Karas: Schelling bremst Kampf gegen Steueroasen

Hans Jörg Schelling.
Kritik des EVP-Mandatars: Österreich gehöre zu jenen Ländern, die einen raschen Abschluss der Geldwäsche-Richtlinie verzögern würden.

In den vergangenen Tagen war Hans Jörg Schelling aus mehreren Gründen in den Schlagzeilen: Bleibt er Finanzminister? Hat er realistische Chancen, Chef der Eurogruppe zu werden? Und: Welche Rolle spielt Österreich eigentlich im Kampf gegen Steueroasen?

Glaubt man Othmar Karas, keine gute Rolle. Der EU-Abgeordnete der ÖVP kritisiert Schelling im Standard scharf: "Ich kann nicht glauben, dass sich Österreich im Kampf gegen Steuertricks der Konzerne auf die Seite von Malta, Zypern und Großbritannien stellte, denn dann wären wir auf der falschen Seite."

Karas: Schelling bremst Kampf gegen Steueroasen
EU-Abgeordneter Othmar Karas (ÖVP)

"Paradise Papers"

Hintergrund: Derzeit wird um den Abschluss einer neuen Richtlinie gegen Geldwäsche gerungen - nach Veröffentlichung der umfangreichen "Paradise Papers" (siehe Artikel-Sammlung unten) vor gut einer Woche wird das Thema Steuervermeidung international heiß diskutiert wie schon lange nicht.

Es geht im Wesentlichen und mehr Transparenz, Offenlegung und schärfere Bestimmungen für Eigentümer von Stiftungen und Trusts. Zwei Beispiele aus den Verhandlungspunkten: Das Register mit den echten Eigentümern soll nicht nur für Behörden, sondern auch der Öffentlichkeit einsehbar sein. Zudem sollen Notare, Rechtsanwälte und Steuerberater einer unabhängigen Aufsicht unterstellt werden. Einigen Staaten gehe diese Vorschläge zu weit.

Österreich gehöre laut Karas - gemeinsam mit wie Großbritannien, Luxemburg und Malta - zu jenen Ländern, die einen raschen Abschluss der Verhandlungen zur Richtlinie verhindere. Dafür hat er "überhaupt kein Verständnis, wenn angesichts täglich neuer Beispiele von Steueroasen, Steuervermeidung, Steuerflucht und Steuerhinterziehung es noch immer Mitgliedstaaten der EU gibt, die den ehrgeizigen Kampf der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments blockieren wollen", wird Karas zitiert.

Status quo in der EU

Die EU-Länder beraten seit Monaten über die Einführung einer Liste von Ländern, die Steuertrickser unterstützen. Bisher legen die Mitgliedsstaaten unter ganz unterschiedlichen Kriterien eigene Listen an. Hart Durchgreifen kann die EU-Kommission gegen den Willen der Mitgliedsstaaten aber nicht. Die Hoheit über die Steuern liegt in den einzelnen Hauptstädten, nicht in Brüssel. Der Umstand ist auch in den EU-Verträgen verankert. Änderungen an der Steuergesetzgebung sind extrem schwierig.

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Die Nichtregierungsorganisation Attac Österreich kritisiert Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) nun für seine "Blockadehaltung beim Kampf gegen Steuerbetrug" und reagiert damit auf einen Bericht im "Standard" (Montagsausgabe), wonach Österreich in der EU bei der Verschärfung der Geldwäsche-Richtlinie bremst.

Unter dem Titel "Schluss mit Steuergeschenken für Reiche und Konzerne" hat die globalisierungskritische NGO eine Petition an den Minister gerichtet. Denn die ÖVP will ihren Ankündigungen im Wahlkampf zufolge auch die Körperschaftsteuer für nicht entnommene Gewinne abschaffen.

Schelling soll seine "Blockadehaltung im Kampf gegen Steuersümpfe" aufgeben, heißt es in der Petition. Es müsse öffentlich sein, wer hinter Briefkastenfirmen, Stiftungen und Trusts stecke, fordert Attac. Ebenso müsse es öffentlich sein, wie viel Gewinn multinationale Konzern wo verbuchen und wie viel Steuern sie bezahlen.

Die Globalisierungskritiker wünschen sich einen "effektiven und weltweiten Informationsaustausch der Steuerbehörden ohne Schlupflöcher". Ein automatischer Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden sei grundsätzlich ab 2017/18 vereinbart, räumte Attac ein. Allerdings dürften sich die Staaten dabei aussuchen, ob und mit wem sie Daten austauschen. Die USA seien beispielsweise nicht dabei und das System biete noch "zahlreiche große Schlupflöcher".

Weiters fordert Attac den Finanzminister in der Petition dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass Konzerne ihre Steuern in dem Land zahlen, in dem sie wirtschaftlich tätig sind. Die Lösung dafür sei eine Gesamtkonzernsteuer mit hohen Mindeststeuersätzen. Schelling solle den internationalen Wettlauf der Steuersenkungen für Konzerne stoppen sowie Steuerprivilegien für Großunternehmen und Vermögende abschaffen statt neue Steuergeschenke im Regierungsprogramm festzuschreiben.

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