Katalonien: Österreichische Firmen suchen Alternativen

Andreas Schmid, Delegierter der Wirtschaftskammer in Barcelona.
Katalonien ist für viele österreichische Unternehmen ein wichtiger Wirtschaftsstandort. Durch die mögliche Unabhängigkeitserklärung werden Investitionen allerdings unkalkulierbar.

Österreichische Firmen in Katalonien machen sich derzeit große Sorgen. "Sollte die Regionalregierung von Carles Puigdemont wie angekündigt tatsächlich die Unabhängigkeit Kataloniens erklären, werden viele österreichische Unternehmen ihren Firmensitz in andere Regionen Spaniens verlegen", versichert Andreas Schmid, Delegierter der Wirtschaftskammer Österreich in Barcelona im Gespräch mit der APA.

Dabei ist Katalonien für die Unternehmen ein wichtiger Wirtschaftsstandort. Katalonien ist Spaniens wirtschaftsstärkste Region. Hier im Nordosten des Landes werden knapp 20 Prozent des gesamten spanischen Bruttoinlandproduktes erwirtschaftet. Rund die Hälfte der 200 österreichischen Unternehmen in Spanien ist in Katalonien angesiedelt - von KTM bis hin zum Schmuckhersteller Swarovski.

Fast ein Viertel des gesamten Außenhandels Österreichs mit Spanien läuft über Katalonien. Im vergangenen Jahr kamen österreichische Exporte im Wert von 646 Millionen Euro nach Katalonien. Katalanische Unternehmen exportieren Waren im Wert von 7,18 Millionen Euro nach Österreich, so Andreas Schmid am Freitag.

"Gift für Unternehmen"

Doch jetzt leide die Wirtschaft in Katalonien mit der möglichen Unabhängigkeitserklärung unter erheblicher Rechtsunsicherheit. Investitionen werden unkalkulierbar. "Das ist Gift für Unternehmen und die wirtschaftliche Entwicklung", meint der Außenhandelsdelegierte. Vor allem die Tatsache, dass Katalonien, automatisch aus der Europäischen Union ausscheiden würde, macht den Unternehmen Angst.

Auch der österreichische Verbrennungskraftmaschinen-Hersteller AVL aus Graz macht sich Sorgen. "Rund 60 Prozent unserer Geschäfte wickeln wir im europäischen Ausland ab. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir den zollfreien EU-Binnenmarkt", erklärt Alberto Zumeta, Geschäftsführer der spanischen AVL-Filiale.

Das Unternehmen hat seinen Firmensitz in Mataro vor den Toren Barcelonas. Hier arbeiten rund 30 Angestellte. Weitere Standorte befinden sich in Valladolid und in Madrid. "Sollte sich Katalonien wirklich von Spanien unabhängig erklären und aus der EU fliegen, werden wir unseren Firmensitz nach Valladolid verlegen müssen", so Alberto Zumeta im APA-Gespräch.

Wichtiger Standort

Dabei ist Katalonien ein wichtiger Standort für die AVL Iberica. Hier sitzen mit Nissan und Seat einige der wichtigsten Kunden. Der spanische Markt macht für das Unternehmen rund 20 Prozent seiner Geschäftstätigkeit aus. Davon würde rund ein Drittel auf Unternehmen in Katalonien fallen.

Katalonien: Österreichische Firmen suchen Alternativen
An Estelada (Catalan separatist flag) is seen on a balcony near a Caixa bank branch in Barcelona, Spain October 6, 2017. REUTERS/Yves Herman
Doch könnten auch viele Kunden aus Katalonien schon bald wegziehen. Am Donnerstag beschloss die katalanische Großbank Banco Sabadell ihren Firmensitz ins südspanische Alicante zu verlegen. Die katalanische CaixaBank aus Barcelona plant den Umzug ihres Firmensitzes nach Mallorca, sollte das katalanische Parlament die einseitige Unabhängigkeit erklären. Der Versicherungskonzern Catalan Occidente will auch Katalonien im Falle einer Unabhängigkeitserklärung verlassen. Ebenso wie der Sekthersteller Freixenet, das Energie-Unternehmen Gas Natural. Der Biotechnologiehersteller Oryzon Genomics und der große Telekommunikationsbetreiber Eurona gaben bereits bekannt, von Barcelona nach Madrid zu gehen.

Josep Bou, Präsident des katalanischen Unternehmerverbands Empresarios de Catalunya (EC) sieht eine schwierige wirtschaftliche Situation auf Katalonien zukommen, sollte die separatistische Regionalregierung wirklich an ihren Abspaltungsplänen festhalten. "Es wird einen regelrechten Exodus spanischer, katalanischer wie ausländischer Unternehmen geben", prophezeit Bou im APA-Gespräch. Vor allem die Banken werden ihren Steuer- und Firmensitz in andere Regionen Spaniens verlegen. "Sie können es sich nicht leisten, von der Re-Finanzierung der Europäischen Zentralbank abgeschnitten zu werden", erklärt Josep Bou.

Regierung erleichtert Firmen-Weggang

Die spanische Regierung hat am Freitag ein Dekret verabschiedet, das Firmen und Banken den Weggang aus der krisengeschüttelten Region Katalonien erleichtert. Demnach reicht künftig eine entsprechende Entscheidung des Aufsichtsrats, um den Ortswechsel zu beschließen, sagte der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Nachmittag vor Journalisten.

Eine Gesellschafterversammlung müsste nicht mehr einberufen werden. Die Entscheidung wurde angesichts der drohenden Unabhängigkeitserklärung der Region gefällt.

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