Krebs, Asbest: Skandalfabrik wechselte Besitzer

Stahlwerk Ilva in Taranto
Italiens skandalumwitterte Stahlfabrik Ilva: Branchenprimus Arcelor Mittal schlägt mit zwei Milliarden Euro zu.

Der weltgrößte Stahlhersteller Arcelor Mittal und der italienische Produzent Marcegaglia haben sich bei einem Wettbewerb mit einem Angebot von circa 2 Mrd. Euro die Übernahme des maroden Stahlwerks Ilva gesichert. Dies berichteten italienische Medien am Freitag.

Ilva steht seit 2013 unter Sonderverwaltung und ist auch ökologisch ein Sanierungsfall. Wegen Umweltverstößen war das Mega-Stahlwerk in Tarent (Taranto) unter staatliche Verwaltung gestellt worden. Das Werk ist das größte seiner Art in Europa. Mindestens 400 Menschen sollen in Tarent an den Folgen der Umweltverschmutzung gestorben sein.

Für Premier Paolo Gentiloni ist die Zukunft des süditalienischen Stahlwerks besonders wichtig, da seine Regierung es mit staatlichen Darlehensgarantien und weiteren Sonderaktionen über Wasser hält. Dies hat bereits den Unmut anderer Stahlkonzerne und Brüssels ausgelöst.

Prozess läuft

Erst vor knapp zwei Wochen hat in Taranto der Prozess wegen fahrlässiger Tötung und schwerer Umweltverschmutzung begonnen. 44 Personen und drei Gesellschaften des Stahlkonzerns Ilva müssen sich vor Gericht verantworten. Unter den Angeklagten ist Nichi Vendola, Präsident der Region Apulien und Chef der linken Oppositionspartei SEL.

Der Prozessbeginn war ursprünglich auf den 20. Oktober 2015 festgelegt, wegen technischer Probleme jedoch vertagt worden. Ilva steht seit 2012 wegen schädlicher Emissionen im Visier der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Unternehmen vor, Giftstoffe in der größten Fabrik im Süden des Landes emittiert zu haben, die zu überdurchschnittlich vielen Krebserkrankungen führten. 15 Mitarbeiter der Fabrik sollen zwischen 2004 und 2010 an den Auswirkungen von Asbest sowie weiterer krebserregender Stoffe gestorben sein.

Betreiber Riva

Der inzwischen verstorbene Firmengründer Emilio Riva, sein Sohn Nicola und sechs Manager waren im Juli 2012 verhaftet worden. Die Eigentümer des Stahlkonzerns Riva als Betreiber des Stahlwerks, die Unternehmer Claudio und Nicola Riva, zählen nun zu den Angeklagten.

Ilva war 2013 unter Sonderverwaltung gestellt worden, nachdem die Behörden von der Eignerfamilie Riva 8,1 Milliarden Euro beschlagnahmt hatten. Im Jänner hatte die Regierung die Kontrolle über den Konzern übernommen, um rund 16.000 Arbeitsplätze zu retten. Die Riva-Gruppe zählt zu den zehn größten Stahlkonzernen der Welt. Das 1905 gegründete Unternehmen besitzt in Italien und im Ausland 36 Produktionsstätten und beschäftigt knapp 22.000 Personen.

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