Interview: Scharfes für Minister Töchterle

Interview: Scharfes für Minister Töchterle
Zwei Studierende bitten Minister Karlheinz Töchterle in ihre Küche, kochen ihn ein, fragen ihn aus.

Karlheinz Töchterle in unserer Küche! Die schwarz verbrannte Pizza Diavolo bieten wir dem parteilosen Wissenschaftsminister erst gar nicht an. Die grünen Wasabi-Erdnüsse ignoriert er. Nur die rote Salsa lässt er sich schmecken. Farbentechnisch interessant. Ob er politisch auch was für die Roten übrig hat?

KURIER: Herr Minister, Sie sagen: „Man studiert nicht nur der Ziele, sondern auch des Weges wegen.“ Sie mögen ja Berge und Klettereien, aber müssen bürokratische Hürden an Unis sein?
Karlheinz Töchterle: Ich habe im internationalen Vergleich vielfach bestätigt bekommen, dass Österreich eine überraschend schlanke Bürokratie hat, gerade im universitären Bereich.

Eine Freundin von uns studiert Jus in Graz und möchte jetzt in Wien weiterstudieren. Mit großen Problemen.
Wenn im Inland, zwischen den Unis, hohe Sperren aufgerichtet werden ist das wirklich grotesk.

Was kann man dagegen tun?
Das klingt wie eine billige Ausrede, ist es aber nicht: Die Autonomie der Unis zwingt mich dazu, mit Appellen zu operieren.

Interview: Scharfes für Minister Töchterle

Warum können Sie als Minister nicht so viel erreichen, wie Sie vielleicht wollen?
Ich bin etwa ein ECTS-Skeptiker. Aber: Wie soll ich als Minister eines kleinen Staates 46 andere Mitglieder bekehren? Ich lasse immer nur ein „Ceterum censeo“ vom Stapel. Ich finde die ECTS-Punkte insofern verfehlt, weil sie nur Lernzeit und nicht Wissen messen.

Unser Vorwurf wäre, dass die Bemessung je nach Uni total unterschiedlich ist.
Auch je Land. In Deutschland ist ein Punkt 30 Stunden wert, bei uns 25. Dabei sind wir sicher nicht gescheiter als die Deutschen. Oder doch?

Macht Ihnen Politik noch Spaß?
Wenn man Erfolge hat, macht es große Freude und motiviert. Stolz bin ich auf die Hochschulmilliarde. Auch wenn ich schon weiß, dass die Unis noch mehr Mittel brauchen.

Warum dauert es in der Politik immer so lange, bis sich etwas bewegt?
Manchmal gibt es auch Entscheidungen wo ich überrascht bin, wie schnell es geht. Aber Sie haben recht, es gibt auch Dinge, die sich ziehen und zäh sind.

Etwa das Thema Studiengebühren?
Ja. Aber es gibt derzeit zwei Parteien, die eine Regierung bilden. Und der Koalitionspartner will dezidiert keine Studiengebühren. Wenn man da etwas ändern will, muss man Überzeugungsarbeit leisten. Wir führen zwar gute Gespräche, aber in Wahrheit ist Kairós, der Gott des günstigen Augenblicks, der wichtigste Gott der Politik.

Allein entscheiden können: Würden Sie sich das manchmal wünschen?
Ja. Obwohl dann sofort der Wissenschaftler und selbstkritische Mensch in mir sagt: Vielleicht hast du ja gar nicht recht?

Ihre Utopie ist die totale Freiheit der Studierenden. Wozu würde diese genützt?
Ich habe diese totale Freiheit bei mir erlebt. Am Schluss des Studiums gab es eine große Prüfung, sonst nichts. Mit dieser Freiheit konnten auch viele nicht umgehen. Heute pendeln wir eher ins Gegenteil. Und ich weiß nicht, wie wir da rauskommen.

Zur Person: Karlheinz Töchterle

Interview: Scharfes für Minister Töchterle

Karlheinz Töchterle, geboren 1949, ist Altphilologe und war Rektor der Uni Innsbruck. Im April 2011 wurde der parteilose Tiroler von der ÖVP zum Minister für Wissenschaft und Forschung bestellt.

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