Es steht ins Gesicht geschrieben

Es steht ins Gesicht geschrieben
Hinschauen und wissen, was das Gegenüber will, hilft im Business. Doch "Körper" ist eine schwierige Sprache.

Unsere Gedanken äußern sich in unserer Körpersprache: Augenzwinkern, ein dezentes Naserümpfen oder Händereiben - jedes Detail hat eine Bedeutung. Wer das Gegenüber zu lesen vermag, macht bessere Geschäfte.

Thorsten Havener kann selbst kleinste, unscheinbare Regungen wahrnehmen. Auf seiner neuen DVD "Havener - Gedanken lesen", erklärt er, wie man seine Sinne schärfen kann.

Es steht ins Gesicht geschrieben

KURIER: eMail, SMS, Telefon: Wir sehen das Gegenüber immer weniger.
Thorsten Havener: Das Gegenüber zu sehen ist aber sehr wichtig. Nur so können Sie erkennen, ob die Betonung auch zum Gesichtsausdruck passt. Klar, über die Betonung kann man auch viele Rückschlüsse ziehen - kommen aber noch Mimik und Körpersprache dazu, ist das Gegenüber sehr viel leichter einzuschätzen. Wir sagen ja nicht umsonst, man redet "von Angesicht zu Angesicht". Bei wirklich wichtigen Gesprächen sollten wir das immer bevorzugen.

Wie wirken sich unsere Gedanken auf den Körper aus?
Bitte denken Sie jetzt einmal nicht daran, wie Ihre Augen blinzeln ... Sehen Sie - schon der Gedanke daran bringt Sie dazu, öfter zu blinzeln als vorher. Mittlerweile ist klar: Körper und Geist sind eine Einheit.

Noch ein Beispiel?
Ziehen Sie die Augenbrauen nach oben und versuchen Sie wütend zu werden.

Geht nicht ...
Genau. Unsere Gedanken wirken sich auf unseren Körper aus, aber eben auch umgekehrt: Die körperliche Emotion wirkt sich auf unsere Gedanken aus. Mit hochgezogenen Augenbrauen kann man nicht sauer werden. Körper und Geist sind eins. Ich will damit aber keinesfalls sagen, dass wir immer kontrolliert sein müssen. Unsere Emotionen haben ihren Grund und man muss ihnen auch Platz machen. Aber es kommt darauf an, ob wir das in der Situation wollen oder nicht. Wenn man vor einer Präsentation super aufgeregt ist, kann man das Lampenfieber auf diese Weise gut in den Griff bekommen.

Wieso soll man überhaupt das Gegenüber lesen?
Wir versuchen im Dialog immer, den anderen einzuschätzen. In nur wenigen Sekunden fällen wir ein Urteil über unser Gegenüber und schätzen es ein. Das Problem ist, dass das, was wir über den anderen denken, nicht unbedingt etwas damit zu tun haben muss, wie der andere wirklich ist. Freut er sich wirklich, mich zu sehen? Hat er wirklich noch ein Ass im Ärmel oder blufft er nur? Das zu erkennen kann unschätzbar wichtig sein.

Worauf sollte man genau schauen?
Es gibt leider kein allgemeingültiges Rezept. Ich kann Ihnen sagen, worauf ich achte: Ich habe herausgefunden, dass ich gut aus Gesichtern lesen kann. Das Gesicht ist eine unglaubliche Quelle an Infos. Die Redensarten "Es steht ihm ins Gesicht geschrieben" oder "die Augen sind das Fenster zur Seele" haben ihre Berechtigung.

Gibt es das Pokerface?
Ja. Ein Beispiel: Ich sollte für einen Fernsehsender einen Test machen, ob mich Menschen anlügen. In der Gruppe war ein Versicherungsmakler. Bei dem hatte ich nicht einmal den Hauch einer Chance zu erkennen, ob er mich anlügt. Wobei ich nicht sagen will, dass er gelogen hat, ich weiß es nicht.

Woran liegt das?
Wenn jemand viel Erfahrung hat und die Geschichte in Fleisch und Blut übergegangen ist, dann sind gespielte Emotionen nicht mehr als gespielt wahrnehmbar. Das ist auch so, wenn nichts auf dem Spiel steht oder derjenige nichts zu verlieren hat. Wenn wir nicht gestresst sind, können wir alles mögliche vorspielen. Steht wirklich etwas auf dem Spiel, dann ist das etwas anderes.

Wie kann man empathischer werden?
Am wichtigsten ist es, die Sache als ein Spiel zu betrachten. Man muss auch wissen, dass man sich irren kann. Und man muss versuchen, sich in die Situation des anderen hineinzuversetzen, indem man etwa die Körperhaltung des anderen einnimmt. Es ist super komplex, aber versuchen Sie es, es macht Spaß.

Menschen verstehen und lenken

Man sagt, der Blick nach links bedeutet, dass die Person lügt. Man sagt auch, wer blinzelt, der munkelt, und wer die Arme vor der Brust verschränkt, der macht dicht. Allein: Diese stereotypen Behauptungen werden der Bandbreite an Verhaltensweisen keineswegs gerecht.

Um das Gegenüber zu lesen, muss man die Person zuerst in neutralem Zustand kennen. Erst die Veränderung kann gedeutet werden, also nur die Abweichung vom Bekannten spielt eine Rolle. Und selbst dann muss der Kontext miteinbezogen werden - Menschen blinzeln auch, weil sie neue Kontaktlinsen tragen oder die Sonne sie blendet.

