"Mehr Gehalt für Frauen, weniger für Männer"

Interview mit Telekom Austria-Vorstand Alejandro Plater in seinem Büro in Wien am 23.08.2017.
Alejandro Plater, Chef der Telekom Austria, will neues System für gleiche Löhne und eine gesetzliche Regelung.

KURIER: Eigentlich hätten wir dieses Interview am Weltfrauentag führen sollen. Sie plädieren dafür, dass Frauen gleich viel verdienen sollen wie Männer – auch in bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen?

Alejandro Plater: Zuerst einmal: Wir bewegen uns viel zu langsam. In der Gesellschaft und im Unternehmen. Wir müssen uns schneller bewegen, aber dafür brauchen wir Gesetze. Gleiche Bezahlung für Frauen und Männer gilt nur für neu eintretende Mitarbeiter, doch das ist die Minderheit.

Wie groß ist die Differenz in der Telekom?

Wir sind wesentlich besser als der österreichische Durchschnitt, der bei 20 Prozent liegt. Wir sind nahe bei 15 Prozent. Wenn wir uns jährlich um einen Prozentpunkt verbessern, brauchen wir 15 Jahre, bis wir auf Gleichstand sind.

Das dauert doch viel zu lange.

Ich sehe das auch so. Jeder muss eingebunden werden, das Unternehmen genauso wie die Mitarbeiter. Für eine schnelle Anpassung braucht es außerdem eine gesetzliche Basis.

Sie werden doch nicht erwarten, dass die Männer einer solchen Regelung zustimmen. Keiner gibt freiwillig etwas ab.

Die Roaming-Tarife wurden ja auch per Gesetz abgeschafft. Gesetze ändern Verhaltensmuster und Kulturen. Wir haben ein Gesetz, das eine 30-prozentige Frauenquote in Aufsichtsräten vorschreibt. Warum soll eine Angleichung der Löhne nicht auch per Gesetz funktionieren? Es gibt viele Länder, die das schon lange realisiert haben, etwa Norwegen. In Schweden ist es ähnlich.

Wollen Sie, dass sich der Staat noch mehr in Unternehmen einmischt?

Das Parlament macht Gesetze, um die Verhaltensregeln in der Gesellschaft zu ändern. Lasst uns doch etwas dazu beisteuern. Die jetzige Situation ist nicht fair, wir dürfen uns nicht nur beschweren, sondern wir müssen handeln. Wir müssen dieses Thema pushen, sowohl in der Regierung als auch in der Gewerkschaft. Das Problem sieht jeder ein, aber die Frage ist, wie lösen wir es.

Was hindert Sie daran, die gleiche Bezahlung jetzt schon in der Telekom-Gruppe zu realisieren? Sie sind der Boss.

Es braucht dazu eine gesetzliche Basis.

Aber Sie könnten doch bei künftigen Lohnerhöhungen den Frauen freiwillig mehr drauflegen.

Die Betriebsräte sind ja dafür, die Frauengehälter zu erhöhen, aber nicht auf Kosten der Männer. Natürlich müsste auch das Unternehmen etwas beitragen. Rund ein Drittel könnte das Unternehmen übernehmen.

Wie würden Sie diesen Beitrag finanzieren? Würden Sie dafür die Dividende für die Aktionäre kürzen?

Nein, wir müssten bei anderen Kosten kürzen. Wenn alle daran glauben, sollten wir endlich etwas beisteuern und nicht nur darüber reden. Das ist ohnehin ein hauptsächlich österreichisches Problem, auf anderen Märkten haben wir das nicht. Dort ist der Frauen-Anteil an den Führungskräften höher.

Wie sind die Relationen?

In Österreich haben wir im Unternehmen einen Frauen-Anteil von 26 Prozent, bei den Führungskräften 20 Prozent. In unseren anderen Märkten ist das Verhältnis 40 Prozent Mitarbeiterinnen zu 36 Prozent Managerinnen. Unser Problem sind nicht nur zuwenig Frauen in Führungspositionen, sondern wir müssen mehr tun, um überhaupt mehr Frauen ins Unternehmen zu bringen.

Weil das Unternehmen stark technikorientiert ist? Die Diskussion über mehr Mädchen in Technikberufen führen wir in Österreich seit Jahrzehnten.

Ja, wir haben in den technischen Bereichen sehr wenig Frauen. Aber das ist nicht nur bei uns so. Facebook zum Beispiel ist ein modernes, junges US-Unternehmen und sehr auf Technologie fokussiert. Die haben auch nur 30 Prozent Frauen. In Osteuropa ist das traditionell ganz anders, wir haben in Weißrussland zum Beispiel 53 Prozent Frauen, in Serbien 58 Prozent und in Bulgarien 50 Prozent. Da sind auch die Führungskräfte-Quoten viel höher. Die Reise nach oben ist nicht das Problem, das Problem ist die Basis.

Versuchen Sie gezielt, mehr Mädchen und junge Frauen zu rekrutieren?

Natürlich arbeiten wir daran. Interessant ist, dass Job-Beschreibungen von Frauen anders geschrieben werden und Frauen sich anders angesprochen fühlen. Wenn Sie Begriffe wie Wettbewerb erwähnen, sprechen Sie tendenziell mehr Männer an. Frauen fühlen sich durch andere Worte wie Zusammenarbeit und Team stärker angesprochen. Meine Tochter ist jetzt 15 Jahre alt. Sie wird diese Probleme hoffentlich nicht mehr haben, wenn sie auf den Arbeitsmarkt kommt.

Apropos Frauenquote. Im Aufsichtsrat der Telekom Austria fehlen bei den Kapitalvertretern zwei Frauen. Die Machos von America Movil haben nur Männer in das Gremium gesetzt.

Das sind keine Machos. Zu dem Zeitpunkt waren keine geeigneten Frauen verfügbar. Bei der kommenden Hauptversammlung wird America Movil zwei Frauen entsenden, da können Sie sicher sein. Die Vertreterin der Republik Österreich, die Unternehmerin Karin Exner-Wöhrer, ist eine fantastische Aufsichtsrätin. Sie ist unglaublich kompetent und sehr hilfreich. Ich hoffe, sie bleibt noch lange im Aufsichtsrat.

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