Au-pair: Kinderhüten mit Mehrwert

Au-pair: Kinderhüten mit Mehrwert
Sie kümmern sich um den Nachwuchs anderer Leute. Doch was haben eigentlich Au-pairs von dem Auslandsjahr?

Welcher Teufel reitet ein junges Mädl, das in ein anderes Land geht und die Kinder anderer Leute betreut, außer der Fluchtinstinkt?", fragte sich Maria Orthofer vom Familienministerium, als sie sich ausgiebig mit dem Thema Au-pair beschäftigte. Der Grund für ihr Interesse: Sie war selbst neun Jahre lang Gastmutter - und schrieb ein Buch: Au-pair. Von der Kulturträgerin zum Dienstmädchen. Die moderne Kleinfamilie als Bildungsbörse und Arbeitsplatz.

Tatsächlich sind Au-pairs eben nicht nur der verlängerte Arm der Mutter. "Die Familien, mit denen ich damals gearbeitet habe, hatten den Anspruch, dass ihre Kinder vom Au-pair eine fremde Sprache und eine andere Kultur kennenlernen sollten. Es waren zumeist Mädchen aus Frankreich und dem angloamerikanischen Raum, die nach Österreich kamen ", sagt Orthofer. Heute sei das anders, die Au-pairs würden eher aus Ländern mit niedrigen Lohnverhältnissen kommen. Eine Annahme die sich bei der Recherche bestätigt.

Die Agenturen machen auf ihren Webseiten darauf auch aufmerksam. Die Mädchen müssen dennoch Deutsch sprechen und Erfahrung in der Kinderbetreuung vorweisen können. Doch die Motive der Gastfamilien haben sich geändert, es geht in Österreich kaum um den kulturellen Austausch. "Fast keine Familie wird als Grund angeben, dass das Kind ukrainisch lernen soll", so Orthofer.

Mädchen für nicht alles

Auch Christine Geserick vom Institut für Familienforschung hat sich dem Thema Au-pair angenommen. So wie Orthofer Gastmutter war, schöpft auch Geserick aus ihrem Erfahrungsschatz - sie war Au-pair. Die Erkenntnisse sind ähnlich: "Man muss das Thema zweigeteilt sehen. Es gibt die, die ein Jahr in einem anderen Land erleben wollen, die neue Kompetenzen, eine Sprache erlernen, die sich orientieren wollen", erklärt Geserick. Diese jungen Menschen würden aus hochgebildeten Sozialmilieus kommen, die in
ähnlichen Sozialmilieus Erfahrungen sammeln wollen. Auf der anderen Seite würde es auch Mädchen geben, die das Au-pair-Programm als Sprungbrett in den Westen sehen.

Davon kann Petra Furcher, vierfach gescheiterte Gastmutter, erzählen. "Es ging ihnen nicht um die Kinder, es ging ums Gehalt und ums Zimmer." Ein Au-pair wollte etwa die Bettwäsche der Kinder nicht wechseln, weil das zu intim war. Stimmt schon: Haushaltsarbeiten sind nicht das primäre Aufgabenfeld der Au-pairs. Doch selbst in den USA, die strenge Richtlinien verfolgen (siehe unten) , sollen Au-pairs Hausarbeiten machen, die in Zusammenhang mit der Kinderbetreuung stehen.

Oftmals sind es falsche Erwartungen oder Diskrepanzen in der Kindererziehung, die Konflikte schaffen. "Wenn das Au-pair ein unartiges Kind aufs Zimmer schickt und die Mutter holt es wieder raus, ohne mit dem Au-pair gesprochen zu haben, ist Streit programmiert", gibt Geserick als Beispiel.

Auch andere Essgewohnheiten oder starkes Heimweh können zum Problem werden. "Im Schnitt brechen zehn Prozent das Programm ab und reisen frühzeitig nach Hause", sagt Lotta Maroscheck von der Au-pair Vermittlungsagentur AIFS. 2011 vermittelt diese Agentur 75 Teilnehmerinnen aus Österreich in die USA. Ausschließlich Mädchen, denn männliche Au-pairs sind nur in Ausnahmefällen gefragt. "Nur fünf Prozent sind männlich", sagt Geserick.

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