Der Partner ist keine Altersvorsorge

Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen
Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen, über das heimische Sozialsystem und die Benachteiligung von Frauen.

Wie gut ist aus Ihrer Sicht, das staatliche Sozialsystem in Österreich?

Doris Wendler: Wir haben in Österreich ein ganz ausgezeichnetes staatliches Pensionssystem und darauf können wir auch stolz sein. Doch das Umlageverfahren stößt, aufgrund des demografischen Wandels, mehr und mehr an seine Grenzen.

Welche Herausforderungen gilt es hier zu meistern?

Die Lebenserwartung steigt und gleichzeitig sinken die Geburtenzahlen. Das bedeutet immer weniger aktiv Erwerbstätige müssen mit ihren Pensionsversicherungsbeiträgen immer mehr Pensionsbezieher finanzieren. Langfristig kann das unsere Volkswirtschaft nicht bewältigen.

Wie lässt sich dieses Problem für die Zukunft lösen?

Im Grunde ist unser Pensionssystem schon seit Jahren einem Umbau unterworfen. Die Reformen führen zu einem Sinken der staatlichen Pensionsleistung. Die Pensionslücke, also die Differenz zwischen dem letzten Aktiveinkommen und dem Pensionsbezug, beträgt bereits heute im Schnitt 600
Euro. Und: Diese Lücke steigt mit der Höhe des Einkommens. Das Pensionskonto hat hier sicher einiges zur Transparenz und Bewusstseinsbildung beigetragen, aber es gibt in Teilen der Bevölkerung noch immer einen großen Nachholbedarf.

Wo erscheint Ihnen das Bewusstsein für private Vorsorge noch zu wenig ausgeprägt?

Vor allem junge Menschen und Frauen, die ihr Leben und Wirken der Versorgung ihrer Familien widmen, vernachlässigen oftmals ihre persönliche finanzielle Vorsorge und stellen ihre eigenen Bedürfnisse hintan. Doch es ist wichtig, dass sie auch ihre eigene Person nicht aus den Augen verlieren. Gesunder Egoismus kann sie davor schützen, in die Altersarmut abzurutschen. Durch Karenzjahre und Teilzeitarbeit liegt die durchschnittliche staatliche Pension von Frauen deutlich unter jener der Männer, umso wichtiger ist hier ein Ausgleich durch eine private Vorsorge.

Frauen verdienen auch weniger als Männer. Wie lässt sich hier mit dem wenigen noch privat vorsorgen?

Leider haben Sie damit Recht und es ist zu hoffen, dass sich das möglichst rasch ändert. Aber auch mit kleinen Beträgen lassen sich, über einen Zeitraum von vielen Jahren, schöne Vorsorgepolster aufbauen. Für Frauen, die in einem familiären Umfeld leben, ist es eine Überlegung, die Vorsorge gemeinsam mit ihrem Partner anzulegen. Der neue Familienbonus Plus bietet hier die nötigen finanziellen Mittel, die man im Sinne einer Familienvorsorge sinnvoll einsetzen sollte.

Was ist der größte Fehler den Frauen häufig begehen?

Sich nur auf den Partner zu verlassen, ist oft zu kurz gedacht. Was ist, wenn der schlimmste Fall der Fälle eintritt und dieser vorzeitig stirbt? Zudem werden laut Statistik Austria 41 Prozent aller Ehen in Österreich geschieden. Als verheiratetes Paar ein hohes Alter zu erreichen, liegt also nur bei knapp über der Hälfte. Auch wenn es unromantisch klingt: Aber eine Ehe ist keine gute Altersvorsorge.

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