"Konzernatlas 2017": Agrarsektor weltweit in Händen weniger Konzerne

epa04352891 A combine harvester during harvest on a corn field near Mengershausen, Germany, 08 August 2014. Reports state that this year's harvest remains difficult due to volatile weather in parts of Lower Saxony. EPA/STEFAN RAMPFEL
Vier Konzerne stehen für 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen. Und bald nur mehr drei für 60 Prozent des Saatguts und Pestizide.

Sechs deutsche Umwelt-und Entwicklungsorganisationen haben einen "Konzernatlas 2017" erstellt. Sie warnen darin vor einer massiven Konzentration der Firmen im weltweiten Agrarsektor. Damit bündle sich die Macht über Saatgut, Pestizide, Maschinen, Dünger und Lebensmittelhandel bei einer Handvoll Firmen.

Big Player

Vier Großkonzerne kontrollieren rund 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen. Drei Konzerne dominieren 50 Prozent des Weltmarkts für Landtechnik. Werden zwei jüngst angemeldete Fusionen genehmigt, dann würden drei Konzerne mehr als 60 Prozent des globalen Marktes für kommerzielles Saatgut und für Pestizide beherrschen, schreiben die Autoren des Konzernatlas 2017.

"Konzernatlas 2017": Agrarsektor weltweit in Händen weniger Konzerne
Ähnliche Konzentrationen gebe es im Lebensmittelhandel - in Deutschland etwa wickeln vier Ketten 85 Prozent des Lebensmittelhandels ab; in Österreich haben mit Spar (Eurospar, Interspar), Rewe (Billa, Merkur, Penny) und Hofer überhaupt nur drei Händler eine ähnlich große Marktmacht.

In den vergangenen zwei Jahren (2015 und 2016) hätten fünf der zwölf kapitalintensivsten Übernahmen börsennotierter Konzerne im Agrar- und Ernährungsbereich stattgefunden. 2015 waren Fusionen von Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelindustrie 347 Milliarden Dollar (330 Mrd. Euro) wert - das war fünf Mal höher als der Fusionswert in der Pharma- oder im Ölsektor.

Bayer will Monsanto

"Konzernatlas 2017": Agrarsektor weltweit in Händen weniger Konzerne
ARCHIV - Rauch steigt über dem Werksgelände des Chemiekonzerns Bayer AG in Leverkusen auf (Archivfoto vom 21.10.2003). Bei der Fusion zum neuen deutschen Pharma-Marktführer Bayer Schering sollen 1500 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Wie der Mutterkonzern Bayer am Freitag (02.03.2007) mitteilte, seien sozialverträgliche Lösungen angestrebt. In Berlin würden 950 Stellen, in Wuppertal 160 und in Jena 140 Arbeitsplätze wegfallen. Weltweit bezifferte der Bayer-Konzern die Einsparungen durch die Zusammenführung der Pharmageschäfte auf 6100 Jobs. Foto: Oliver Berg dpa/lnw +++(c) dpa - Bildfunk+++
Ein besonderer Brocken ist die angekündigte Übernahme des Saatgut- und Gentechnikkonzerns Monsanto durch die deutsche Bayer. Dadurch werde ein Agrarkonzern entstehen, "der ein Drittel des weltweiten Marktes für kommerzielles Saatgut und ein Viertel des Marktes für Pestizide dominieren und so die Art und Weise bestimmen wird, wie auf den Äckern gewirtschaftet wird", warnt Hubert Weiger, Vorsitzender der Organisation "Bund". Monsanto sei als Firma kaum präsent, weil es unter verschiedensten Marken verkaufe. "Es besitzt das Gros aller Gentech-Pflanzen, verkauft aber auch viele konventionelle Saaten und hier insbesondere Gemüsesaatgut", heißt es im Konzernatlas.

Werden die Fusionen erlaubt, "kommen Bayer-Monsanto, DuPont-Dow und ChemChina-Syngenta ihrem Ziel näher: jeweils die marktbeherrschende Stellung bei Saatgut und Pestiziden zu erreichen, also Produkte, Preise und Qualitäten zu diktieren. Alle drei Gruppen verfolgen die Strategie, andere Anbieter zu verdrängen und den Wettbewerb so weit wie möglich auszuschalten, zur Not durch den Aufkauf der Konkurrenz", so der Konzernatlas.

