Wegen politischem Hickhack können österreichische Firmen nicht arbeiten

Österreichische Unternehmen wollen wieder ins Land. Der öffentliche Bau steht aber still.

Richard Napowanez seufzt. „Wir sind zum Bauen hier, nicht zum Verhandeln“, sagt der Managing Director der Strabag in Libyen zum KURIER. Er sitzt mehr oder weniger alleine in einem großen Containerkomplex außerhalb der Hauptstadt und harrt dort aus, bis die verschiedenen Straßenbauprojekte endlich wieder anrollen. Auch die Bauherren, mit denen die Strabag zusammenarbeitet, sind motiviert. Doch bis die Bagger wieder arbeiten, ist es ein weiter Weg.

Libyen hat gerade den zweiten Jahrestag der Revolution gefeiert, doch wirklich abgeschlossen scheint die „Revolution“ noch nicht. Vieles ist noch unklar. Erst vor wenigen Wochen wurde eine einigermaßen handlungsfähige Regierung angelobt. Größte Schwierigkeit neben der politischen ist das Sicherheitsvakuum. Es gibt immer wieder Diebstähle, Entführungen und Überfälle. Und offene Rechnungen zwischen Milizen, die mit jenen Waffen gelöst werden, die seit den Unruhen im Umlauf sind.

Doch es ist nicht unbedingt die angeschlagene Sicherheitslage, die den Geschäften von österreichischen Firmen in Libyen im Weg liegt. Das Hauptproblem für ausländische Firmen, die im öffentlichen Sektor tätig werden wollen, liegt in der politischen Blockade, die im Moment in Tripolis herrscht.

"Alles steht still"

Auch die Projekte, bei denen das Kärntner Ingenieurbüro Kronawetter involviert ist, werden ausschließlich von öffentlicher Hand in Auftrag gegeben. „Da steht noch alles still“, sagt Geschäftsführer Edmund Kronawetter.

Am Dienstag will das Parlament einen Haushalt abschließen. Dann ist erst klar, wie viel Geld die einzelnen Ministerien bekommen. Dann müssen die Baufirmen mit dem Infrastrukturministerium ihre Bedingungen aushandeln. Da geht es etwa um Entschädigungen und offene Zahlungen. Bei der Strabag sind das umgerechnet 50 Millionen Euro.

Mit österreichischen Firmen sind öffentliche Aufträge von mehr als einer Milliarde Euro vereinbart, aber noch ausständig. 250 Millionen Euro an Zahlungen fehlen.

Bei Unternehmern aus Österreich herrscht großes Interesse, in Libyen zu arbeiten. Schon vor der Revolution wuchs die Wirtschaft. Im „neuen Libyen“ wird ein stabiles Wachstum von 10 bis 15 Prozent erwartet.

Boom im Privatsektor

Im Gegensatz zum Bau- und Infrastrukturbereich hat sich der Ölsektor nach der Revolution schnell erholt. Das bringt Budgetüberschuss. Die Privatwirtschaft boomt. Supermärkte sind voll mit ausländischen Produkten – etwa Red Bull, Spitz, Rauch, Manner.

Das AußenwirtschaftsCenter Tripolis der WKO hat vergangene Woche die erste Wirtschaftsmission veranstaltet, die restlos ausgebucht war. Firmenvertreter wollten sich ein Bild von der Situation machen, Kontakte pflegen und herstellen. Für Firmen, die jetzt dem Land Vertrauen schenken, gibt es oft eine Art „Frühbucherbonus“. Von der Sicherheitslage haben sich die Mitgereisten nicht einschüchtern lassen. Was die politische Lage betrifft, sind sie nach der Reise, die Donnerstag zu Ende ging, vorsichtig optimistisch.

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