Jeder zehnte Schüler an Privatschule

Universität, Hörsaal D, Altes AKH, Lehrveranstaltung
Die Österreicher geben für Bildung des Nachwuchses jährlich Hunderte Millionen Euro aus. Das Land profitiert von bildungshungrigen Ausländern.

Die Österreicher greifen für Bildung tief in die Tasche. Bei den Ausgaben der öffentlichen Hand liegt das Land mit durchschnittlich 9000 Euro pro Kopf deutlich über dem Schnitt der EU 27. Aber auch die privaten Bildungskosten der Haushalte fallen schwer ins Gewicht.

Neun Prozent der AHS-Schüler besuchten 2010 eine Privatschule, an Höheren Schulen waren es fast 11 Prozent. Die Ausgaben für Privatschulen und Kindergartenbeiträge betrugen 2010 rund 381 Millionen Euro (ohne Verpflegung), errechnete die Statistik Austria. Für Studienbeiträge wurden im selben Jahr 289 Mio. Euro ausgegeben. Allerdings hat die Einführung des Gratiskindergartens die gesamten Bildungsausgaben privater Haushalte leicht sinken lassen.

Nachhilfe

Jeder zehnte Schüler an Privatschule
Für Eltern schulpflichtiger Kinder kommen noch üppige Ausgaben für private Nachhilfe dazu. 2012 verdienten die Nachhilfelehrer pro Kind zwischen 545 Euro in der Volksschule und bis zu 668 Euro in der AHS. Eine Entlastung brachte den Eltern laut Arbeiterkammer die Neue Mittelschule (dank dort höherer Lehrerzahl). Geht es aber um die Weiterbildung der Österreicher ab 25 Jahren, gibt es kein europäisches Land, wo – mit 21 Prozent der gesamten Weiterbildungskosten – mehr aus privater Hand gezahlt wird als bei uns: 2012 waren das 530 Mio. Euro.

Österreich präsentiert sich mittlerweile aber auch dem Ausland als Bildungsstandort. Besonders die deutschen Numerus-Clausus-Flüchtlinge haben ihr Nachbarland ins Herz geschlossen. Der Bildungsexport – also österreichische Angebote für Ausländer – kann zum Wirtschaftsfaktor werden.

Laut Daten der Nationalbank hat Österreich 2011 mit Bildungsexporten (etwa Seminare und Online-Angebote für Ausländer) rund 24 Mio. Euro eingenommen. Und das sogar exklusive den rund 81.000 ausländischen Studierenden in Österreich, davon 30.000 aus Deutschland.

Bildungsexport

Das ist zwar doppelt so viel, wie noch vor zehn Jahren, doch da ist viel Luft nach oben: Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) meint, dass Österreichs Exportvolumen im Bildungsbereich bei 360 Mio. Euro liegen könnte. „Das Bewusstsein wächst langsam“, sagt Michael Landertshammer, Leiter der Abteilung Bildungspolitik der Wirtschaftskammer. Österreich habe bereits viel erreicht, insbesondere im Export von Fachausbildungen. Durch die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Österreich sei das Thema Lehre international in den Blickpunkt gerückt.

Vorreiter in Sachen Bildungsexport ist der angloamerikanische Raum. In Australien ist Bildung mit einem Volumen von 14,8 Milliarden australische Dollar (rund 11,7 Mrd. Euro) der viertwichtigste Exportfaktor.

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Die Industriellenvereinigung will verhindern, dass sich in Zukunft weniger Jugendliche für eine HTL-Ausbildung interessieren. Im Reformpapier der Sozialpartner ist nämlich vorgesehen, dass die neue Mittelschule fünf statt vier Jahre dauern soll. Schüler von berufsbildenden Schulen wie der HTL würden dadurch ein Jahr später mit ihrer fünfjährigen Ausbildung beginnen, die dann erst im Alter von 20 Jahren abgeschlossen wäre.

„Das ist sehr , sehr heikel“, lautet der skeptische Kommentar von IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. „In der HTL gibt es Fächerkombinationen, die es sonst nirgends gibt. Die Ausbildung entspricht dem Standard von Fachhochschulen in Deutschland.“ 70 Prozent der HTL-Absolventen gehen in die Industrie. Laut IV sind 93 Prozent der Unternehmen „sehr zufrieden“ mit den HTL-Maturanten. Ohne HTL würden jedes Jahr rund 2500 Techniker fehlen.

Bisweilen helfen auch US-Fernsehserien wie „The Big Bang Theory“ (Urknalltheorie, Anm. d. Red. ) technisch/wissenschaftliche Berufe populär zu machen, berichtet die Personalleiterin von Bosch Österreich, Johanna Hummelbrunner. Seit die Serie über zwei junge Physiker und eine hübsche Kellnerin im Fernsehen läuft, „ist Physik in England eine der beliebtesten Studienrichtungen“. Hummelbrunner hält daher „mehr Populismus“ bei der Werbung für technische Berufe für durchaus sinnvoll.

Nach wie vor eine Baustelle ist für die IV der Lehrlingsbereich. „Ein Viertel der Lehrbetriebe konnte 2012 nicht alle Lehrstellen besetzen“, so Neumayer. „Die Schere zwischen Eignung und Anforderung wird immer größer. Jeder Vierte hat ein Lesedefizit. Jeder Sechste kann nicht grundlegend rechnen.“ Die demoskopische Entwicklung kann dieses Problem verschärfen. Bis 2020 wird die Zahl der Jugendlichen zwischen 10 und 14 Jahren um rund 12.000 sinken.

Der KURIER startet mit einer neuen Veranstaltungsreihe: Universität Wien im Gespräch.

Zum Auftakt steht „Ausbildung NEU: Welches ,Rüstzeug’ brauchen unsere Lehrer?“ zur Diskussion. Minister Karlheinz Töchterle, Uni Wien Rektor Heinz W. Engl, Leiter des Zentrums für LehrerInnenbildung der Uni Wien Lutz-Helmut Schön, Rektorin der Pädagogischen Hochschule Linz Ulrike Greiner und Autor Andreas Salcher diskutieren gemeinsam mit Helmut Brandstätter im Festsaal der Uni Wien, Universitätsring 1, am 20. März, um 18 Uhr.

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