Elsner bleibt Verbüßung seiner Reststrafe erspart

APA8000704 - 24052012 - INNSBRUCK - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner aufgenommen am Donnerstag, 24. Mai 2012, während seines Kuraufenthalts in Tirol. APA-FOTO: ZEITUNGSFOTO.AT/DANIEL LIEBL
Das Wiener Straflandesgericht stuft den Ex-BAWAG-Chef als "nicht vollzugstauglich" ein. Damit bleibt ihm der Antritt seiner Reststrafe von fünfeinhalb Jahren erspart.

Dem ehemaligen BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner bleibt die Verbüßung seiner offenen Reststrafe von fünfeinhalb Jahren vermutlich erspart. Die Wiener Richterin Sonja Höpler-Salat hat den 77-Jährigen in einem Beschluss als „nicht vollzugstauglich“ eingestuft.

Maßgeblich dafür dürfte die Einschätzung eines medizinischen Sachverständigen gewesen sein. Dieser kommt in einem vom Gericht eingeholten Gutachten zum Schluss, dass bei einem Notfall in einer Justizvollzugsanstalt eine entsprechende medizinische Versorgung des herz- und lungenkranken Ex-BAWAG-Chefs nicht rund um die Uhr gewährleistet sei.

Herz

Zusätzlich warnt der Gutachter vor Herzproblemen, die eine Verlegung Elsners in eine Zelle auslösen könnte. Mit "hoher Wahrscheinlichkeit" sei mit Herzrhythmusstörungen oder der Gefahr eines Herzinfarkts zu rechnen. Der Sachverständige betont außerdem, im Hinblick auf die ihm vorliegenden Befunde und das fortgeschrittene Alter Elsners sei mit keiner Besserung seiner medizinischen Gesamtsituation zu rechnen.

Helmut Elsner wurde am 12. Mai 1935 in Wiener Neustadt als Sohn einer Kastner&Öhler-Angestellten geboren. Sein Vater war im Krieg gefallen. Er wuchs in Graz auf, wo er die Handelsakademie besuchte. Mit 20 Jahren trat er in eine Filiale der Arbeiterbank ein, wie die BAWAG damals hieß. Elf Jahre später war er deren Filialleiter.

Aufstieg

1978 wurde er vom damaligen langjährigen BAWAG-Chef, Walter Flöttl, in die Zentrale nach Wien geholt, wo er im Vorstand für das kommerzielle Großkundengeschäft verantwortlich war. Dort galt er bald als "Flöttls Mann für das Grobe". Erst 1991 trat er in die SPÖ ein, im April 2006 wieder aus. Von 1995 bis 24. April 2003 war er Vorstandsvorsitzender. In seinen fast 25 Jahren als Vorstand prägte er das Institut nachhaltig.

Nachgesagt wurde ihm ein "aufbrausender, egozentrischer und unnahbarer Führungsstil", der keinen Widerspruch duldete. Damit wird Elsner wohl nicht der einzige autoritär führende Spitzenmanager in Österreich gewesen sein.

Luxus

Aber sein luxuriöser Lebensstil wurde dem Chef einer Gewerkschaftsbank im Lichte der Öffentlichkeit durch den Prozess dann zum Image-Verhängnis: Das von der BAWAG zum Schnäppchenpreis erworbene Penthouse in der Wiener Innenstadt, seine Villa in Südfrankreich, sein ganzes Privatleben wurde jahrelang durch den Medien-Kakao gezogen. Die politischen Zurufe an die Justiz blieben nicht aus. So forderte etwa im Juni 2006 in einem "OÖN"-Interview der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser - jetzt selbst in der Buwog-Affäre unter den Beschuldigten -, dass angesichts des "schamlosen Missbrauchs" in der BAWAG rasch "ein Exempel statuiert" werden müsse.

Prozess

Die Vorwürfe der Anklage, er habe gegenüber der BAWAG Untreue in Milliardenhöhe begangen, versuchte Elsner oft unter Verweis auf die Praxis in einer Großbank zu entkräften. Die Spekulationsgeschäfte der BAWAG seien nicht riskant, sondern auch bei anderen Banken üblich gewesen. Vergeblich, denn als störrischer Hauptangeklagter hatte er gegen den Mitangeklagten Wolfgang Flöttl, der sich als Kronzeuge der Anklage gegen Elsner andiente, schlechte Karten. Elsner präsentierte sich im 117 Tage währenden BAWAG-Prozess als Sturschädel, der die Verantwortung für die Spekulationsgeschäfte und die Vertuschung der Verluste nie bei sich sehen konnte und wollte. Mit dem erstinstanzlichen Urteil im Juli 2008 - neuneinhalb Jahre Haft, nicht rechtskräftig - wurde ihm die Rechnung präsentiert.

Im Dezember 2010 hob der Oberste Gerichtshof (OGH) bei Elsner 5 von 18 Untreuefakten auf. Für die verbleibenden Untreuehandlungen mit einem Gesamtschaden von über 1 Mrd. Euro wurde die Gesamtstrafe von zehn Jahren Haft aber beibehalten.

Krankheit

Mit zunehmender Dauer der Haft für den herzkranken Elsner stieg auch die Sympathie für ihn. Immer mehr Stimmen meldeten sich mit der Forderung nach Enthaftung, während die Justiz bei Elsner weiterhin Fluchtgefahr gegeben sah und auch keine Enthaftung gegen Fußfessel zugelassen hatte. Ein Gutachten des kardiologischen Sachverständigen Joachim Borkenstein bestätigte Mitte Juni 2011, dass Elsner aus gesundheitlichen Gründen nicht vollzugstauglich sei. Wenige Tage später wurde er ins Wiener Wilhelminenspital eingeliefert. Als "nicht mehr zu verantworten", bezeichnete der Herzspezialist und Vorstand im Wilhelminenspital, Kurt Huber, in einem Brief ans Gericht eine weitere Inhaftierung Elsners.

Im Juli 2011 schließlich der Knalleffekt: Elsner wird wegen Haftunfähigkeit auf freien Fuß gesetzt. Ausschlaggebend dafür seien medizinische Gründe.

Tanzbein

Im Vorjahr hatten sich dann Zweifel an der Haftunfähigkeit Elsners aufgetan, als dieser unter anderem mitten in der Nacht beim Tanzen in der Eden Bar beobachtet wurde.

2. Prozess

Dem zweiten BAWAG-Prozess blieb der Ex-BAWAG-Chef durchgehend fern. Er lasse sich in einer bayrischen Spezialklinik gegen seine anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden behandeln, richteten seine Rechtsvertreter dem Wiener Gericht regelmäßig aus.

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