Kredit-Zinsen in Österreich niedrig wie nie

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Private sicherten sich 2016 tiefe Zinsen längerfristig ab. Wohnbaukredite trieben Wachstum. Zinsbelastung für Haushalte seit 2007 halbiert

Österreichs private Haushalte und Unternehmen haben 2016 ihre Zinsvorteile gegenüber dem Euroraum verloren. Mit 2,24 Prozent lag der Zinssatz für neu vergebene Kredite an Private nur mehr 9 Basispunkte unter dem Euroraum. Bei Unternehmenskrediten ging der Zinsvorteil ganz verloren, der Zinssatz lag bei 1,62 Prozent. Grund dafür waren stark rückläufige Zinsen in den südlichen Euroländern.

In Summe haben die Zinsen für Kredite und Einlagen in Österreich im Vorjahr nach der EZB-Leitzinssenkung im März auf 0,0 Prozent neue historische Tiefststände erreicht, so der Direktor der OeNB-Hauptabteilung Statistik, Johannes Turner, am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Wien. Demnach sanken die durchschnittlichen Zinssätze für neu vergebene Kredite bzw. Einlagen an Unternehmen und private Haushalte im Dezember 2016 auf 1,79 bzw. 0,33 Prozent. Das waren um 11 bzw. 8 Basispunkte weniger als ein Jahr davor.

Im Wohnbaubereich, dem wichtigsten Verwendungszweck privater Kredite, sank der durchschnittliche Zinssatz zwar um 15 Basispunkte auf 1,86 Prozent, lag damit aber über dem Euroraum-Wert von 1,78 Prozent. Private sicherten sich die historisch günstigen Kreditzinsen längerfristig - und damit etwas teurer - ab, erläuterte Turner. So sei der Anteil von neuen Wohnbaukrediten mit über fünfjähriger anfängliche Zinsbindung deutlich von 12 auf 35 Prozent gestiegen. Im Euroraum waren es dennoch mit 79 Prozent deutlich mehr. Die Zinsdifferenz zwischen ein- und fünfjähriger Zinsbindung ging auf nur mehr 37 Basispunkte zurück.

Mehr Kredite, weniger Zinsen

Obwohl sich das aushaftende Kreditvolumen seit 2007 von 121 auf 153 Mrd. Euro erhöht hat, hat sich die Zinsbelastung der privaten Haushalte seither von 1,7 auf 0,9 Mrd. Euro halbiert. Für jeden der rund 1,3 Millionen verschuldeten Haushalte bedeutet dies eine von 5.200 auf 2.800 Euro gesunkene jährliche Zinsbelastung.

Vor allem Wohnbaukredite trugen im Vorjahr zum gesamten Kreditwachstum von 3,2 Prozent bei. Das war um 1,2 Prozentpunkte stärker als im Euroraum und um 0,4 Prozentpunkte mehr als in Deutschland. Wohnbaukredite stiegen um 4,8 Prozent auf 100 Mrd. Euro, Konsumkredite gingen dagegen um 3,2 Prozent zurück, sonstige Kredite wuchsen um 1,7 Prozent.

Trotz der historisch niedrigen Zinsen sparten die Österreicher fleißig. Das Einlagenvolumen der Haushalte stieg um 4,4 Prozent bzw. 9,9 Mrd. Euro. Vor allem täglich fällige Einlagen trugen zum Wachstum bei, sie weiteten sich um 15,7 Mrd. Euro bzw. 14,5 Prozent aus. Gebundene Einlagen wurden wegen des sinkenden Zinsvorteils abgebaut. Bedeutende Investments in alternative Anlageprodukte gab es nicht. Um 3,4 Mrd. Euro wurden Investmentfonds gekauft, allerdings Bank- und Unternehmensanleihen im Ausmaß von 2,1 Mrd. Euro abgebaut. Für neu vergebene Einlagen wurden im Dezember durchschnittlich 0,36 Prozent Zinsen bezahlt, im Euroraum waren es 0,46 Prozent. Täglich fällige Einlagen lagen mit 0,15 Prozent deutlich unter der Inflationsrate.

Für Unternehmenskredite von bis zu einer Million Euro verringerten sich die Zinsen um 17 Basispunkte auf 1,85 Prozent. Gegenüber dem Euroraum bedeutet dies einen Zinsvorteil von 40 Basispunkten. Die Zinsen für Großkredite von über einer Million lagen mit 1,60 Prozent dagegen sogar über dem Euroraum-Wert von 1,41 Prozent. Das Volumen der Firmenkredite nahm 2016 um 1,5 Prozent auf 137 Mrd. Euro zu. Im Euroraum betrug das Wachstum 2,3 Prozent.

Kurzfristige Unternehmensfinanzierungen gingen um 6,4 Prozent zurück. Ein Grund dafür dürften die hohen Einlagenbestände der Firmen sein, die im Vorjahr um 11,9 Prozent bzw. 6,5 Mrd. Euro auf erstmals 60 Mrd. Euro stiegen.

Dass es im Vorjahr bei der Verzinsung von täglich fälligen Einlagen (vor KESt) aufgrund der Inflationsrate von 1,4 Prozent zu einer negativen Realverzinsung gekommen ist, sei kein neues Phänomen, betonte Turner. Seit 1960 habe es in rund zwei Dritteln der Jahre eine negative Realverzinsung gegeben. Negative Nominalzinssätze für Unternehmen seien in Österreich nicht beobachtet worden.

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