„Allein hätte ich es nicht geschafft“

„Allein hätte ich es nicht geschafft“
Immer mehr Schüler brechen die Schule ab oder wissen nicht, was sie werden wollen. Die neuen Jugendcoaches sollen das vor Ort ändern.

Vier Wochen noch, dann ist die Schule für Tabea und Ronald Geschichte. Im Sommer beginnen die zwei 15-jährigen eine Lehre – Tabea wird in einem Modehaus zur Einzelhandelskauffrau ausgebildet, Ronald in einem Restaurant zum Koch und Kellner.

Dass sie eine Lehrstelle haben, ist für die beiden keine Selbstverständlichkeit. In der Schule lief nicht immer alles glatt, ihre Vorstellungen bezüglich ihrer beruflichen Zukunft waren eher vage, bzw. passten nicht zu jenen ihrer Eltern und vor allem fehlte es den Jugendlichen an Selbstvertrauen. Keine guten Aussichten angesichts der angespannten Lage am Arbeitsmarkt.

Unterstützung

„Allein hätte ich es nicht geschafft“

Seit Jahresbeginn werden die beiden in ihrer Schule – der Modularen Mittelstufe Aspern – von Sergio Tinoco-Lobo betreut. Der Soziologe ist Jugendcoach und soll Jugendlichen am Ende der Pflichtschule helfen, ihren Weg zu finden.

Das Projekt Jugendcoaching wurde zu Jahresbeginn vom Sozialministerium mit dem Unterrichtsministerium ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Perspektiven von Jugendlichen am Arbeitsmarkt zu verbessern. Angesprochen werden Schüler im 9. Schuljahr genauso wie Schulabbrecher und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf.

Noch steckt das Jugendcoaching in den Kinderschuhen – als Pilotprojekt in Wien und der Steiermark. Im Herbst kommt Salzburg dazu, 2013 alle anderen Länder.

Derzeit sind 130 Jugendcoaches tätig, die 3000 Jugendliche betreuen. Aufgrund der Anfragen rechnet das zuständige Bundessozialamt aber allein in Wien mit 8000 Klienten im kommenden Schuljahr und mit 4000 in der Steiermark. Bundesweit werden Kosten von 26 Millionen Euro erwartet.

Schulen

Derzeit läuft das Jugendcoaching vor allem über die Schulen. "Das ist das Herzstück unserer Arbeit. Wir setzen in den Schulen an, damit wir die Jugendlichen nicht verlieren", sagt Hemma Hollergschwandtner, Projektleiterin bei Wien Work (das gemeinnützige Unternehmen organisiert das Coaching im 21. und 22. Bezirk in Wien). Auch Gymnasien und Berufsbildende Schulen wenden sich oft an die Jugendcoaches. Dort gibt es viele potenzielle Schulabbrecher.

Die Schule in Asparn arbeitet intensiv mit Sergio Tinoco-Lobo zusammen. Der Coach hat einen eigenen Raum samt EDV zur Verfügung. Die Lehrer sind dankbar für die Unterstützung. "Ich habe nur eine Stunde in der Woche für Berufsorientierung zur Verfügung. Eine individuelle Hilfe ist da nicht möglich", erzählt Lehrerin Martha Langer.

Schnuppertage

Tabea und Ronald wurden von ihren Klassenlehrern motiviert, an dem Projekt teilzunehmen. Beide sind überzeugt, dass sie ohne ihren Coach keine Lehrstelle hätten. "Allein hätte ich das nicht geschafft", sagt Tabea. Bei Schnuppertagen konnte sie prüfen, ob ihr die Textilbranche und das Verkaufen wirklich liegen. Und mit Rollenspielen wurde sie auf Bewerbungsgespräche vorbereitet.

Wichtig ist die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten. Sie müssen ihr Einverständnis erklären. Bei Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund gibt es da manchmal Schwierigkeiten.

Ronald hatte prinzipiell die Unterstützung seines Vaters. Er hätte seinen Sohn aber lieber in der IT-Branche gesehen. Jetzt ist auch er mit der Berufswahl seines Sohnes einverstanden.

Traumberuf

Für Tinoco-Lobo geht es zuerst darum Wünsche und Ziele zu erheben und dann die Eigeninitiative der Kids zu fördern: "Für viele ist der Traumberuf nur Fantasie, erzeugt durch Medien und Werbung. " Mit ihnen klärt er ab, wo wirklich ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten liegen. "Berufswunsch Nummer eins bei den Burschen ist KFZ-Techniker. Da sage ich schon: Rechne dir deine Chancen aus, wenn es Hunderte Bewerber gibt." Und der Coach zeigt Alternativen auf, die nicht so überlaufen sind. Bewerben und im Beruf bewähren, müssen sie sich aber selbst. Ronald hat seinen künftigen Arbeitgeber auf der Homepage des AMS gefunden. Das Bewerbungsgespräch war kein Problem: "Ich habe viel Selbstbewusstsein gewonnen."

Berufswahl: Die Jobs mit Zukunft

Mangelberufsliste:
Die Liste nennt Qualifikationen, die Betriebe in Österreich nachfragen, für die es aber nicht genügend Arbeitskräfte gibt. Und das oft seit vielen seit Jahren.

Wer gefragt ist:
Fräser/innen; Dreher/innen; Dachdecker/innen; Techniker/innen mit höherer Ausbildung für Maschinenbau; Schweißer/innen; Schneidbrenner/innen; Bau- und Möbeltischler/innen; Techniker/innen mit höherer Ausbildung für Feuerungs- und Gastechnik; Bauspengler/innen; Elektroinstallateur(e)innen, -monteur(e)innen; Landmaschinenbauer/innen; Zimmer(er)innen; Schlosser/innen, Spengler/innen; Werkzeug-, Schnitt- und Stanzenmacher/innen; Rohrinstallateur(e)/innen; Platten bzw. Fliesenleger/innen

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