Heinz Faßmann: "Umstieg war nicht einfach"

Heinz Faßmann im Interview.
Er war Basketballspieler – 2,07 m groß –, Professor, Vizerektor und ist jetzt Wissenschaftsminister: Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann über seinen beruflichen Seitensprung, seine Vorhaben und was zu tun ist, wenn man bei Prüfungen durchfällt.

KURIER: Sie waren Professor und Vizerektor, jetzt sind Sie Politiker: was ist jetzt besser?

Heinz Faßmann: Der Umstieg war nicht ganz einfach, keine Frage. Aber ich war als Sozialwissenschaftler immer an gesellschaftlich relevanten Fragen interessiert und auch politisch beratend tätig. Es ist dann irgendwann naheliegend, gesellschaftliche Veränderungen auch mitgestalten zu wollen. Es gibt einen Trend an den Universitäten, diese "Third Mission" neben Forschung und Lehre, zu verstärken. Wissenschaftler sollen nicht nur im Elfenbeinturm sitzen, sondern sich auch aus ihrer wissenschaftlichen Denkperspektive mit gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzen, Fakten und Widersprüche feststellen und dann versuchen, Lösungen zu finden.

Was können Sie aus Ihrem Fach – Geographie, Raumforschung und Raumordnung – im Ministeramt brauchen?

Eigentlich viel. Nehmen wir das Beispiel der sogenannten Brennpunktschulen. Ich kann das Entstehen aus einer sozialgeographischen Perspektive beurteilen und weiß daher, dass sich damit verbundene Probleme nicht alleine mit Bildungspolitik lösen lassen. Es braucht auch planerische und wohnungspolitische Überlegungen, damit Stadtviertel nicht zu Ghettos werden.

Waren Sie ein guter Student? Gar ein Streber?

Ich hätte sicher besser sein können, aber ich habe sehr viel Basketball gespielt und der Sport war eine ordentliche Konkurrenz.

Warum sind mehr Zugangsbeschränkungen an Unis notwendig, obwohl Ihr Ziel ist, die Studentenzahl zu heben, keinen elitären Klub aus Uni zu machen?

Mein primäres Ziel ist die Verbesserung der Studienbedingungen. Eine Professoren-Studierenden-Relation von 1 zu über 200 an der Uni Wien oder der WU Wien ist eigentlich indiskutabel. Wir wollen nicht weniger prüfungsaktive Studierende, sondern mehr, und sie sollen eine echte Chance bekommen, in der vorgegebenen Zeit (plus Toleranzsemester) fertig zu studieren. Was das Zugangsmanagement betrifft, so zeigt etwa der aktuelle Universitätsbericht klar auf, dass die Einführung der Zugangsregelungen im Jahr 2015 positive Auswirkungen auf Studienverlauf, Studienzufriedenheit und Abschluss hatte.

Derzeit kommen in Österreich 118 Studierende auf einen Professor, an der WU Wien sogar 244: Was wäre die ideale Betreuungssituation für Sie und wie kriegen wir das hin?

Das hängt natürlich vom Fach ab, bei den Buchwissenschaften wäre zum Beispiel 1:40 ein optimales Verhältnis, bei Medizin 1:15. Das sind ambitioniert Ziele, aber dort müssen wir hin.

Österreich liegt in internationalen Uni-Rankings nie vorne, meist weit hinten. Warum?

Diese internationalen Vergleiche erstellen ihr Ranking, indem sie das Betreuungsverhältnis, die Zahl der Abschlüsse, die Publikationen und viele andere Parameter untersuchen. Gerade der Parameter "Betreuungsverhältnis" verschlechtert das Ergebnis und dennoch: wenn die Universität Wien im Times Higher Education Ranking auf 165 gerankt wird, dann gehört sie damit zu den besten 1 Prozent aller Universitäten weltweit.

Ihre Meinung zu Studiengebühren?

Priorität hat die Unifinanzierung, erst dann werden wir über Studienbeiträge nachdenken. Sie eignen sich nicht wirklich zur Finanzierung der Unis, sie sind vielmehr ein Instrument, um Verbindlichkeit herzustellen. Im Fachhochschulbereich sind sie gang und gäbe und wahrscheinlich ein Element, warum Fachhochschüler auch in der gegebenen Zeit mit ihrem Studium fertig werden.

Ihr Studium damals, studieren heute: was ist leichter geworden, was schwieriger?

Ob besser oder schlechter, ist nicht meine Frage, es war grundsätzlich anders. Der Studienplan war, als ich Mitte der 1970er Jahre studierte, sehr dünn und sah nur wenige verpflichtende Lehrveranstaltungen vor. Das Ausmaß an Freiheit bei der Gestaltung eines Ausbildungsweges war deutlich größer, man war aber auch sehr viel mehr auf sich selbst angewiesen. Ich studierte Lehramt und peilte das Magisterium an, schwenkte aber dann um und machte mein Doktorat. So etwas ist heute nicht mehr möglich – schade, aber vor dem Hintergrund der Standardisierung auch verständlich.

Was raten Sie einem Studenten, der schon zwei Mal bei einer großen Prüfung durchgefallen ist?

Auf keinen Fall aufgeben. Einfach noch einmal probieren. Aller guten Dinge sind drei. Bei großen Prüfungen ist es vor allem wichtig, neben dem Wissen über das gelernte Stoffgebiet, Geduld mit sich selbst zu haben. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Was ist Ihr wichtigstes Anliegen, um das Leben der Studierenden zu verbessern?

Ziel ist es, für Studierende bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Und wenn es gelingt, die akademische Offenheit, die eine Universität offerieren kann, nutzbar zu machen, dann wäre schon viel erreicht.

Heinz Faßmann, geboren am 13. 8. 1955 in Düsseldorf, kann auf eine erfolgreiche Uni-Karriere zurückblicken: im Jahr 2000 wechselte er von der TU München nach Wien, wurde an der Uni Wien Professor und später Vizerektor. Als Experte übernahm der 2,07-Meter-Mann im Dezember 2017 das Amt des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung.

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