Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Was ist los mit Wien? Die Stadt hat in den vergangenen Jahren ihr Gesicht verändert. Sie hat ihren alten Mief abgestreift, hat Viertel lässig werden lassen (der Naschmarkt, der Vierte, der Karlsplatz, der Donaukanal, der Zweite) – kein Abend ohne Fest, kein Wochenende ohne Design-Märkte. Auf einmal erobern vor allem die jungen Bewohner die Stadt zurück, gehen raus, lassen sich treiben vom intensiven Puls der Stadt.
Wenn die Temperaturen auch abends in den Dreißigern bleiben und das schier unüberblickbare Angebot Wiens lockt, wer geht dann nach Büroschluss schon gern nach Hause? Viele zieht es in eine der Bars, in die Gärten, in die Freiluft-Locations. Dort lassen sie den Arbeitstag bei guten Gesprächen zu Ende gehen.
Stimmt schon, zum wirklichen Geschäftemachen geht man nicht ins techno cafe und auch nicht in den 58. Stock des Meliá -Hotels. Aber das kreative Potenzial eines Gesprächs in guter Atmosphäre sollte man trotzdem nicht unterschätzen. Da lernt man neue Menschen kennen, findet Inspiration. Vereinbart ein „zu diesem Thema meld’ ich mich“.
After Work ist keine neue Erfindung, aber eine, die erst in den vergangenen Jahren in Wien so richtig gezündet hat. Es gibt eine neue ungeahnte Vielfalt an Möglichkeiten. Vielleicht ist After Work auch deshalb Trend, weil sich die Lebensentwürfe der jungen Menschen geändert haben. Sie heiraten später, bekommen später Kinder. Sie steigen wegen der Umstellung des Studien-Systems auf Bachelor und Master früher ins Berufsleben ein und können sich das Ausgehen damit auch eher leisten. „Unter der Woche gleich nach der Arbeit wegzugehen gefällt den Leuten, denn Ausgehen nach Mitternacht ist auf Dauer mit dem Berufsleben nicht vereinbar“, sagt Kommunikationsunternehmer Josef Mantl.
Wir geben ihm recht. Damit Sie wissen, wo es bereits ab 18 Uhr in Wien am schönsten ist, finden Sie hier: die besten Plätze nach Büroschluss.
Früher waren es die Szenis, noch früher die Techno-Fans, mittlerweile macht das techno cafe alle froh – auch Anzugträger. Kein anderes Event ist frischer, obwohl Organisatorin Sarah Fritz – „Wir wollten mehr Party unter der Woche“ – es bereits seit 1996 veranstaltet. Es fehlt hier an nichts: Unter freiem Himmel im Garten, mitten in der Stadt, mit guten DJs, BBQ und vielen verschiedenen Menschen. Platzangst darf
man an manchen Tagen aber nicht haben.
#Spritzer-Index: 3,10 Euro.
Wann: Dienstags von Ende April bis Ende September,
ab 18 Uhr; ab 20 Uhr bildet sich die Schlange beim Eingang, vor allem, wenn’s heiß ist.
Wer: 30- bis 45-Jährige, bunte Szene
Wir sind sicher: Das ist die schönste Dachterrasse der Stadt. Steigt man aus dem Lift, hat man das Gefühl, nicht mehr in Wien zu sein. Der sehr nahe Steffl rückt die geografische Verwirrung aber dann doch wieder zurecht. Maximal hundert Personen dürfen gleichzeitig auf das Dach des Lamée. Mittwochs ist der beste Tag. Da findet Rooftop100 statt, organisiert von Julian Zanzinger und Nikolaus Mautner Markhof. Dafür müssen sich die Gäste auf www.rooftop100.com in eine Liste eintragen, Einlass ist ab 17 Uhr, System: first come, first served. Bis 23 Uhr läuft die Party, die gediegene Unterhaltung, das gemütliche Zusammenstehen zu chilliger Loungemusik. Gäste: Fein, lässig. #Spritzer-Index: 5 Euro.
