Magna Racino: Vergaloppiert

Magna Racino: Vergaloppiert
Noch deckt Frank Stronach die hohen Verluste ab. Die Firmenkonstruktion läuft über Luxemburg und die Steueroase Jersey.

Was für ein Fest. 4000 Ehrengäste feierten die Eröffnung des Magna Racino, Europas modernster Pferderennbahn in Ebreichsdorf vor den Toren Wiens. Landeshauptmann Erwin Pröll, VP, applaudierte Frank Stronach für dessen "großes Engagement" und der Hausherr rief den 4. April 2004 zum nationalen Feiertag aus. Heute würde sich Pröll bei Stronach für gar nichts mehr bedanken, aber das ist eine andere Geschichte.

Bereits 2005 sollte der Break-Even (ausgeglichenes Ergebnis) geschafft sein, schwärmte Stronach und ließ keinen Zweifel daran, dass nicht allein die Liebe zu den Pferden die Motivation für das 75 Millionen Euro Investment war. Die Rendite müsse schon höher sein, "als wenn man das Geld auf der Bank liegen lässt".

Von einer Rendite kann keine Rede sein. Bereits 2007 sollte die Rennbahn gesperrt werden. Dann hieß es, bis 2008 werde der Turnaround geschafft. Renntage und Veranstaltungen im Event-Center wurden drastisch reduziert. Er sei "optimistisch, dass es jetzt wieder aufwärts geht", motivierte Stronach. Es ging weiter bergab.

Das Racino gehörte damals noch zur börsenotierten Magna Entertainment Corp. (MEC), dem größten Pferderennbahn-Unternehmen der USA, samt Casinos, Online-Wettangeboten und einem Pferdesport-TV-Sender. Doch die Aktionäre hatten wenig Verständnis für die Liebhaberei des Konzern-Chefs. Stronach nahm das Unternehmen von der Börse, 2009 beantragte die MEC wegen hoher Verluste Gläubigerschutz (Chapter 11). Es wurde umstrukturiert und die Rennbahnen in die neue Stronach Group eingebracht.

Magna Racino war davon nicht betroffen. In Ebreichsdorf galoppierten die Verluste weiter davon. 2011 wurden 2,96 Millionen Euro Bilanzverlust eingeritten, 2012 dann 5,01 Millionen. Zum Jahresende hatte sich das Minus auf 9,816 Millionen kumuliert. Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor, aber es ist nicht anzunehmen, dass sich die Lage gebessert hat.

Magna Racino: Vergaloppiert
Frank Stronach feiert seinen 81sten Geburtstag im Magna Racino, Ebreichsdorf 15.09.2013
Doch Stronach lässt das Racino nicht verkommen. 2011 gab’s einen "Großmutterzuschuss" von acht Millionen Euro, im Jahr darauf flossen zehn Millionen Euro nach Ebreichsdorf.

"Das Konzept ist von Beginn an nicht aufgegangen", konstatieren Insider. Das Business-Modell, an allen Rennbahnen der MEC rund um die Uhr live auf Pferde zu wetten, wurde vom Internet überholt. Pferderennen sind in Österreich traditionell ein Nischensport, Galopper erst recht. Schon der Start stand unter keinem guten Stern. Anrainer verhinderten die 140 Meter hohe Kugel "World of Wonder". Eine Million Euro kostete die Planung des kleiner dimensionierten Themenparks "Pegasus", doch das Projekt wurde nie umgesetzt.

Auch der Plan, nach dem Vorbild von Fontana auf dem 270 Hektar großen Gelände des Racino Villen zu bauen und zu verkaufen, kommt nicht voran. Zwar wurden ein Teich angelegt und ein Musterhaus hingestellt, aber seit geraumer Zeit tut sich auf der Baustelle nichts mehr.

