Löwa-Gründer Jenö Eisenberger gestorben

Eine frühere Löwa-Filiale im 21.Wiener Gemeindebezirk.
Früherer Lebensmittelhändler (Löwa, PamPam) war auch ein legendärer Kunstsammler.

Die älteren Semester können sich an die Lebensmittelketten Löwa und PamPam noch erinnern. Sie wurden Anfang der 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts von Jenö Eisenburger gegründet. Später verkaufte er seine Löwa-Anteile an die deutsche Tengelmann-Gruppe um Karl-Erivan Haub. Aus Löwa wurden Zielpunkt-Märkte. Nach dem Verkauf baute er eine der größten privaten Kunstsammlungen in Österreich auf. Laut Austria Presse Agentur (APA) ist Jenö Eisenberger bereits am 14. August im 94. Lebensjahr verstorben.

Flucht vor den Nazis

Eisenberger kam im Jahr 1922 in der ungarischen Stadt Satoraljaujhely in einer wohlhabenden jüdisch-orthodoxen Familie zur Welt. Sein Vater und fünf seiner neun Geschwister wurden von den Nationalsozialisten im zweiten Weltkrieg ermordet, ihm gelang es aber mit falschen Papieren in Budapest zu überleben. Nach dem Krieg eröffnete Eisenberger ein Textilgeschäft in Budapest, übergab dieses bereits aber 1947 an seinen Bruder, um von 1947 bis 1949 als Soldat für Israel zu kämpfen.

Weil er nicht nach Budapest zurückkehren konnte, kam er 1949 nach Wien, wo er als Händler am Naschmarkt arbeitete. Bei einem Besuch seiner Schwester in Amerika lernte Eisenberger im Jahr 1960 die Organisationsweise der damals in Österreich noch weitgehend unbekannten Supermärkte kennen. 1961 eröffnete er in Wien an der Rechten Wienzeile bereits einen der ersten Selbstbedienungsläden in Österreich. Zuerst gründete er gemeinsam mit Walter Löwe die Supermarkt-Kette Löwa, dann mit Julius Meinl den Groß-Supermarkt PamPam.

1972 verkaufte Eisenberger Löwa an die deutsche Supermarktkette Tengelmann und stieg im Jahr 1974 auch bei PamPam aus. Er eröffnete danach noch einen eigenen Eisenberger-Supermarkt. Tengelmann benannte dann Ende der 1990er-Jahre die Löwa-Märkte in „Zielpunkt“ um. Im Dezember 2015 ging die Zielpunktkette (3000 Mitarbeiter, 229 Filialen) unter dem oberösterreichischen Eigentümer Pfeiffer pleite und verschwand vom Markt.

Bereits ab den 1980er-Jahren konzentrierte sich Eisenberger auf seine Kunstsammlung. „Ich war, und - ich glaube, es bleibt dabei - ich bin ein kleinbürgerlicher Lebensmittelhändler,“ sagte Eisenberger der Journalistin Andrea Schurian noch in einem Interview im Jahr 2010. Eisenberger habe als Einzelhändler in Österreich der Nachkriegszeit „sein Judentum zu Spüren bekommen“, etwa von Lieferanten, so der Eisenberger-Biograf und Journalist Christof Habres, der im Jahr 2012 das Buch „Wenn ich nur Österreicher wär ... - Jenö Eisenberger. Ein außergewöhnliches Leben“ herausbrachte.

Eisenberger habe nach dem Prinzip gelebt, „Was soll mir noch passieren, wenn ich das absolute Grauen überlebt habe“ und eine „unwahrscheinliche Kraft“ gehabt, sagte Habres im APA-Gespräch. Das Verdrängen der Nazi-Verbrechen habe ihn geärgert und die nicht erfolgten öffentlichen Ehrungen - trotz seiner Verdienste für den Einzelhandel und die Kunst in Österreich - etwas verbittert.

Nachruf des Jüdischen Museums Wien

Eisenberger begann Kunst auf Initiative seiner Frau Vera zu sammeln, die er in Israel kennenlernte und im Jahr 1964 heiratete. Die Eisenberger-Sammlung umfasst Kunst aus Österreich von 1850 bis heute und gilt als eine der umfassendsten Privatkunstsammlungen in Österreich.

Jenö Eisenberger und seine bereits 2000 verstorbene Frau Vera zählen zu jenen Persönlichkeiten, die Wien nach 1945 wieder Leben eingeimpft haben. Mit ihrem Blick von außen, ihrer Energie, ihrem Humanismus und Optimismus haben sie Wien in kultureller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht bunter, reicher und lebenswerter gemacht“, heißt es in einem Nachruf des Jüdischen Museums Wien.

In einem Interview mit dem Handelsmagazin CASH im Jahr 2000 meinte Eisenberger: „Kunst ist Individualität und Kreativität. Wer einen Breughel nachmalt, ist kein Künstler, sondern ein Kopierer. Und im Handel ist es ähnlich. Ich verstand mich immer als Künstler.“

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