Wann: Am besten mittwochs zu Rooftop100, aber an sich jeden Tag bei Schönwetter. Kein Eintritt, gutes Service, bester Ausblick.
Wer: Hauptsächlich 30- bis 40-Jährige, die gemütlich in den Abend gleiten wollen.
Der letzte Donnerstag im Monat ist seit eineinhalb Jahren zum offiziellen After- Work-Fixpunkt geworden – jedenfalls im Winter. Patrik Gräftner und Michael Posch haben mit ihrer Veranstaltung Büroschluss im Designhotel Le Meridien am Ring ein funktionierendes After-Work-Konzept etabliert: Ab 18 Uhr trifft man sich und tanzt bis zum Zapfenstreich – und der ist strikt um Mitternacht. Büroschluss ist kein Teenie-Get-Together, sondern eine Location für Berufstätige, die nach der Arbeit feiern wollen. Davon gibt es nicht zu wenige, die Schlange vorm Eingang ist dementsprechend endlos – auch an der Bar ist Geduld gefordert.
#Spritzer-Index: 3,50 Euro.
Wann: Nächster Büroschluss Donnerstag, 26. Juni, von 18 Uhr bis Mitternacht im Le Meridien, kein Eintritt – zu Beginn kommen, die Schlange vor der Tür wächst sekündlich.
Wer: Über 25-jährige Berufstätige, die gerne Hitparade hören und Körperkontakt mögen.
Das Le Zefire, die Bar, ist gleich neben dem Kursalon im Stadtpark. Es gibt sie in dieser Form erst seit April 2014. Angeschlossen ist das italienische Restaurant Capatosta – Steaks und Pizza sind hier ein Hit. Für Insider hat sich Le Zefire zum neuen Hotspot der Stadt entwickelt. Eine Oase mitten in der Stadt, mit Lichtern in den Bäumen und relativ leiser Musik, also gut für Unterhaltungen. Atmosphäre: Gartenparty mit französischem Flair. Bis 2.30 Uhr kann man gemütlich sitzen, am Dienstag findet French Kiss statt, Ladys bekommen zwei Drinks gratis. Le Zefire ist dezidiert auf After-Work-People ausgerichtet, die Gäste sind relativ jung, ab 25. Kein Eintritt.
#Spritzer-Index: 3,80 Euro.
Wann: Täglich bei Schönwetter ab 17.30 Uhr, mit speziellen Abenden (Dienstag French Kiss, Donnerstag Groove Park). Kein Eintritt, keine Massen, sehr gemütlich.
Wer: Ab 25 aufwärts, internationale Gäste, französischer Chic, viele Expats.
Der Platz über den Dächern ist limitiert: Nur 120 Leute dürfen auf den Dachboden des 25hours hotel – wer dabei ist, hat das Glück, bei fantastischem Blick über Wien ohne Gedränge entspannen zu können. Hierher kommt man mit Freunden oder mit Kollegen und Geschäftspartnern, die zu Freunden werden sollen. Drinks und Essen sind gut und nicht zu teuer – das entspricht ganz dem Geschmack des relaxten, internationalen, eher jungen Publikums, das die Wohnzimmeratmosphäre des Dachbodens schätzt. Ein offizielles After-Work- Event wird hier nicht veranstaltet – braucht es auch nicht.
#Spritzer-Index: 3,10 Euro.
Wann: Montags ist zu, dienstags bis freitags 14 bis 1 Uhr, samstags 12 bis 1 Uhr, sonntags 12 bis 22 Uhr – First come, first served.
Wer: Internationales Publikum, sehr relaxed, sehr offen, sehr lässig, Ü 20.
Das sind die beiden Bars, die immer für einen After-Work-Drink funktionieren. Die gute, alte Loos Bar (Kärntner Durchgang 10), seit jeher Treffpunkt der Reichen, der Kunstaffinen, der Mitteljungen und Alten ist täglich offen und immer gut besucht. Leider steht sie auch in jedem Touristenführer – definitiv ein Minus. Anders Robertos Bar am Bauernmarkt 11–13. Sie wird vom ehemaligen Loos-Barkeeper betrieben, seit der Eröffnung ist sie immer voll, allerdings mit Einheimischen. Von 16 bis 20 Uhr gibt es „Aperitivo“, Champagner zum Spezialpreis und Köstlichkeiten zum Essen. In beiden Bars muss man den Zigarettenrauch aushalten können – Bar eben.
