IWF: "Es droht eine böse Abwärtsspirale"

IWF: "Es droht eine böse Abwärtsspirale"
Die Finanzwelt blickt nach Tokio zur Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank. Von dort kommt eine scharfe Warnung.

Das Vertrauen in das Weltfinanzsystem ist sehr brüchig geworden." Das geringe Tempo bei der Stabilisierung des Bankensektors sowie bei nötigen Reformen habe eine gefährliche Kapitalflucht aus Europas Krisenstaaten begünstigt. "Es droht eine böse Abwärtsspirale."

Selten waren die Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) so klar in ihrer Warnung vor einem Kollaps des weltweiten Finanzsystems – ausgelöst durch die ungelöste Schuldenkrise in der Eurozone.

Griechenland, Spanien, vielleicht auch bald Italien, die Krisenherde werden immer mehr. Viele politische Entscheidungen – vom Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) bis hin zur Garantie der Europäischen Zentralbank mit unbegrenzten Anleihenkäufen den Schuldenländern unter die Arme zu greifen – wurden gefällt. Doch sei die Agenda "entscheidend unvollständig", urteilt der Währungsfonds zu Beginn seiner gemeinsamen Tagung mit der Weltbank in Tokio.

Das habe zu einem gewaltigen Abfluss von fast 300 Milliarden Euro aus Spanien beziehungsweise 230 Milliarden aus Italien binnen Jahresfrist geführt. Das Geld fließe in vermeintlich sichere Häfen in Europa sowie in die USA und nach Japan und könne zu einer neuen Kreditklemme in den betroffenen Ländern Europas führen. Im schlimmsten Fall müssten die Großbanken der Eurozone ihre Bilanzen um bis zu 3500 Milliarden Euro verkürzen, also das Geschäft einschränken.

Unter anderem fordert der IWF daher, dass Krisenländer wie Spanien den ESM auch tatsächlich nutzen und sich für günstige Kredite auch den Auflagen unterwerfen. Außerdem müssten eine europäische Bankenunion sowie eine europäische Einlagensicherung "möglichst bald geschaffen werden".

Reaktionen

Für WIFO-Chef Karl Aiginger kommt die Warnung des IWF zur "richtigen Zeit, in einem kritischen Moment". Auf der ganzen Welt breche die Konjunktur ein, das frühere "Sicherheitsnetz" einer günstigen Wirtschaftssituation für Europas Exportwirtschaft falle daher jetzt weg. Außerdem habe Europa wichtige Entscheidungen wie Bankenunion oder ESM getroffen, aber wieder zerredet. "Es dreht sich viel im Kreis. Ich garantiere, dass es in den nächsten drei Wochen auch gelingen wird, die elf Euro-Länder bei der Finanztransaktionssteuer wieder auseinander zu dividieren", prophezeit Aiginger.

Anders die Einschätzung von IHS-Chef Christian Keuschnigg. "Ich halte die Warnung des IWF für etwas alarmistisch." Es sei in Europa "sehr vieles auf Schiene", aber dem Währungsfonds gehe es halt zu langsam. Eine reale Gefahr sei aber sehr wohl der Kapitalabfluss und die Verunsicherung der Investoren. Keuschnigg: "Die Stimmung kann 2013 aber auch ins Positive drehen."

Weiterlesen: Erste Hoffnungsschimmer und Horrorszenarien in Griechenland

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare