"Diskriminierung spielt bei Aufstiegschancen auch mit"

"Diskriminierung spielt bei Aufstiegschancen auch mit"
Wirtschaftsminister Mitterlehner will keine Quoten in der Privatwirtschaft, findet Teilzeit nicht schlecht und hofft bei der Gleichstellung auf die Jungen.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zu Frauenthemen, über die er nicht mit Leichtigkeit spricht.

KURIER: Heute ist Frauentag, da seufzen viele Frauen, Männer verdrehen sowieso die Augen. Was halten Sie davon?

Reinhold Mitterlehner: Ich verdrehe sicher nicht die Augen, so ein Tag ist eine gute Bewusstseinsbildung, Basis einer Kulturveränderung.

Stichwort Führungspositionen: Da geht nichts weiter. Deshalb auch die Diskussion um Quoten, die Sie vehement ablehnen – warum?

Ich sehe die Quote sogar als vernünftige Maßnahme im eigenen Bereich, wo wir Verantwortung haben. Im Bund steht der Frauenanteil bei Aufsichtsräten bei 33 Prozent. In der Privatwirtschaft habe ich die Auffassung, dass die Beispiele der öffentlichen Hand positiv wirken werden. Ich bin derzeit nicht dafür, will mir die Entwicklung noch ansehen.

Bei Uni-Abschlüssen und Matura haben Frauen die Nase vorn – trotzdem schaffen sie es nicht in die Führungsetagen. Wie viel Diskriminierung steckt da dahinter?

Natürlich wird Diskriminierung auch mitspielen. Aber sie wird umso geringer, je jüngere Führungspersönlichkeiten auch bei den Männern agieren. Die haben andere Einstellungen, eine andere Kultur.

Sie sprechen eine neue Generation an – die, die dagegenhalten, sind die Altherren?

... weil es damals eine andere Einstellung in der Gesellschaft gab.

Welche Stellung hat die Frau in der Wirtschaft und was machen Frauen falsch, dass sie es nicht so weit hinauf schaffen wie Männer?

Frauen haben die gleiche Stellung wie Männer. Und sie werden immer wichtiger, weil die demografische Entwicklung in diese Richtung geht. Wir werden in Zukunft zu wenig qualifizierte Mitarbeiter haben, da haben Frauen gute Möglichkeiten, sich in den Arbeitsprozess einzubringen. Dass es Frauen nicht so zahlreich nach oben schaffen, hängt auch mit dem Karriereverlauf zusammen: Frauen kriegen erfreulicherweise Kinder, gehen deshalb oft vom Beruf weg. Das trägt maßgeblich zur Schere beim Einkommen bei.

Sie hören wegen der Kinder auf zu arbeiten oder arbeiten Teilzeit: 44 Prozent der Frauen arbeiten halbtags, ein Problem?

Ich sehe das nicht so kritisch wie andere Kollegen aus der Regierung. Ich bewerte Teilzeit hoch, wenn sie nicht vorgegeben ist. Wenn es die Wahl gibt, machen Frauen und zunehmen auch Männer gerne davon Gebrauch.

8,9 Prozent der Männer in Österreich arbeiten Teilzeit – das ist nicht die Welt.

Aber in Deutschland nimmt das stark zu.

Die Crux daran: Altersarmut wegen des geringen Einkommens und Abhängigkeit vom Partner.

Es ist Menschen freigestellt, das für sich zu entscheiden. Armutsfalle sehe ich weniger: Teilzeit ist nicht immer schlecht bezahlt.

Sie wollen keine Sanktionen, wenn Firmen unzureichende oder keine Einkommensberichte vorlegen. Das macht das Gesetz zahnlos.

Das glaube ich nicht. Wir wollen eine Kulturänderung – Sanktionen würden nur ein Ausweichverhalten hervorrufen.

Glauben Sie überhaupt an die Ungleichbehandlung bei der Bezahlung von gleicher Arbeit?

Da gibt es nach wie vor Unterschiede. Der Wandel greift eben noch nicht überall.

Warum haben Sie das Papa-Monat abgesagt, das wäre eine super Sache gewesen.

Für die Betroffenen wäre das eine super Sache, für die Unternehmen aber nicht. Momentan, in dieser Konjunktursituation, ist das nicht drin. Später vielleicht einmal schon.

Im Moment können es sich Firmen also nicht leisten, vier Wochen auf Männer zu verzichten?

Hier geht es nicht nur um den Verzicht, sondern um die gesamte Organisation, vor allem in den Mittelbetrieben. Großbetriebe tun sich da viel leichter.

Sie sind auch Familienminister: Es wird ein Umbau der Familienleistungen debattiert, mehr Familienbeihilfe, dafür Absatz- und Freibeträge einstampfen, die nicht wahrgenommen werden. Wird das bald spruchreif?

Wir verhandeln das. Es stimmt, das Familienbeihilfen-System ist unübersichtlich und zersplittert. Das wollen wir in den nächsten Monaten ändern. Wir bauen auch die Sachleistung kräftig aus, weil die Kinderbetreuung ganz zentral für die Vereinbarkeit ist.

Was sind geplante Maßnahmen, um das Kinderkriegen attraktiver zu machen?

Das haben wir uns genau angesehen: Die Einstellung der Gesellschaft zu Familie und Kindern wird gerade wieder besser. Wenn alle Kinder haben möchten, muss ich Rahmenbedingungen anbieten – etwa Kinderbetreuung. Das Thema ist mittlerweile sogar zur Standortfrage geworden.

Man hat das Gefühl, dass gerade bei der Kinder­betreuung nichts weiter geht.

Diese Einschätzung teile ich nicht. In den vergangenen Jahren hat der Bund mehr Geld als je zuvor dafür ausgegeben. 92% aller Drei- bis Sechsjährigen haben einen Platz.

Ihr größtes Anliegen im Frauenbereich?

Natürlich die Gleichbehandlung und das Schließen der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen – das ist ungerecht.

Wie haben Sie Kinder und Karriere vereinbart?

So gut wie möglich. Als Politiker ist man wenig in der Familie. Gemeinsames Frühstück, Hilfe bei der Hausübung. Der Großteil lag bei meiner Frau, da will ich nicht flunkern. Ich habe nie gebügelt, weil wenig daheim.

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