Zwei Gründer für den freien Fall
Unter der Campingplane neben ihrem Bus sitzen Diana Duschek und Markus Seifert und trinken Kaffee. Seit einer Woche sind sie hier in Waldviertler Fromberg beim "Pink Boogie", wo sich jährlich Hunderte Fallschirmspringer aus aller Welt treffen. In wenigen Minuten wird Diana Duschek in den Flieger steigen, nur um sich aus 4000 Meter Höhe wieder hinauszustürzen. Fast 3000-mal hat sie das bereits gemacht. Ihr Freund Markus Seifert hat nach 13 Jahren bereits 5000 Sprünge absolviert. Für beide ist das mehr als nur Hobby: er ist Tandem Instructor und Fallschirmlehrer und sie dreht Tandem-Videos. "Wir verbringen jedes Wochenende am Flugplatz, beschäftigen uns ständig mit dem Springen", sagt Duschek.
Doch im Waldviertel sind sie nicht nur zum Springen, sondern vor allem, um ihr neues Unternehmen zu bewerben. Unter dem Label SIFE produzieren und vertreiben sie ab sofort ihr selbst gemachtes Gurtzeug – Fallschirmrucksäcke samt Gurte. Zwischen 2400 und 3200 Euro kostet eine Ausrüstung. Das Paar hat Erfahrung im Gründen: Seit drei Jahren betreiben die zwei einen Online-Shop fürs Fallschirmspringen, paraworld.at. In Europa würden die meisten Fallschirmspringer amerikanisches Equipment verwenden. "Wir importierten bisher Gurtzeug aus den USA, weil es in Europa kaum welches gibt, das mit dem amerikanischen mithalten kann. Und wir hatten einige Verbesserungsideen", sagt Duschek. "Irgendwann fragte mich Diana, ob ich mir zutrauen würde, ein Gurtzeug zu bauen", erzählt Seifert. "Ich dachte mir, eigentlich geht das schon."
Maßanfertigung online
Ihre Ideen haben sie nun umgesetzt. Auf sife.at können sich Kunden ihr Gurtzeug selbst konfigurieren – diverse Komponenten und Farben sind wählbar. Den Rucksack gibt es in acht Größen, die Gurte werden maßgefertigt. Die Maße kann man online eingeben oder "man kommt zu einem unserer Händler oder zu uns", sagt Duschek.
Seit drei Monaten werken die beiden in der hauseigenen Werkstatt im obersteirischen Zeltweg. Markus Seifert kümmert sich um die Produktion. Zwei Gurtzeuge kann er in einer Woche fertigen. Die Materialien stammen aus Amerika, das Gurtzeug ist nach neuesten technischen Standards zertifiziert. "Es ist das einzige weltweit, das 150 Kilogramm bei 278 km/h aushält", sagt Seifert. Um das zu erreichen, mussten beide durch den Bürokratiedschungel, erzählt er. SIFE ist der erste Produzent von Fallschirmzubehör in Österreich, ein dreiviertel Jahr dauerte es daher, bis sie die Zivilluftfahrtbehörde Austro Control fanden, die bereit war, sie zu zertifizieren. Qualitätstests führten die Gründer mit Gabelstapler und 150-kg-Gewichten durch, Sprungtests machten sie mit Freunden, die für Red Bull springen. Mittlerweile springt das gesamte Red-Bull- Skydive-Team exklusiv mit SIFE-Gurtzeug. 25 Gurtzeuge hat das Paar in wenigen Wochen verkauft, gerade hat es von zwei Militärs aus Europa Aufträge bekommen.
Das Leben, ein Sprung
Das Paar hat sich beim Fallschirmspringen in einem Verein kennengelernt. Das Handwerk des Master-Rigging (Anm.: Wartung von Fallschirmsystemen) lernte Markus Seifert in den USA. Früher war er Leistungssportler beim Bundesheer, seit 2009 springt er im Nationalkader des Aeroclub und ist mehrfacher Staatsmeister im Freefly und im Zielspringen. Diana Duschek studierte BWL und Wirtschaftspädagogik, kümmert sich um Buchhaltung und Marketing und hilft in der Produktion mit.
Um sich nicht auf die Nerven zu gehen, hat das Paar die Arbeitsbereiche auch räumlich getrennt. 60 Stunden arbeiten die beiden pro Woche und je nach Auftragslage auch an Wochenenden. Schlimm sei das nicht, sagt Markus Seifert: "Wenn ich sonntags aus der Näherei gehe, freue ich mich am Montag schon wieder darauf."
Näheres auf:
1. Nicht unterkriegen lassen. Diana Duschek:Wenn man etwas unbedingt will, sollte man es durchziehen. Auch wenn mal Steine im Weg sind – es lässt sich alles irgendwie lösen.
2.Immer freundlich und sachlich bleiben – auch wenn die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten nicht positiv endet. Markus Seifert:Man weiß nie, wann man den Geschäftspartner wieder braucht. Gerade beim Fallschirmspringen gibt es eine kleine Gemeinde, wo jeder jeden kennt.
3. Mach Marktforschung. Duschek: Wir haben uns angeschaut, welches Potenzial es gibt: Wie viele Springer fangen an, wie viele springen noch nach zehn Jahren? Was ist in Österreich, in Europa möglich? Was produzieren die großen und kleinen Konkurrenten? Es ist ein Verdrängungswettbewerb.
4. Mach ordentliches Marketing. Seifert: Schwierig wird es, wenn die Leute denken, sie kaufen lieber von einem Unternehmen, das schon seit 20 Jahren produziert. Duschek:Aber wir haben mit dem Red Bull Team für Österreich den besten Werbeträger – er ist in Europa und sogar USA bekannt.Wir wollen auch viel bei Boogies vor Ort sein und verkaufen.
5. Sorge für eigene Arbeitsbereiche. Duschek:Gerade als Paar muss man die Arbeitsbereiche abgrenzen. Seifert:Das Wichtigste ist, dass sie räumlich getrennt sind und man sich nicht ständig sieht. Man muss aufpassen, dass die Arbeit nicht ins Private eingreift. Privat soll privat und Berufliches beruflich bleiben.
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