Taktik ist alles

Taktieren zu können, gehört heute zur guten Schule.
Antäuschen, Überraschen, Allianzen bilden: Nur, wer die Kunst des Taktierens beherrscht, wird die anderen überholen. Mit Fleiß und gutem Willen allein gelingen heute keine Top-Karrieren mehr.

Machtpoker, Strategie, Intrigen und Inszenierung – Begriffe, um die man in Österreich seit Wochen nicht herumkommt. Das heimische innenpolitische Parkett ist derzeit ein Hort taktischer Manöver. Es gibt viel zu beobachten: Schnelle Entscheidungen, vermeintliche Überraschungen, die mächtige Wirkung des Nichtstuns. Allianzen entstehen, man formiert sich für einen nahenden Kampf – den Wahlkampf.Was sich tut, ist nicht nur wegen der politischen Entscheidungen spannend. Auch die Schachzüge, die man hier spielt, sind spannend. Es scheint, die Akteure sind Meister der Taktik. Die Manöver, die hier zur Schau gestellt werden, haben ihren Ursprung aber weit weg von der zugeknöpften Politik: "Taktik kommt aus dem Militärischen und hat sich über 2000 Jahre entwickelt. Es gibt gewisse Grundsätze, die sowohl in der Schlacht als auch in Wirtschaft und Politik effektiv angewendet werden können", sagt Major Jürgen Scherl, Hauptlehroffizier für Taktik am Institut für höhere militärische Führung. Er erklärt das Prinzip der Taktik und holt zum Gesamtbild etwas aus: Man zieht in den Krieg mit einem Ziel. Um dieses zu erreichen, braucht es eine Strategie. Die Strategie wird in eine Taktik, also in einzelne Schritte, heruntergebrochen. Die Schlachten, die es zu schlagen gibt, werden von Armeen geführt. Um sie zu steuern braucht es Systeme. "Die Systeme agieren nach Regeln, einem taktischen Führungsverfahren. Diese Methoden kann man lernen – sie sind das Rüstzeug, um erfolgreich zu sein." Auch in der eigenen Karriere. Taktik lernen, listig agieren, den Arbeitsplatz als einen Ort sehen, an dem man sich gegenseitig ausspielt, Kämpfe austrägt – muss das wirklich sein? Es gehört heute jedenfalls in jedes Skill-Set einer steilen Karriere dazu, sagt Wirtschaftscoach und Machtanalytikern Christine Bauer-Jelinek. "Ab der mittleren Management-Ebene werden Planung und Taktik immer wichtiger. Die Konkurrenz schläft nicht. Sobald jemand am Sessel sägt und auf einen Fehler wartet, muss man schon drei Züge voraus sein." Gute Arbeit, Fleiß und eine ordentlichen Portion Selbstdarstellung allein würden heute nicht mehr reichen, um an den anvisierten Top-Job zu gelangen. "Heute müssen Sie wissen, wie das Spiel geht. Und sich entscheiden: Will ich mitspielen oder nicht?"

Die Kunst der Taktik

Die Kunst der Taktik die Major Scherl lehrt, basiert auf 13 Führungsgrundsätzen des Österreichischen Bundesheeres. Besonders beliebt in der Wirtschaftswelt: die Initiative (wer den ersten Zug macht, gibt die Richtung vor); die Kooperation (es braucht Allianzen); die Reservenbildung (Ressourcenschonung und -aufbau für schlechte Zeiten); Beweglichkeit (leichtfüßig und anpassungsfähig bleiben); die Informationsüberlegenheit (wer mehr weiß, hat Macht) und die Überraschung und die Täuschung, die den Gegner schlichtweg austricksen. Bevor man sich für seine Taktik entscheidet, muss die Lage analysiert werden: Wer sind die Akteure? Wie rau, wie günstig ist das Klima? Wer sind Feinde, wer Verbündete?

Unmoralisch?

