Geplante Obsoleszenz "hat System"

Hersteller bauen absichtlich Mängel in ihre Produkte ein, glaubt mehr als die Hälfte der Befragten einer VKI-Umfrage.

55 Prozent der Teilnehmer an einer laufenden Umfrage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) glauben, dass Hersteller die Lebensdauer ihrer Produkte künstlich herabsetzen. Die meisten Beschwerden (75 Prozent) über die sogenannte geplante Obsoleszenz wurden über Unterhaltungselektronik geführt, berichtet das Verbraucherschutzmagazin Konsument in seiner Mai-Ausgabe.

Von Februar bis Ende März haben 785 Personen den Online-Fragebogen angeklickt. Die Zwischenergebnisse: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer ist der Überzeugung, dass die künstliche Herabsetzung der Produktlebensdauer System hat (55 Prozent). Weitere 40 Prozent sind der Auffassung, dass Obsoleszenz jedenfalls in manchen Branchen üblich ist. Gering ist die Zahl derer, die das lediglich auf Einzelfälle beschränkt sehen (4,1 Prozent). 0,5 Prozent halten die laufende Diskussion für "maßlos übertrieben".

Unterhaltungselektronik

Am häufigsten wurden Erzeugnisse aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik als anfällig für Obsoleszenz genannt (75 Prozent), gefolgt von Haushaltsgeräten (71 Prozent) und dem Informations- und Telekommunikationssektor (63 Prozent). 35 Prozent machten ihrem Ärger über kurzlebige Lampen Luft.

Am stärksten unter den spontan genannten Branchen wird laut Konsument über die kurze Lebensdauer von Autos und Autoteilen geklagt – jedem zweiten, der ungestützt eine Produktgruppe nannte, fiel in erster Linie die Kfz-Branche ein. Doch auch Schuhe, Bekleidung, Spielzeug und Heimwerkergeräte kamen nicht ungeschoren davon.

Kritisiert wurden vor allem "eingebaute" Mängel und minderwertige Teile mit 81 Prozent, gefolgt von der Unmöglichkeit einer Reparatur oder eines Teiletausches – etwa, weil Bauteile verklebt sind (73 Prozent).

Rund zwei Drittel der Umfrage-Teilnehmer wussten aber auch von langlebigen Produkten zu berichten. Hier fanden sich auffällig viele Waschmaschinen und Kühlgeräte darunter.

Als Problemlösung sehen viele Befragte als wirksamste Maßnahme das Aufdecken solcher Machenschaften (86 Prozent). 60 Prozent wünschen sich ein Gütesiegel für nachweislich langlebige Produkte. Aber auch gesetzliche Auflagen, verbunden mit strengen Strafen bei Nichteinhaltung, finden viele Unterstützer (57 Prozent).

Computer, die eine Woche nach Ablauf der Garantie nicht mehr funktionieren, Monitore, in denen Kondensatoren zum Einsatz kommen, die Hitze schlecht vertragen, Mixer, in denen Plastik- in Metallzahnräder greifen, Mobiltelefone, bei denen der Akku nicht mehr selbst gewechselt werden kann. Hersteller von elektronischen Geräten sorgen offenbar immer häufiger für Schwachstellen in ihren Geräten, damit diese schneller verschleißen oder kaputt gehen und man um einen Neukauf nicht herumkommt – eine Reparatur lohne sich oft kaum, wird einem dann vom Fachmann erklärt, da diese ja ungleich teurer sei im Vergleich zu einer Neuanschaffung.

Unter dem Stichwort geplante Obsoleszenz ist dieses Phänomen seit längerem bekannt. Konsumenten kritisieren, die Hersteller würden – dem Credo des steten Wirtschaftswachstums folgend – ihre Geräte mit Absicht vorzeitig altern lassen. Freilich: Beweisen lässt der vorsätzliche Fehlereinbau nur schwer.

Eine Studie der Grünen-Bundestagsfraktion listet nun zahlreiche Produkte auf, bei denen die Industrie laut Experten täusche oder trickse, berichtet die Saarbrücker Zeitung in ihrer Mittwochsausgabe. Demnach würden Hersteller Bauteile verwenden, die einen frühzeitigen Defekt auslösten. Auch würden technische Tricks angewendet, um die Lebensdauer eines Gerätes zu verkürzen.

Schweinerei

Leidtragende sind laut dem Gutachten die Kunden, die in immer kürzeren Abständen neue Produkte kaufen müssten. Der künstliche Verschleiß koste sie mehrere Milliarden Euro im Jahr. Einer der Autoren, der Verbraucherexperte Stefan Schridde, sagte dem Blatt, er habe in den vergangenen Jahren an die 2.000 Hinweise ausgewertet. Die Grünen-Politikerin Dorothea Steiner nannte die Strategie eine "Schweinerei". Frühzeitiger Verschleiß verursache "auch immense Müllberge". Die verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion, Nicole Maisch, forderte eine zügige Überarbeitung des "Gewährleistungs- und Garantierechts".

Obsoleszenz

Das Wort Obsoleszenz kommt aus dem Lateinischen (obsolescere=sich abnutzen, alt werden, aus der Mode kommen). Als einer, der die geplante Obsoleszenz praktisch erfunden hat, gilt Alfred P. Sloan. Der General Motors-Präsident verpasste seinen Autos in den 1920er-Jahren jährlich ein neues Design, an dem man das Baujahr ablesen konnte. So wirkte das Vorjahresmodell aus der Mode gekommen - also "obsolet". Die Kunden wurden zu einem vorzeitigen Neukauf angeregt und GM Marktführer.

Konsumenten-Umfrage

"Verbraucherorganisationen werden zunehmend mit Beschwerden von Konsumenten konfrontiert, die von offenbar bewusst eingebauten "Sollbruchstellen" und "Schwachstellen" bei gekauften Produkten wie Handys, Computer oder Waschmaschinen berichten. Diese Problematik der auffallend kurzen Produktlebensdauer nimmt ernstzunehmende Ausmaße an und der Verdacht, Produkte werden vorsätzlich so gestaltet, dass Reparaturen unmöglich bzw. unwirtschaftlich sind, scheint sich zu erhärten", warnte Konsumentenschutzminister Rudolf Hundstorfer vor wenigen Wochen via Aussendung anlässlich des diesjährigen Fraud Prevention Month.

"Im Namen unserer Lieferanten und im Namen des seriösen, österreichischen Elektro- und Einrichtungsfachhandels weisen wir diese Beschuldigungen auf das Schärfste zurück: Die Unterstellungen sind haltlos. Sie wurden geäußert, ohne über irgendwelche belastbare Fakten zu verfügen", konterte Wolfgang Krejcik, Obmann des Bundesgremiums Elektro- und Einrichtungsfachhhandel der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und verwies auf die gesetzliche 24-monatige Gewährleistung, die den Verkäufer in vielerlei Hinsicht verpflichtet. "Diese wird oft noch durch ein großzügiges Kulanzverhalten ergänzt, für welches unsere Branche bekannt ist. Jede eingebaute "Lebensdauerbremse" würde neben einem Vertrauens- und Imageverlust auch hohe Kosten für den gesamten Handel bedeuten."

Der Monat März wurde von der internationalen Verbraucherschutzorganisation ICPEN zum "Fraud Prevention Month" (Betrugs-Verhütungs-Monat) ausgerufen. Der VKI veranstaltet diesbezüglich eine Onlineumfrage unter Konsumenten.

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