Kraftakt für 20 Millionen Jobs

Kraftakt für 20 Millionen Jobs
84 Milliarden Euro und Steuerreformen in den 27 Mitgliedsländern sollen die Rekord-Arbeitslosigkeit in der EU senken.

Nach dem Fiskalpakt wollen sich die EU-Granden dem weitaus größeren Problem in den 27 EU-Staaten stellen: Noch nie seit den frühen 1990er-Jahren waren so viele EU-Bürger ohne Job. Mehr als 24,5 Millionen Menschen – drei Mal so viele, wie Österreich Einwohner hat – sind in Europa auf Arbeitssuche.

Ziel ist es, bis Ende dieses Jahrzehnts in der EU 20 Millionen neue Jobs zu schaffen. Dann, so der Traum der EU-Kommission, sollen drei von vier Bürgern im erwerbsfähigen Alter einen Arbeitsplatz haben. Sozialkommissar László Andor hat am Mittwoch ein umfangreiches Beschäftigungspaket präsentiert.

Das größte Job-Potenzial sieht die Kommission in Pflegeberufen, beim Ausbau erneuerbarer Energien und in der Hard- und Software-Branche. Allein "Green Jobs" sollen bis 2020 fünf Millionen Menschen Arbeit geben.

Kraftakt für 20 Millionen Jobs

Mobilität Wer in seinem Land keinen Job findet, soll es in anderen Staaten versuchen, schlägt Andor vor. Neben sprachlichen Hindernissen sollen die EU-Staaten dafür den Arbeitsmarkt – auch für Beamte – flexibler gestalten. EU-Bürger sollen überall gleich behandelt werden, auch Arbeit suchende Rumänen und Bulgaren. In neun EU-Staaten, darunter Österreich, ist ihr Zuzug bis Ende 2013 gesperrt.

Mindestlöhne Umstritten ist der Vorschlag, länder- und branchenspezifische Mindestlöhne einzuführen. Da es für die Lohnpolitik keine EU-Kompetenz gibt, ist das nur eine Empfehlung.

Qualifikation Noch immer werden Ausbildungen nicht überall anerkannt. Andor mahnt das erneut ein.

EU-Sozialfonds Mit 84 Milliarden Euro verfügt Andor auch über finanzielle Mittel, um speziell Frauen, Jugendliche und Langzeitarbeitslose in Jobs zu helfen.

Steuerreform Im Rahmen der Überprüfung der Budgetpolitik jedes Landes ("Europäisches Semester") setzt die Kommission zudem auf steuerliche Entlastung von Arbeit, indem Steuern auf Energie, Grundbesitz und Konsum angehoben werden sollen. Die Steuerreform soll aufkommensneutral sein.

Beim EU-Gipfel im Juni soll das Job-Paket des sozialdemokratischen ungarischen EU-Kommissars Andor angenommen werden.

Positives Echo auf Job-Initiative der EU

Bundeskanzler Werner Faymann begrüßt, dass mehr EU-Gelder für Jugendbeschäftigung eingesetzt werden. "Unsere duale Berufsausbildung gilt als Modell. Ebenso wird die Ausbildungsgarantie als Best-Practice-Modell hervorgehoben." Positiv bewertet er, dass die Schwarzarbeit in der EU stärker bekämpft werden soll. Faymann hebt auch die Aufwertung der EU-Sozialpartner hervor.

Für Vizekanzler Michael Spindelegger ist die Strategie "eine wichtige Bündelung von zeitgerechten und richtungsgebenden Maßnahmen". Details über Pläne zur Flexsecurity (Balance zwischen flexiblem Kündigungsschutz und sicherem Job) sowie Angleichung von Lohnniveaus will der Vizekanzler aber noch diskutieren.

Der Präsident des Ökosozialen Forums, Stephan Pernkopf, lobt die Umschichtung der Steuerbelastung von Arbeit auf sozial- und umweltschädigende Bereiche sowie geplante Klimaschutz-Maßnahmen.

Als "unverzichtbar" bezeichnet der Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Peter Koren, den Vorschlag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit und die Senkung der Arbeitszusatzkosten.

"Endlich reagiert die EU", ist die Reaktion von AK-Präsident Herbert Tumpel.

Der Industrielle Hannes Androsch sieht die vielen Zielvorgaben der EU skeptisch. Er erwartet sich "Wirtschaftspolitik von der EU. Was die EU braucht, sind Eurobonds mit einem Fiskalpakt", sagt Androsch.

ÖGB-Präsident Erich Foglar begrüßt die neue Beschäftigungsinitiative der Kommission als "längst überfällig". Die Sparpolitik der EU sei der "falsche Kurs".

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