Wer taktieren will, proaktiv seine Karriere steuern will, muss mitunter ein robustes Gewissen haben. Intrigen und Sabotage hätten im Arbeitsleben in den vergangenen Jahren stark zugenommen, "die Bandbreite bewegt sich von unmoralisch über unmenschlich bis hin zu rechtlich verfolgbar", so Bauer-Jelinek. Die häufigsten Taktiken? "Die Planung eines Netzwerks, sich überlegen, in welche Kreise man aufgenommen werden möchte", so die Machtanalytikerin. Man sollte auch Themen, die einen persönlich weiterbringen, aktiv ansprechen, sich sichtbar ins Spiel bringen. "Und natürlich gibt es da auch die Methode der Intrige gegen Konkurrenten." Taktieren zu können, gehöre heute jedenfalls zur guten Schule. "Sehr viele Entscheidungsträger haben einen Coach aus dem Militär-Bereich. Sie sprechen nur nicht darüber. Taktieren gilt in der Gesellschaft als verpönt." Diese ablehnende Haltung sei retro, ein Restbestand aus den 80ern, in denen es hieß, mächtige Menschen müssten ehrlich sein. "In der friedlichen Zeit der Vollbeschäftigung und des Wirtschaftswachstums war das möglich. Im Wettbewerb müssen Kampfbereitschaft und Taktik Kernkompetenzen sein", so Bauer-Jelinek. Wie hart man tatsächlich in den Karrieren-Kampf geht, hängt davon ab, was man will. Christine Bauer-Jelinek: "Manche gehen über Leichen. Wenn man allerdings mit dem zufrieden ist, was von selbst kommt, kann man auch ein Arbeitsleben in Authentizität und Ehrlichkeit haben." Ganz ohne Taktik würde aber keine Top-Karrieren gelingen.

Beispiel 1: Sport

Taktik ist alles
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30.6.2006, Fußball-WM-Viertelfinalspiel Deutschland gegen Argentinien. Es kommt zum Elfmeterschießen. Die Nerven beider Mannschaften flattern. Torwarttrainer Andreas Köpke steckt Torwart Jens Lehmann einen Zettel zu. Lehmann starrt lange darauf, der Gegner wird nervös, die Fan-Welt versteht nicht, was da gerade passiert. Der Zettel-Inhalt: Namen und Schuss-Gewohnheiten der gegnerischen Elfmeter-Schützen. Lehmann hält Dank der Last-Minute-Taktik den einen entscheidenden Ball. Deutschland kommt ins Halbfinale – und der Zettel ins Museum.

Beispiel 2: Militär

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„The Ghost Army“ der Alliierten „kämpfte“ 1944 in der Normandie. Die US-Armee hatte Flugzeuge, Panzer, bewaffnete Jeeps. Einzig: Die gesamte Artillerie war aus Gummi, alles war nur aufgeblasen. Hinter den 30.000 Männern, die man Dank so großer Ausrüstung am Feld vermutete, steckten 1100 Soldaten, die die Deutschen mit Attrappen, falschen Funksprüchen und Soundeffekten in die Irre führten – der Standort der tatsächlichen Armee war woanders. Die Geisterarmee war eine Geheimoperation – erst in den 90ern kam heraus, welche Taktik hier zum Erfolg führte.

Beispiel 3: Wirtschaft

Taktik ist alles
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Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 hat einen vifen Vorstandsvorsitzenden. Thomas Ebeling wollte nicht allein mit TV-Werbung Geld verdienen. Seine Idee: Zusätzlich einfach Internetshops und Portale – etwa Parship oder weg.de – kaufen. Der Coup: Die Produkte der kleinen Web-Shops bewirbt er in der TV-Werbung – und macht sie so zu großen Cashcows. Diese Taktik sei weltweit einzigartig, ist Ebeling stolz. Heute gleichen die digitalen Angebote das schleppend laufende TV-Geschäft sogar aus – 2016 stieg der Erlös von ProSiebenSat.1 um 17 Prozent auf 3,8 Mrd. Euro.

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