Arbeitszeit: Es darf bald länger werden

Anpassung an die neue Arbeitswelt oder Rückschritt ins 19. Jahrhundert?
Die neue schwarz-blaue Regierung will flexiblere und längere Arbeitszeiten in Österreich: 12-Stunden-Tage und 60-Stunden-Wochen. Die Arbeitnehmer fürchten dadurch mehr Arbeit und weniger Geld. Eine berechtigte Sorge?

Der 12-Stunden-Arbeitstag spielt bei der aktuellen Regierungsbildung von Schwarz-Blau eine zentrale Rolle. Wirtschaftsvertreter halten ihn für notwendig, Vertreter der Arbeitnehmer üben scharfe Kritik. Die Wirtschaftskammer bezeichnet ihn als "Anpassung an die moderne Wirtschaftswelt". Die Arbeiterkammer als "Rückschritt ins 19. Jahrhundert".

Doch wie sehen die konkreten Pläne der zukünftigen ÖVP-FPÖ-Regierung derzeit aus? Am Abend des Nikolaustages sollen sich Schwarz und Blau auf Maßnahmen für die Wirtschaft geeinigt haben. Darunter auch die zwischen ÖVP, SPÖ und Sozialpartnern lang umstrittene "Arbeitszeitflexibilisierung". Konkret sollen Betriebe und Unternehmen gemeinsam mit dem Betriebsrat (oder den Arbeitnehmern selbst) über mehr Freiheiten in der Gestaltung flexibler Arbeitszeiten verfügen. Die Anhebung auf maximal zwölf Stunden täglich bzw. 60 Stunden pro Woche ist bei gleichbleibenden Regelungen für Zuschläge (Überstunden) möglich, wenn die zusätzliche Arbeit im Betrieb auch notwendig ist. Zustimmung braucht es dabei vonseiten des Betriebsrates oder, wenn kein Betriebsrat vorhanden ist, dann müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine dementsprechende betriebliche Vereinbarung treffen.

Die derzeitigen Höchstarbeitszeiten von zehn Stunden pro Tag und maximal 50 Stunden pro Woche dürfen in bestimmten Fällen auch heute schon überschritten werden: Ausnahmen stellen dabei beispielsweise Schichtarbeiten oder Rufbereitschaften dar. Diese müssen allerdings durch den Kollektivvertrag oder die Betriebsvereinbarung geregelt sein.

ÖAAB-Generalsekretär Karl Nehammer ist für die geplante Reform: "Niemand will einen generellen 12-Stunden-Arbeitstag. Es gelten weiterhin die Grenzen zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.’’ Für Wolfgang Katzian, Vorsitzender der FSG (Fraktion der Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen), bedeuten die Pläne hingegen "mehr Arbeit für weniger Geld". Die Gefahr, dass Unternehmen die Überstunden zur Regel machen könnten, werde seiner Meinung nach dadurch größer. Erwin Zangerl, schwarzer AK-Präsident in Tirol bezeichnet die Regierungspläne sogar als "geplante Schwächung der Kammern und einen Anschlag auf die Demokratie".

Pläne zur Flexibilisierunggibt es schon länger: Auch Noch-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) forderte in seinem "Plan A’’ einen 12-Stunden-Tag. "Es kann jedoch nicht sein, dass hier einseitig Vereinbarungen getroffen werden, wo nur die Arbeitgeber profitieren", wirft Kern der zukünftigen Regierung nun vor.

"Wir sagen nichts anderes", ließ die ÖVP indes verlauten. Ebenso reagiert der freiheitliche Parteichef Heinz-Christian Strache: "Niemand wird künftig insgesamt mehr arbeiten müssen. Wer freiwillig oder gelegentlich mehr arbeitet, der bekommt mehr Geld oder Zeitausgleich."

- Barbara Heiss

Die maximal zulässige Arbeitszeit soll zukünftig von zehn auf zwölf Stunden täglich erhöht werden. Das bedeutet, dass in Stoßzeiten, wenn mehr Arbeit anfällt, auch mehr gearbeitet werden darf. Laut einer Studie der Eurofound „Developments in working time 2015–2016“ liegt Österreich momentan mit zehn Arbeitsstunden im EU-Vergleich auf Platz zwölf. Mit zwei Stunden mehr würden wir mit den Niederlanden, Ungarn und Griechenland gleichziehen. Spitzenreiter (13 Stunden) sind Schweden, Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich.

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