Joe Navarro ist Ex-FBI-Agent und selbst ernannter Menschenkenner. In seinem Buch "Menschen verstehen und lenken" (erschienen im mfg Verlag), erklärt er die Grundlagen nonverbaler Kommunikation. Seine wichtigsten Erkenntnisse finden Sie hier.

Gesicht: Augen zu und durch

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Der Mensch hat mehr als 50 Gesichtsmuskeln - und dementsprechend viele Kombinationsmöglichkeiten.

Augen Die Augen werden als Tor zur Seele bezeichnet. Nicht umsonst. Reißen wir die Augen weit auf und ziehen wir die Augenbrauen nach oben, haben wir Angst oder sind überrascht. Anders, wenn wir erschrecken: Dann machen wir die Augen zu. Auch wenn wir die Augen während des Gesprächs berühren, lässt dies auf das Bedürfnis schließen, negative Emotionen zu beruhigen. Schließt der Zuhörer an einem Punkt des Gesprächs die Augen ganz leicht, will er vom Gesagten mehr erfahren.

Kopf und Nacken Wer Angst hat oder Antipathie empfindet, wird den Kopf nicht neigen, denn so wird einer der empfindlichsten Teile des Körpers - die Halsschlagader - freigelegt. Wir neigen unseren Kopf nur, wenn wir uns sehr wohlfühlen und wenn wir vertrauen. Auch, wenn man Vertrauen erzeigen will. Berührt der Gesprächspartner den Halsbereich, will er sich damit selbst beruhigen.

Mund Wenn Menschen unter Stress stehen, schließen sie den Mund und spannen die Lippenmuskeln an. Es gilt: je größer der Stress, desto schmäler werden auch die Lippen. Navarro rät, in Konferenzen und Gesprächen auf geschürzte Lippen zu achten. Sie geben Hinweis auf Probleme oder eine andere Sichtweise - umgehend ansprechen!

Arme: Handarbeit

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Wer seine Hände nicht benutzt oder gar versteckt, wirkt unnahbar und befremdlich. Joe Navarro schreibt: "Sie sollten lernen, die Arme und Hände als Embleme für Ihre Botschaft zu nutzen. Als Taktstöcke, mit denen Sie den Ton angeben."

Verschränkte Arme Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass verschränkte Arme Ablehnung bedeuten. Das trifft dann nicht zu, wenn diese Pose aus Gewohnheit oft eingenommen wird.

In die Hüfte gestemmt Hände, die in die Hüfte gestemmt werden, bei denen die Daumen nach hinten und die Ellbogen nach außen zeigen, weisen auf Dominanzverhalten hin - man kennt das von den Eltern. Navarro rät Frauen zu dieser Geste, um Autorität zum Ausdruck zu bringen. Deuten die Daumen nach vorne, drückt die Haltung jedoch eher Neugier aus.

Hinter dem Rücken Eine Geste, die Hoheiten und Professoren gerne an den Tag legen: Hände hinter dem Rücken verschränken. Das drückt einerseits den Wunsch nach Distanz aus, vermittelt aber auch den höheren Status. Es kann auch bedeuten, dass derjenige gerade konzentriert eine Information verarbeitet. Besser Abstand halten.

Die Politikergeste Was wäre die Neujahrsrede ohne diese Geste: Die Finger sind gespreizt und bilden ein Dach, die Fingerspitzen berühren einander. Das soll Zuversicht und Konzentration vermitteln und auch Souveränität ausdrücken.

Mit den Fingern spielen Das Aneinanderreiben der Handflächen oder das Entlangstreichen der Finger an den Handflächen bedeutet Stress oder ein geringes Selbstvertrauen.

Beine: Im Gleichschritt

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Füße und Beine sind ehrlich. Die Beinhaltung zeigt sogar die Fluchtrichtung an.

Wippen Wenn die Beine hektisch auf und ab hüpfen oder gegen den Boden klopfen, könnte das ein Zeichen für Unbehagen oder Eile sein. In diesem Fall sollte das Gespräch zu einem Ende gebracht oder eine Pause vorgeschlagen werden - um sich die Füße zu vertreten. Setzt Wippen während des Gesprächs ein, könnte sich das Gegenüber hinsichtlich des Themas unwohl fühlen - vor allem dann, wenn gleichzeitig die Kiefermuskulatur angespannt wird. Wippen kann aber auch die Reaktion auf eine positive Nachricht sein. Joe Navarro nennt das "Happy Feet": Sind wir glücklich, wollen wir tanzen.

Richtungsweiser
Verändert das Gegenüber den Stand, sodass ein Fuß oder beide Füße wegzeigen, ist das ein Hinweis darauf, dass die Person jetzt gehen will. Nicht persönlich nehmen und das Gespräch taktvoll zu Ende bringen.

Gekreuzte Beine Im Stehen die Beine zu kreuzen, bringt Behagen und Entspannung zum Ausdruck, denn in dieser Position ist fliehen oder kämpfen unmöglich. Diese Haltung wird nur in gefahrlosen Situationen eingenommen. Spiegelt man die Beinhaltung, wird beim Gegenüber Sympathie erzeugt.

Legt der Sitznachbar die Beine übereinander und der Unterschenkel des oben aufliegenden Beins zeigt in Ihre Richtung, fühlt er sich wohl. Werden die Beine jedoch so gekreuzt, sodass der Oberschenkel eine Barriere zum Gegenüber bildet, deutet das auf Ressentiments hin.

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