Italien geht gegen Ratingagentur vor

18.11. Die neue italienische Regierung unter Mario Monti hat die Rückendeckung im Parlament für ihr Spar- und Sanierungsprogramm.
Italiens Premier Monti lässt sich von der Abwertung Italiens nicht beirren. Die Justiz startet Ermittlungen gegen Standard & Poor’s.

Von den Rückschlägen in den letzten Tagen ließ sich Premier Mario Monti nach außen nichts anmerken: Die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor’s hat Italien vor einer Woche gleich um zwei Stufen herabgesetzt. Dann ließ Deutschland Monti mit seiner Forderungen nach mehr Unterstützung in der Schuldenkrise abblitzen. Schließlich platzte noch der für heute, Freitag, geplante römische Gipfel mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy.

Doch Monti lässt sich nicht in die Enge treiben. Am Donnerstag hat die Justiz Razzien am Mailänder Sitz von Standard & Poor’s durchgeführt. Den Ermittlungen gingen Strafanzeigen von Verbraucherverbänden voran. Untersucht wird, ob hinter Kursstürzen an der Börse im vergangenen Juli kriminelle Machenschaften stecken. Laut Staatsanwaltschaft geht es bei den Ermittlungen auch um die Bonitäts-Senkung vom vergangenen Freitag.

Sparpaket

Monti scheint die Hürden als Ansporn zu nehmen und zieht entschlossen seine Reformen durch. Nach dem milliardenschweren Sparpaket „Salva Italia“, steht heute, Freitag, der zweite Akt bevor: Monti wird ein umfangreiches Liberalisierungsdekret im Ministerrat vorstellen. Neuerungen sind auf dem Energiesektor, im Transportwesen, bei Versicherungen, Banken, Apotheken und Tankstellen vorgesehen.

Dagegen regt sich jedoch Widerstand. „Die wollen unser Leben ruinieren“, ist Taxiunternehmer Pietro Marinelli erbost. Gemeinsam mit seinen Kollegen protestiert er am Circo Massimo in Roms Zentrum. Die Taxler, eine der mächtigsten Lobbygruppen des Landes, wehren sich mit wilden Streiks gegen die Liberalisierungspläne Montis. In der Vergangenheit gelang es ihnen mit dieser Taktik jede Marktöffnung zu verhindern.

Das Taxigewerbe war bisher an den Kauf einer Lizenz gebunden, die in Rom und Florenz bis zu 250.000 Euro kostete. Nun fürchten sie einen starken Wertverlust ihrer teuer erworbenen Lizenzen. Denn künftig sollen Gemeinden frei über die Vergabe von Taxi-Lizenzen entscheiden.

Freier Arzneimarkt

Gianluca D. ist ebenfalls verunsichert: „Wir haben unsere Opfer schon gebracht“, sagt der Apotheker aus Rom. Er fürchtet einen Preisverfall bei nicht rezeptpflichtigen Medikamenten, wenn man diese künftig auch in Supermärkten erwerben kann. Konsumentenschutzverbände plädierten seit Langem für einen umfassenden Liberalisierungsprozess.

Laut Schätzungen der Konsumentenschützer kann eine Familie dank Marktöffnung und kompetitiver Preise im Jahr rund 900 Euro sparen. „Die Bürger haben ein Recht auf angemessene Vergünstigungen und reduzierte Preise“, betont auch Staatssekretär Antonio Catricalá.

Auch Notare fürchten Verluste: Bis 2013 sollen 1000 Personen Zugang zum Notarberuf erhalten. Sämtliche Notargebühren werden reduziert, wodurch etwa ein Immobilienkauf günstiger wird. Tankstellenpächter dürfen künftig ihre Ölgesellschaften bei Benzin und Diesel frei wählen. Ähnlich wie in Österreich sollen kleine Supermärkte mit Lebensmittel, Zigaretten und Zeitungen an Tankstellen angeschlossen werden.

Öffnungszeiten

Bereits mit Jahresbeginn wurden die Ladenöffnungszeiten gänzlich gelockert: Läden und Einkaufszentren können an 365 Tagen im Jahr bis zu 24 Stunden offen haben und das ganze Jahr mit Ausverkäufen um Kunden werben.

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