#Spritzer-Index: Loos-Bar: 4 Euro. Robertos Bar: 4 Euro.
Wann: Täglich, die Loos Bar schon ab 12 Uhr, Robertos Bar ab 16 Uhr.
Wer: In die Loos Bar verirrt sich kaum jemand unter 40, nach oben hin offen. Viele Touristen. Robertos Bar hingegen ist jünger, das Publikum sehr gemischt, nicht abgehoben.
Wer mit Geschäftspartnern oder Kollegen Frühstück oder Abendessen sucht, geht ins Motto am Fluss – da wird man gesehen und in der Sonne sitzen und plaudern wird als Arbeit akzeptiert. Im Sommer aber, am Mittwoch und bei Schönwetter, ist die Terrasse des Motto am Fluss ganz unverkrampft – und gar nicht schickimicki. Da stellt man die Plattenteller auf die hölzernen Planken und lädt dazu ein, den Sonnenuntergang zu genießen. Kein Geringerer als DJ-Legende Peter Kruder eröffnete am Mittwoch vor einer Woche die sogenannten Terrace Sounds – das Opening war großartig, die Weißer-Spritzer-Preise sind es auch. #Spritzer-Index: 2,90 Euro .
Wann: Jeden Mittwoch im Sommer bei Schönwetter, von 18 bis 24 Uhr.
Wer: Über 30-Jährige, die Business eher casual betrachten und bei einem Sundowner plaudern oder den Plattenkünstlern lauschen.
Die Bar ist finster, geht tief nach hinten, in den gepolsterten Nischen kann man sich hervorragend verstecken. Für heiße (Business-)Gespräche zu zweit, dritt, viert also ein perfekter Ort, weil die Intimität gewahrt wird. Wer neue Menschen kennenlernen will, ist hier an der falschen Adresse. Im Fabios findet kaum Durchmischung statt, die Gäste wirken kühl und reserviert, bleiben lieber unter sich. Das hat vielleicht auch mit der hohen Promidichte zu tun – sehen und doch lieber nicht gesehen werden, steht unsichtbar über der Eingangstüre. Die Bar ist bis 1 Uhr morgens geöffnet, bis 23 Uhr kann man sich von der Restaurantküche vorzüglich bewirten lassen. #Spritzer-Index: 4 Euro.
Wann: Täglich geöffnet bis 1 Uhr morgens. Ab 18 Uhr treffen einander die Geschäftsleute zum After-Work-Drink in der Bar.
Wer: Älter. Ab Mitte/Ende 30 und dann weit aufwärts. Die Gäste geben sich sehr gehoben.
So haben Sie Wien noch nicht gesehen. Die 58 Bar im achtundfünfzigsten Stock des neu gebauten DC Tower (das höchste Gebäude Österreichs) bietet einen atemberaubenden Blick über Wien und weit darüber hinaus. Dieser Platz wird gerade zur After-Work- Location all jener, die in den Bürotürmen ringsum arbeiten – die Angestellten, Young Professionals und Manager der Donauplatte und die Diplomatenszene der nahen UNO. Barkeeper Markus Altrichter serviert Sundowner, Gin ist offenbar sein Lieblingsalkohol. Dazu werden bis Mitternacht Tapas von Küchenchef Siegfried Kröpfl gereicht. Freitag und Samstag sorgen DJs für gute Sounds.
#Spritzer-Index: 5 Euro.
Wann: Täglich außer Montag, 16 bis 1 Uhr früh. Freitag und Samstag machen DJs Party.
Wer: Über 30-Jährige bis in die 50er. 58 Bar gefällt jenen, die exquisites Ambiente mögen und auf gediegene Cocktails mit viel Weitblick aus sind.
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