Krisengipfel: Einig bei Euro-Rettung auf Raten

Krisengipfel: Einig bei Euro-Rettung auf Raten
Die Regierungschefs ebnen in zähen Gesprächen den Weg zur Lösung der Schuldenkrise. Der genaue Plan kommt am Mittwoch.

Eiserne Nerven, viel Sitzfleisch und die modernsten Kalkulationsprogramme waren bei diesem EU-Gipfel die wichtigsten Voraussetzungen für die Staatenlenker. Ganze Beamten-Armeen sind damit beschäftigt auszurechnen, wie viel etwa ein Schuldenschnitt Griechenlands kostet und um wie viele Millionen die Haftungen steigen. Eines ist sicher: Griechenland hat einen Finanzierungsbedarf bis zu 252 Milliarden Euro, der ist deutlich höher als bis zuletzt angenommen.

Am Mittwoch - beim nächsten Krisengipfel der EU-27 und der Euro-Gruppe - soll dann der Durchbruch verkündet werden. Denn über die Strategie zur Überwindung der Schuldenkrise herrsche bereits Einigkeit, erklärte Ratspräsident Rompuy nach Ende des Gipfels. Nur mehr Details würden noch fehlen, etwa wie eine tragfähige Wachstumsförderung aussehen soll, oder die Frage einer ausreichenden "Firewall" gegen eine Ansteckungsgefahr.

Harmonie

Krisengipfel: Einig bei Euro-Rettung auf Raten

Um zu zeigen, dass es in kleinen Schritten weiter geht, stellten sich noch am Nachmittag Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy gemeinsam der Presse. Nach Tagen des Streits über Bankenhilfe und Rettungsfonds versuchten sie Harmonie zu demonstrieren: Konkrete Entscheidungen, sagten sie unisono, werde es erst beim Gipfel am Mittwoch geben. Es gebe aber schon Einigung über die Ausweitung des Rettungsschirmes EFSF und über eine freiwillige Beteiligung der Banken am Schuldenschnitt für Griechenland.

Streit

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Die Verhandlungen der vergangenen drei Tage brachten auch die Differenzen unter den 27 Mitgliedern deutlich zu Tage. So sollen Sarkozy und der britische Premier David Cameron im Streit zwischen Euromitgliedern und Nicht-Euromitgliedern heftig aneinander geraten sein. Gestritten wurde im großen Kreis auch über die Zukunft der EU und die dafür nötigen Vertragsveränderungen. Merkel erneuerte ihre Forderung für ein neues EU-Vertragswerk. Am Ende war aber nur noch von einer "begrenzten Vertragsreform" die Rede.

Keinen guten Tag verbrachte Italiens Premier Silvio Berlusconi in Brüssel. Die EU-Kollegen machten Druck: Seine Regierung müsse rasch umfassende Reform- und Sparpläne vorlegen. Italien hat sehr hohe Staatsschulden in Höhe von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung und nur ein schwaches Wachstum.

Von einem Erfolg für das österreichische Anliegen, die Finanztransaktionssteuer durchzusetzen, sprach Bundeskanzler Werner Faymann. Die Einführung der Steuer ist in den Schlusserklärungen erwähnt. Präsident Sarkozy unterstützte ihn bei seiner Wortmeldung. Faymann sagte auch, dass die Steuer noch von drei Staaten - Großbritannien, Schweden und Tschechien - abgelehnt werde.

Gipfelthemen waren außerdem noch Beschäftigung und Jugendarbeitslosigkeit. Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellte mehr EU-Gelder für die Schaffung von Jobs, speziell für Millionen arbeitsloser Jugendlicher, in Aussicht. Verankert haben die Staats- und Regierungschefs auch eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte.

Neuerliche EU-Vertragsänderung

Ratspräsident Herman Van Rompuy ist beauftragt worden, bis Dezember Vorschläge für eine EU-Vertragsänderung im Kampf gegen die Schuldenkrise zu machen. Ein vollständiger Bericht soll dann bis Juni folgen.

Kern der Aktion ist, eine Schuldenbremse im EU-Vertrag zu verankern, damit kein Land jemals wieder die Defizitkriterien missachtet. Besonders Deutschland, mittlerweile von Frankreich unterstützt, hat in den vergangenen Tagen massiv auf eine Vertragsänderung gedrängt. Die Politik erhofft sich davon ein starkes Signal an die Finanzmärkte. Hält sich ein Land nicht an die Regeln, wird es vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt und muss eine hohe Strafe zahlen.

Die damit einhergehende Aufgabe von Macht und Hoheit über das eigene Budget wird in den kommenden Monaten für sehr viele Konflikte sorgen; Großbritannien oder Schweden lehnen das ab, auch in der Eurozone herrscht derzeit kein Konsens.
In Österreich hätte solch eine Vertragsänderung jedenfalls eine Volksabstimmung zur Folge.

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