Lufthansa-Piloten kämpfen gegen geplante Billigableger

Lufthansa-Piloten kämpfen gegen geplante Billigableger
Hintergrund der jüngsten Streiks soll das "Wings"-Konzept der AUA-Mutter sein.

Der Arbeitskampf der Pilotengewerkschaft Cockpit beim Lufthansa-Konzern richtet sich einem Spiegel-Bericht zufolge offenbar vor allem gegen Pläne der Fluggesellschaft für neue Billigableger. Die Piloten wollten den Aufbau neuer Anbieter für Kurz- und Langstrecken unter dem Arbeitstitel "Wings" torpedieren, berichtete das Magazin am Sonntag unter Berufung auf interne Rundschreiben.

Offiziell ist der Grund für die Streiks die Auseinandersetzung über Regelungen zur Übergangspension beim Lufthansa-Konzern, zu dem auch die österreichische AUA gehört.

Weitere Streiks könnten folgen

Am Freitag waren die Piloten der Lufthansa-Tochter Germanwings in einen mehrstündigen Streik getreten. An mehreren deutschen Flughäfen kam es zu zahlreichen Flugausfällen, auch österreichische Verbindungen fielen aus. Cockpit drohte bereits mit weiteren Streiks in den kommenden Tagen.

Wesentlicher Knackpunkt in dem Tarifstreit ist offiziell die Übergangsversorgung, die es Lufthansa-Piloten bisher erlaubt, ab dem Alter von 55 Jahren in den bezahlten Frühruhestand zu gehen. Der Konzern will die Altersgrenze erhöhen und die Piloten an der Finanzierung beteiligen. Cockpit lehnt dies ab. Gespräche beider Seiten waren am Donnerstag ergebnislos geblieben.

Laut "Spiegel" wenden sich die Piloten aber offenbar vor allem gegen das "Wings"-Konzept von Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Nach Vorstellung des Vorhabens am 9. Juli habe sich die Tonlage in den Tarifgesprächen geändert, berichtete das Magazin. In einem Rundbrief vom 22. August hätten die Arbeitnehmervertreter Spohrs Pläne als "frontalen Angriff" und "schwere Belastung der Tarifpartnerschaft" bewertet.

Die Pilotengewerkschaft wies den Bericht zurück. Bei dem Arbeitskampf gehe es „einzig und allein um die Übergangsversorgung“, sagte ein Sprecher.

Worum geht es bei dem Streit?

Hintergrund ist ein Konflikt um den finanziell gut gepolsterten Vorruhestand der rund 5.400 Piloten und Co-Piloten. Sie bekommen bisher bis zum Pensionsantritt eine Übergangsversorgung von bis zu 60 Prozent ihres letzten Bruttogehalts. In der Regel kommen sie auf ein Jahreseinkommen von 124.000 Euro brutto bis zur gesetzlichen Rente. Lufthansa will die dadurch für das Unternehmen entstehenden Kosten durch eine Neuregelung verringern.

Was schlägt Lufthansa vor?

Im Schnitt gehen die Lufthansa-Piloten derzeit mit knapp 59 Jahren in den vom Unternehmen bezahlten Vorruhestand. Die Fluggesellschaft will das durchschnittliche Eintrittsalter auch wegen der international auf 65 Jahre hochgesetzten Altersgrenze für Verkehrspiloten schrittweise auf 61 Jahre erhöhen. Zudem sollen Piloten, die ab 1. Jänner 2014 bei Europas größter Fluggesellschaft angefangen haben, die Kosten für die Frühpensionierung selbst tragen. So gut wie keine Einschnitte müssen Lufthansa zufolge Kapitäne fürchten, die kurz vor der Frühpension stehen.

Was sagt die Gewerkschaft zu den Plänen?

VC argumentiert mit der besonderen Belastung der Piloten durch ihren Job und spricht von "sozialem Kahlschlag". "Wir wollen den Status Quo erhalten, dass Piloten selbstbestimmt in den Ruhestand gehen können", sagt ein VC-Sprecher. Cockpit ist bereit, Kostensenkungen gegenüber dem bisherigen Vertrag zu akzeptieren. "Hierzu bedarf es aber eines grundsätzlichen Willens seitens des Managements zu einem Kompromiss, statt eines Kahlschlages", fordert die Gewerkschaft.

Warum sind die Gespräche geplatzt?

Lufthansa wollte mit der Gewerkschaft einen Fahrplan für die sehr komplexen Tarifverhandlungen vereinbaren - 15 Themen stehen insgesamt auf der Agenda. Cockpit ging es hingegen um die Übergangspensionen. Lufthansa-Personalvorstand Bettina Volkens argumentiert: "Es ist nicht realistisch, über ein neues Modell für eine zukunftsfähige Übergangsversorgung an einem einzigen Tag eine Einigung zu erzielen".

Was belastete die Gespräche noch?

Wenige Stunden vor Beginn der Verhandlungen kündigte VC einen Streik bei der Lufthansa-Tochter Germanwings für Freitag an, sollten die Verhandlungen ergebnislos verlaufen. "Wir sind sehr enttäuscht über dieses Vorgehen", sagt eine Unternehmenssprecherin.

Wieso will Lufthansa den Tarifvertrag zur Übergangspension ändern?

Das Unternehmen argumentiert mit hohen Kosten und verweist auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach die Piloten bis 65 fliegen könnten, sofern sie fit bleiben. Bis zu dem Urteil im Jahr 2011 galt bei der Lufthansa eine interne Altersgrenze von 60 Jahren. Drei Lufthansa-Piloten hatten vor Gericht dagegen gekämpft, mit 60 Jahren in den Zwangsruhestand geschickt zu werden. Im vergangenen September kündigte die Lufthansa die Tarifverträge zur Übergangsversorgung zum Jahresende 2013.

Was kostet die Frühpensionierung?

Lufthansa beziffert die Versorgungsverpflichtung für die Piloten zum Stichtag 31. Dezember 2013 auf 1,1 Mrd. Euro. Die Fluggesellschaft will die Übergangspension so gestalten, "dass wir sie finanzieren können". Die Piloten argumentieren, die Maßnahme sei für das Unternehmen fast kostenneutral. Schließlich bekämen die älteren Kollegen ein höheres Gehalt als die jüngeren. Wenn die Älteren in die Frühpension gingen, würden junge Piloten eingestellt. Dies senke die Kosten pro Durchschnittspilot.

Warum dreht Lufthansa an der Kostenschraube?

Neben den aggressiven Billigfliegern setzen auch die schnell wachsenden Airlines vom Arabischen Golf der "Kranichlinie" zu. Staatlich gestützte Angreifer-Airlines wie Turkish oder Emirates drücken die Margen. Die Lufthansa sorgt sich um wachsende Konkurrenz durch Billigflieger - dieses Mal auf den lukrativen Langstrecken.

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