte und Arbeitsbedingungen von rund 33.000 Technikern und Serviceleuten. Die Lufthansa hat mit radikalen Streichungen im Flugplan auf die angekündigten Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi reagiert. Foto: Marc Müller/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Reallöhne würden seit Jahren sinken, kritisieren deutsche Gewerkschaften und signalisieren Kampfbereitschaft.

Deutschland steht womöglich vor einer neuen Streikwoche. In zahlreichen Betrieben und Branchen wollen die Gewerkschaften mit Arbeitsniederlegungen Druck auf die Arbeitgeber machen. Die hohe Streikbereitschaft erklären Experten mit einem Nachholbedarf, weil die Reallöhne viele Jahre gesunken seien.

"Den Reallohnverlust der 2000er Jahre haben die Zuwächse in den vergangenen drei Jahren nicht wettgemacht", erläuterte Heiner Dribbusch vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut. "Die Lohnverluste waren bei denjenigen am größten, die ohnehin am wenigsten verdient haben." Schlechter bezahlte Beschäftigte riefen nach Gerechtigkeit und drängten ihre Gewerkschaften, sich für sie einzusetzen.

"Massive" Warnstreiks

Die IG Metall hat bereits Warnstreiks ab dem 2. Mai angekündigt. Den 1. Mai will die Gewerkschaft nutzen, um ihre Position in die Öffentlichkeit zu tragen, danach begännen "massive" Warnstreiks, hatte IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann am Donnerstag erklärt. Die Streiks sollen der Forderung nach 5,5 Prozent mehr Lohn Nachdruck verleihen.

In Nordrhein-Westfalen sollen bereits nach dem Auslaufen der Friedenspflicht in der Nacht zum 1. Mai die Beschäftigten von Benteler Automobiltechnik in Paderborn die Arbeit niederlegen, berichtete das Branchenblatt Automobilwoche am Samstag. Am 2. Mai seien Arbeitspausen im Mercedes-Benz-Werk in Düsseldorf geplant, wo der "Sprinter" vom Band läuft. In der Nacht zum 2. Mai wolle die Gewerkschaft in Stuttgart bei Daimler zu Streiks aufrufen, tagsüber bei Porsche. In Niedersachsen solle bei VW in Osnabrück und Bosch in Hildesheim gestreikt werden, berichtete das Blatt weiter.

In Bayern - wo BMW und Audi Werke haben - werde die Autobranche zwischen dem 6. und 8. Mai bestreikt, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Gewerkschaftskreise weiter.

Die Arbeitnehmervertretung fordert eine Anhebung der Entgelte um 5,5 Prozent für zwölf Monate ab Mai. Die südwestdeutsche Metall- und Elektroindustrie hat eine Erhöhung um 2,3 Prozent ab Juli mit einer Laufzeit von 13 Monaten angeboten.

Amazon: 97,6 Prozent für Arbeitskampf

Auch im größten deutschen Verteilzentrum des Versandhändlers Amazon stehen die Zeichen auf Streik. Die Gewerkschaftsmitglieder im osthessischen Bad Hersfeld haben sich zu 97,6 Prozent für einen Arbeitskampf ausgesprochen, berichtete die Gewerkschaft ver.di vom Ergebnis der Urabstimmung aus der vergangenen Woche.

Damit werde ein Streik bei Amazon in Bad Hersfeld immer wahrscheinlicher, sagte ver.di-Verhandlungsführer Bernhard Schiederig am Montagmorgen. Er kritisierte, dass sich Amazon gegen Tarifverhandlungen wehre. "Wenn die Geschäftsführung auch diese Zeichen nicht verstehen will, sind Streiks in absehbarer Zeit nicht mehr zu vermeiden."

Lufthansa

Im Konflikt mit der Lufthansa droht Verdi weiter mit Streiks. "Wenn die Lufthansa sich weiterhin weigert, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen, das die Arbeitsplätze der Kolleginnen und Kollegen sichert und die Entgelte angemessen erhöht, wird es zu weiteren Streiks kommen", hatte Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle am Freitag gedroht. Verdi hatte die Airline bereits mit zwei Warnstreiks größtenteils lahmgelegt. Allein der zweite Ausstand am Montag, bei dem nahezu alle Lufthansa-Flieger am Boden blieben, kostete die größte deutschte Fluglinie wohl mehr als 15 Millionen Euro.

Die Deutsche Post bringt dagegen wieder flächendeckend die Briefe: Sie einigte sich mit Verdi nach einem Verhandlungsmarathon am Freitag auf Lohnerhöhungen für die rund 132.000 Tarifbeschäftigten.

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