Kredite: So holen Sie überhöhte Zinsen zurück
Im Match zwischen dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) und den österreichischen Banken wegen überhöhter Kreditzinsen steht es nun 3:0. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in drei Urteilen festgestellt, dass die Banken den negativen Referenzzinssatz Euribor bei variabel verzinsten Euro-Krediten (siehe Lexikon rechts) und den Libor bei Fremdwährungskrediten ihren Kunden weiterreichen müssen.
Bisher haben die Banken den negativen Zinssatz einfach bei null Prozent eingefroren. Oder anders gesagt: Die Banken zogen eine Untergrenze bei den Kreditzinsen zu ihrem eigenen Vorteil ein, aber eine Zins-Obergrenze zum Vorteil des Kunden wurde nicht festgeschrieben.
Rechtswidrig
Doch das ist nach Feststellung der Höchstrichter rechtswidrig. Zinsklauseln sind nur dann gültig, wenn sie zweiseitig bzw. symmetrisch sind, sprich eine Ober- und Untergrenze festgelegt wurde. Bei korrekter Berechnung müssen die Banken nämlich den negativen Referenzzinssatz Euribor (minus 0,33 Prozent) vom Zinsaufschlag (1,5 Prozent) abziehen. Das heißt: Der Kunde zahlt nicht 1,5 Prozent Zinsen wie bisher, sondern tatsächlich nur 1,17 Prozent.
Die zu viel gezahlten Zinsen kann der Kunde von seiner Bank zurückholen. Einzelne sind deshalb bereits gegen ihre Bank vor Gericht gezogen. Doch sie mussten bisher den Richtern vorrechnen und vorlegen, um wieviel sie übervorteilt wurden.
Beweislast umgekehrt
"Die Banken haben sich zum Teil auf den Standpunkt gestellt, wenn die Zinshöhe unzulässig ist, dann muss uns der Kunde vorrechnen, was ihm tatsächlich gebührt", sagt der Wiener Rechtsanwalt Robert Haupt zum KURIER. "Aber der durchschnittliche Bankkunde ist nicht in der Lage, die Zinsdifferenz auszurechnen, die ihm die Bank zurückzahlen muss." Nachsatz: "Auch ich könnte meiner Mandantin diesen Betrag nicht auf einen Euro genau ausrechnen."
Elegante Lösung
Das Wiener Bezirksgericht für Handelssachen hat nun die Beweislast elegant umgekehrt. In einem druckfrischen Urteil hat Richter Werner Mayer eine große heimische Bank dazu verdonnert, "binnen 14 Tagen die Berechnung des bei ihr geführten Kreditkontos des klagenden Kunden zu berichtigen und den Saldo um den errechneten Differenzbetrag zu reduzieren". Mit der Begründung, dass "Banken ihren Kunden gegenüber jederzeit auskunftspflichtig sind, was den Stand der Konten und die Einzelheiten der Geschäftsbeziehung betrifft".
Wie der KURIER berichtete, sind nach Angaben des VKI-Juristen Thomas Hirmke auch rund 100.000 Franken-Kreditnehmer, sprich Häuselbauer, von überhöhten Zinsen betroffen.
Auf der Homepage des VKI (verbraucherrecht.at) können Bankkunden einen Musterbrief herunterladen, mit dem die Zinsen zurückgefordert werden können.
Rechtssicherheit
Aber auch für die Banken haben die Höchstrichter mit den drei Urteilen Rechtssicherheit geschaffen. Die Geldinstitute müssen zwar den negativen Referenzzinssatz vom Zinsaufschlag, der dem Kunden verrechnet wird, in Abzug bringen.
Sollte aber der negative Referenzzinssatz höher als der Zinsaufschlag sein, gilt bei null Prozent die Untergrenze. Damit verhindern die Richter, dass Banken in die geschäftlich absurde Situation kommen könnten, dem Kreditnehmer beziehungsweise Kunden negative Zinsen auszahlen zu müssen, auf den Kredit also etwas draufzulegen.
"Kreditverträge sind grundsätzlich entgeltlich", hält der Wiener Richter Werner Mayer in seinem Urteil fest. "Ein Darlehen ist auch dann entgeltlich, wenn zwar keine Zinsen, wohl aber etwa als Gebühr oder Kosten bezeichnete Geldleistungen zu erbringen sind."
N wie Negativzinsen: Sogenannte Negativzinsen stellen die Geldwelt eigentlich auf den Kopf. Sie bedeuten eine Bestrafung von Geldeinlagen und eine Belohnung von Krediten. Eingeführt hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Negativzins für Geschäftsbanken, die Geld bei ihr einlegen. Für diese „Verwahrung“ müssen sie 0,4 Prozent Zinsen zahlen. Von Großkunden verlangen manche Banken mittlerweile auch einen „Strafzins“, vom kleinen Sparer nicht. Kreditzinsen können allerdings nie negativ werden – da müssten Banken ja Geld drauflegen, um es zu verborgen.
R wie Referenzzinssatz: Das ist die Messlatte für variabel verzinste Spar- und Kreditprodukte. Große Geschäftsbanken errechnen täglich, zu welchen Sätzen sie in den verschiedenen Währungen und Laufzeiten untereinander Geschäfte machen. Diese Messlatten finden sich dann in den Kreditverträgen wieder. Die Referenzzinsätze werden regelmäßig veröffentlicht.
E wie Euribor: Der Referenzzinssatz für die Währungsunion ist der Euribor. Die Abkürzung steht für Euro Interbank Offered Rate. Mehr als vierzig Referenzbanken melden, zu welchen Sätzen sie einander zu unterschiedlichen Laufzeiten – bis zu einem Jahr – Geld leihen. Aus diesen Meldungen wird jeden Werktag ein Durchschnitt gebildet und als Euribor bekannt gegeben. Im zweiten Halbjahr 2015 drehte der Euribor erstmals ins Minus. Alle Laufzeiten – von einer Woche bis zu zwölf Monaten – liegen derzeit im negativen Bereich.
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