Südkorea: Kein Uni-Abschluss, kein Job

A student retaking the college entrance exams this year attends class at Deung Yong Moon Boarding School in Kwangju, some 40 km (25 miles) southeast of Seoul October 30, 2012. South Korea's exam hell is an annual event so full of pressure that many students are driven to despair, with some even taking their own lives. Some 140,000 of the test takers signed up for this year's entrance exam on November 8, 21 percent of the total, are high school graduates, according to government data. The really determined, or desperate, may decide to spend nine months at one of 40 private boarding schools like Deung Yong Moon ("Gateway to Success") to dedicate their waking hours for the test. Picture taken October 30, 2012. REUTERS/Kim Hong-Ji (SOUTH KOREA - Tags: EDUCATION SOCIETY)
81 Prozent der Koreaner wollen auf eine Uni.Trotz des enormen Leistungsdrucks – oder deswegen. In Österreich sind es nur 28 Prozent.

„Während der Prüfungszeit lernen die Studierenden von sieben Uhr früh, oft bis Mitternacht oder sogar bis zwei Uhr. Sie schlafen während des Lernens eine halbe Stunde und dann geht es weiter“, erzählt Sabine Reyländer. Vergangenes Sommersemester verbrachte die Studentin der FH Technikum Wien an einer der renommiertesten Universitäten Südkoreas, der Korean University. Dort lernte sie eine neue Einstellung zu Arbeit und Studium kennen.
In Südkorea ist ein Universitätsabschluss nicht nur die Eintrittskarte in eine angesehene Firma, in Südkorea hängt die soziale Stellung vom Abschluss ab. Ja sogar die Stellung der ganzen Familie. Da wird das Leben der Bildung untergeordnet, viel Geld in diese investiert. Das ganze Leben der jungen Südkoreaner ist auf den Tag ausgerichtet, der darüber entscheidet an einer Top-Uni studieren zu können: Den Tag an dem der zentrale Zulassungstest stattfindet. 81 Prozent der 15-jährigen Südkoreaner haben laut OECD-Statistik das Ziel einen Uni-Abschluss zu machen. Hingegen nur 28 Prozent der Österreicher.

Der Weg in den Himmel

Mit sechs Jahren kommen Kinder in die sechsjährige Grundschule. Stressig wird es in der dreijährigen Mittelschule: Der Schultag dauert oft bis 16 Uhr, danach gehen die Jugendlichen mehrmals pro Woche in eine der 70.000 privaten Bildungsfabriken, den Hakwon. Nach der Mittelschule ist die Schulpflicht zwar vorbei, doch fast 100 Prozent besuchen die Oberstufe. Vier bis fünf Stunden Schlaf täglich sind im letzten von zwölf Schuljahren keine Seltenheit – die große Zulassungsprüfung erfordert Vorbereitung. An diesem Tag im Herbst wird eine Stunde später mit der Arbeit begonnen. Nur um den Prüflingen das übliche Verkehrschaos zu ersparen. Das Ziel an diesem Tag, ist nichts geringeres als der Eintritt in den Himmel: Nur die Besten werden es auf eine der sogenannten SKY-Universitäten in Seoul schaffen: Die Seoul-National-Universität, die Universität Korea und eben die Yonsei-Universität sind die Kaderschmieden Südkoreas. Wer es in eine der drei schafft, kann sich den Job aussuchen.


Der Preis

Südkorea hat nicht nur eine der höchsten Akademikerraten, sondern auch eine der höchsten Selbstmordraten der Welt: Alleine im Jahr 2009 haben sich 202 Schüler das Leben genommen. Der enorme Leistungsdruck vom Kindergarten an und die starke Konkurrenz am Arbeitsplatz werden oft als Grund dafür angegeben. „Die Südkoreaner sind viel mehr unter Druck als die Studierenden in Österreich“, sagt Reyländer. Ein Dreier auf eine Prüfung sei eine katastrophal schlechte Note, es herrsche Anwesenheitspflicht und Koreaner haben sich auch an den Unis an einen Stundenplan zu halten.
Irgendwie haben sich die Koreaner mit dem System arrangiert. „Es passt für sie“, meint Reyländer. Alternative gibt es ohnehin keine. Denn ohne Abschluss rückt ein Job in weite Ferne.

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