Die Akademiker-Absage

80 Prozent aller Jobs brauchen auch künftig keine universitäre Ausbildung

Die lange propagierte Vorstellung, dass in einer wissensbasierten Dienstleistungsökonomie primär neue Jobs auf höherem Qualifikationsniveau geschaffen werden, erweist sich laut einer aktuellen Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) „als wenig realistisch oder zumindest einseitig“. Tatsächlich schaffe der berufliche Wandel „Jobs auf allen Qualifikationsniveaus“.
Auch künftig werden demnach rund 80 Prozent der Arbeitsstellen mit beruflicher Aus- und Weiterbildung (betriebliche Einarbeitung, Lehre, Fachschule, berufsbildende höhere Schule) zugänglich sein, so Studienautor Arthur Schneeberger. Auch bei einem mittelfristigen Wachstum bei akademischen und verwandten Berufen könne man davon ausgehen, dass „voraussichtlich unter 20 Prozent der Jobs akademische Graduierung als typisches Einstellungserfordernis aufweisen werden“. Mittelfristig sollten Hochschulabsolventen daher stärker abseits der traditionellen akademischen Berufe nach Jobs suchen.
Insgesamt entstehen laut Prognose des Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) zwischen 2010 und 2016 zusätzliche 170.000 Stellen (plus 5,3 Prozent) für unselbstständig Beschäftigte, für 52.100 Stellen werden Personen mit akademischer oder vergleichbarer Qualifizierung benötigt.


Pflegepersonal bitte Das größte Wachstum wird den Pflegeberufen (plus 21.400) sowie Krankenpflege und Geburtshilfe (plus 19.700) vorhergesagt. Erst auf Platz acht finden sich als erste Akademiker die Naturwissenschafter (plus 13.200), gefolgt von Biowissenschaftlern und Medizinern (plus 8900), Architekten und Ingenieuren (plus 6300). Juristen (5600) und Sozialwissenschafter (plus 5300) kommen auf Platz zwölf bzw. 13. Als Hauptproblem am Akademikerarbeitsmarkt ortet der Bericht „fachliches Mismatch“ und hohe regionale Mobilitätsanforderungen.
Keine Entspannung wird es mittelfristig beim Fachkräftemangel geben. „Alleine durch die Verluste durch Geburtenrückgang und veränderte Bildungswahl dauerhafte Rekrutierungsprobleme auf Lehrabschlussebene zu erwarten“, so Schneeberger.

Laut Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) haben 90 Prozent der Unternehmen Probleme, technische Positionen zu besetzen – in der Branche fehlen bis zu 800 TechnikerInnen. Nur rund 8 Prozent der technischen Fachkräfte sind Frauen, obwohl 87 Prozent der Unternehmen gerne mehr Frauen beschäftigen würden. Nur für jedes zehnte Unternehmen läuft die Suche nach technischen MitarbeiterInnen problemlos ab, neun von zehn Unternehmen der Elektro- und Elektronikindustrie haben Schwierigkeiten, ihre offenen Stellen zu besetzen.
Die Situation wird sich verschärfen, betont Monika Kircher, stv. Präsidentin des FEEI: „Jedes dritte Unternehmen erwartet in den kommenden zwei Jahren, dass es noch schwieriger wird – vor allem bei TechnikerInnen mit zumindest Maturaniveau.“ Gegenstrategien: Fokus auf Lehrlingsausbildung.

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