Interessant ist die Firmenkonstruktion. Die Racino-Eigentümer-Gesellschaft Magnolia Projektentwicklungs GmbH in Oberwaltersdorf wurde 2009 als Auffanggesellschaft gegründet. Mutter der Magnolia ist die 2008 gegründete Ocalux Sarl in Luxemburg. Diese dürfte eine Art Finanzierungsdrehscheibe sein. So scheinen im Abschluss 2011 der Ocalux Darlehen der Luxemburger EFG Bank über 96 Millionen Dollar auf, abgesichert durch Garantien des Ocalux-Aktionärs. Die Spur dieses diskreten Aktionärs endet in der Union Street 15 in St. Helier, Hauptstadt der Steueroase Jersey. Dort domiziliert unter der Handelsregisternummer 98695 die Dogwood Limited, besagte Großmuttergesellschaft des Racino.

Die Ocalux führt nicht nur das Racino an, sondern auch laufende Darlehen an zwei große Immobilien- und Golfprojekte in den USA. Die Frage, warum Stronach für die Finanzierung von Projekten in den USA und in Österreich eine aufwendige Konstruktion über Jersey und Luxemburg aufzieht, kann wohl nur mit der Optimierung von Steuern beantwortet werden.

Bei der Besetzung seines Managements greift Stronach auf erprobte Magna-Leute zurück. Einer der Magnolia-Geschäftsführer ist der Kandadier John Simonetti, ehemals Vice President von Magna International, zuständig für – Steuern. Im Verwaltungsrat in Luxemburg scheint Thomas Schultheiss auf, nach wie vor Vice President des Magna-Konzerns. Mit Privatadresse im Schweizer Kanton Zug. Dort hat auch Stronach seinen offiziellen Wohnsitz, was ihm eine unangenehme Steuerdebatte einbrachte. Zug wird von Ausländern wegen lukrativer Steuerkonditionen hoch geschätzt.

Fragt sich nur, wie lange Stronach noch Lust hat, das Racino zu sponsern. Das Kleingeld dafür hätte er locker. Magna zahlte ihm 2013 rund 52 Millionen Dollar Beraterhonorar. Bei seinem Abgang von Magna cashte der Konzerngründer 900 Millionen Dollar, der Beratervertrag läuft heuer aus.

Magna Racino: Vergaloppiert
APA9471190 - 16092012 - REIFNITZ - ÖSTERREICH: Schloss Reifnitz am Wörthersee, aufgenommen am 8. September 2012. Magna-Gründer Frank Stronach hat 2005 Schloss Reifnitz samt sieben Hektar Grund am Ufer des Wörthersees um 6,5 Millionen Euro gekauft. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Von seinem Engagement imGolfclub Fontanain Oberwaltersdorf samt exklusivem Villen-Ressort verabschiedete sich Stronach schon 2006 und verkaufte die Betreibergesellschaft an Magna International. Der Automotive-Konzern sucht seit Längerem einen Käufer dafür. Villen-Bewohner klagen, dass die Qualität der Infrastruktur-Dienstleistungen schwer nachgelassen habe. Stronach hat in seinem feudalen Anwesen inzwischen nur noch das Wohnrecht. Er schenkte die Immobilie im September 2013 TochterBelinda. Seinen Anteil am umstrittenenSchloss Reifnitz am Wörthersee dürfte der Milliardär, genervt vom öffentlichen Wirbel, an seinen langjährigen GeschäftspartnerSiegfried Wolf abgegeben haben. Wenigstens die Justiz hat für Stronach und Wolf demnächst eine gute Nachricht. Das Untreue-Verfahren steht vor der Einstellung, die Korruptionsstaatsanwaltschaft schreibt gerade ihren Vorhabensbericht. Ein Gutachten entkräftet den Verdacht, die Gemeinde Maria Wörth hätte das idyllische Anwesen 2005 zu billig an Magna verkauft. Mit beschuldigt waren neun Gemeindepolitiker. Stronach war zu keinem Gespräch mit dem KURIER bereit.

Kommentare