Ölpalmen-Tycoon Kuok

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Malaysian tycoon Robert Kuok attends a meeting in Fuzhou, Fujian province, in this April, 18, 2005 file photo. To match Special Report HONGKONG-CHINA/ECONOMY REUTERS/China Daily/Files (CHINA - Tags: POLITICS BUSINESS) CHINA OUT. NO COMMERCIAL OR EDITORIAL SALES IN CHINA
Der Konzernatlas zeigt auch Einzelbeispiele anderer dominanter Unternehmen auf. Der singapurische Konzern Wilmar bewirtschafte weltweit über 200.000 Hektar an Ölpalmen und kontrolliere auch einen Teil der Verarbeitung. Wilmar sei der größte Hersteller von Speiseöl weltweit und gehöre mehrheitlich dem Milliardär Robert Kuok.

In Indonesien gehören der Familie Widjaja über den Konzern Sinar Mas mehr als 100.000 Hektar. In der Ukraine, dem drittgrößten Maisexportland, kontrollieren zehn Konzerne 2,8 Millionen Hektar und damit die Hälfte der Agrarfläche des Landes. Die Kernel-Gruppe, finanziert durch westeuropäisches Finanzkapital, bebaue etwa 400.000 Hektar Land. Kernel sei der größte Getreideproduzent der Ukraine und die Nummer drei in Russland.

Deere bei Agrartechnik führend

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Four Deere & Co planters are seen at Spirit Farms in Sheridan, Illinois, about 65 miles southwest of Chicago, in this picture taken May 2, 2013. With the U.S. spring planting season off to a historically slow start, an increasing number of farmers are counting on powerful tools to catch up: Monster machines that sow 36 rows of corn at once and feature high-tech innovations like computer-guided directional equipment. REUTERS/Tom Polansek (UNITED STATES - Tags: AGRICULTURE BUSINESS)
Bei der Landmaschinen und Agrartechnik mit einem weltweiten Volumen von zuletzt (2015) 112 Mrd. Dollar kontrollieren drei Firmen die Hälfte des Umsatzes. Diese seien aber schwer zu erkennen, weil sie durch den Ankauf verschiedenster Firmen gewachsen seien und die alten Marken meist weiterführen, heißt es im Konzernatlas. Nummer eins sei der US-Konzern Deere, dahinter CNH Industrial mit Sitz in den Niederlanden, die zu Fiat gehören und zwölf Marken umfassen, darunter Steyr aber auch Case, New Holland, Magirus und Iveco. Nummer drei ist er US-Konzern AGCO. Die beginnende Digitalisierung in der Landwirtschaft werde die Konzentration noch beschleunigen, da sich die teure Technologie nur für große Firmen lohnt.

Mineraldünger-Einsatz vervielfacht

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A tractor of the Poschinger Bray'sche Gueterverwaltung company applies liquid nitrogen fertilizer to a wheat field in Irlbach near Deggendorf, Germany, April 21, 2016. REUTERS/Michaela Rehle
Bei Mineraldünger hat sich der Einsatz seit 1961 versechsfacht, 2013 machte der Absatz 175 Milliarden US-Dollar aus. Die größten Player Agrium aus Kanada, Yara aus Norwegen und die Mosaic Company aus den USA beherrschen zusammen 21 Prozent des globalen Düngemittelmarktes. Sie betreiben eigene Minen und Fabriken. Wobei der Düngerverbrauch je nach Land sehr unterschiedlich ausfällt: Je Hektar sind es in China 557 kg, in Indien 158 kg, in Deutschland 204 kg und in den USA 140 kg.

Info

Die Herausgeber des Konzernatlas 2017 sind: Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Oxfam Deutschland, Germanwatch und Le Monde Diplomatique. Der Bericht ist zu finden unter: http://www.bund.net/konzernatlas

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