Wenn der Mieterstreit teuer wird

Bei Räumungklagen ist ein Streitverfahren unumgänglich
Ob Schimmel in der Wohnung, eine Preiserhöhung ins Haus flattert oder die Zwangsräumung droht, manchmal müssen Streitigkeiten vor Gericht ausgefochten werden. IMMO fasst zusammen, welche unterschiedlichen Verfahren es gibt, mit welchen Kosten zu rechnen ist und welche Partei wann zur Kasse gebeten wird.

Zu Reibereien zwischen Mieter und Vermieter kommt es leider viel zu oft – ist kein Friede in Sicht, landen Fälle häufig vor Gericht. "Unstimmigkeiten wegen der Höhe des Mietzinses, der Kautionsrückgabe oder der Nichtdurchführung von Erhaltungsarbeiten werden dabei meist im Außerstreitverfahren geklärt", sagt Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung. In Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Leoben, Linz, Mürzzuschlag, St. Pölten, Neunkirchen, Stockerau, Salzburg und Wien ist die Schlichtungsstelle der jeweiligen Gemeinde zuständig. Hier können (in einem kostenlosen Verfahren) Miet- und Betriebskosten überprüft und Ablöseansprüche festgestellt werden.

In allen übrigen Gemeinden gibt es keine Schlichtungsstelle. Mieter und Vermieter haben nur die Möglichkeit, ihre Ansprüche beim Bezirksgericht einzuklagen. Auch Wohnungseigentümer sind bei Uneinigkeiten mit der Hausverwaltung oder der Eigentümergemeinschaft auf dieses angewiesen.

"Bei Räumungs- oder Besitzstörungsklagen ist ein Streitverfahren unumgänglich", erklärt Hanel-Torsch. Grundsätzlich gilt: Differenzen, die auf dem Mietrechtsgesetz beruhen, werden im Außerstreitverfahren verhandelt. Jene, denen das Zivilrecht zugrunde liegt im Streitverfahren. Auch für Letzteres ist das Bezirksgericht die erste Anlaufstelle. "Die Kosten, die dabei entstehen können, sind nicht zu unterschätzen", warnt Hanel-Torsch. "Bereits bei Einreichung der Klage muss der Kläger die Gerichtsgebühren entrichten."

Im Außerstreitverfahren sind diese durch einen eindeutigen Betrag festgesetzt. In erster Instanz werden 78 Euro verlangt. Die Gebühr steigt pro Instanzenweg um denselben Betrag an. Ruft eine Partei nach der Entscheidung des Bezirksgerichtes das Landesgericht an, sind dort bereits 156 Euro zu bezahlen. Die Klageeinreichung beim Obersten Gerichtshof beläuft sich auf 234 Euro.Bei Streitverfahren berechnet sich die Pauschale nach dem Gerichtsgebührengesetz und hängt vom Streitwert ab. "Die Höhe dessen kann sich aus dem Gesetz selbst ergeben oder von den Parteien bestimmt werden", sagt Wohnrechtsexpertin Daniela Kager von Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte. Besteht der Anspruch aus Geld, ist die Höhe der Forderung ausschlaggebend. Bei einem Streitwert von 2000 Euro kostet die Pauschale 102 Euro. Stehen Monatsmieten in der Höhe von 3500 Euro aus, sind 163 Euro zu entrichten.

Wenn der Mieterstreit teuer wird

Bei einer Räumungsklage hängt der Streitwert neben der Höhe der ausstehenden Miete auch von der Art des Objektes ab. "Bei Geschäftsräumen und großen Wohnungen wird ein höherer Streitwert berechnet als bei Objekten mit 40 Fläche", sagt der Wiener Anwalt Christian Grasl.

Hinzu kommen Vertretungskosten: "Zwar ist ein Rechtsbeistand im Außerstreitverfahren nicht gesetzlich vorgeschrieben, das österreichische Mietrecht ist aber sehr komplex und für Laien kaum verständlich. Ein Beistand ist daher so gut wie unerlässlich", rät Kager.

Die Anwaltskosten sind grundsätzlich im Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) geregelt. Als Grundlage dient auch in diesem Fall der Streitwert. "Wird um einen Mietzinsrückstand von 3000 Euro gestritten, sind für die Einreichung der Klage rund 430 Euro netto fällig", beschreibt Grasl. Pro angefangener Stunde addiert der Anwalt einen Einheitssatz, der in diesem Fall rund 300 Euro beträgt.

Gelegentlich sind auch Sachverständige notwendig. Etwa wenn Vermieter vor Gericht behaupten, dass es zu Abnützungen am Objekt gekommen ist, die der Mieter zu verantworten hat. "Die Kosten dafür können sich auf mehrere Tausend Euro belaufen", sagt Grasl.Wer die Kosten tragen muss, entscheidet das Gericht. Im streitigen Verfahren gilt das Erfolgsprinzip. Der Unterlegene hat sowohl die Prozess- als auch die Vertretungskosten beider Parteien zu tragen. Die Abrechnung erfolgt nach dem RATG. "Hat ein Mandant mit dem Anwalt im Vorfeld beispielsweise einen höheren Stundensatz vereinbart, muss die Gegenseite im Falle der Unterlegenheit nur den Tarif nach RATG bezahlen", erklärt Grasl.

Bekommen beide Seiten zum Teil recht, wird die Summe verhältnismäßig aufgeteilt. Kann der Verlierer nicht für die Kosten aufkommen und hat er auch keinen Besitz zum Pfänden, bleibt der andere auf dem Betrag sitzen. "Allerdings kann der Prozessgewinner bis 30 Jahre nach dem Gerichtsurteil Exekution führen und das Geld zurückverlangen", weiß Grasl.

Im Außerstreitverfahren wird nach Billigkeit entschieden. Der Richter berücksichtigt dabei, in welchem Ausmaß die Parteien mit ihren Anträgen durchgedrungen sind, wer der Verursacher für den Aufwand ist und in welchem Interesse der Prozess geführt wurde. Erst dann entscheidet er, wer welchen Betrag finanzieren muss.

Rechtschutzversicherungen funktionieren nach dem Baustein-Prinzip. Je nach Polizze sind gewisse Leistungen inkludiert. Jener für Grundstückseigentum und Miete fällt unter den Rechtschutz für Privatpersonen und ist meist nur innerhalb eines umfassenden Paketes zu erwerben. Inkludiert sind Miet- und Pachtverträge, die Wahrnehmung von Interessen aus dem Wohnungseigentum und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, die aus der Beschädigung des versicherten Objektes entstehen. Wollen Eigentümer in ihrer Eigenschaft als Vermieter abgesichert sein, ist ein Vermieter-Rechtsschutz abzuschließen.

Wenn der Mieterstreit teuer wird
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Oft gibt es Risikoausschlüsse, Einschränkungen und Bedingungen, die von Unternehmen zu Unternehmen variieren. Werden die Erfolgsaussichten vor Gericht als zu gering angesehen, kann es sein, dass die Zahlung verweigert wird. Grundsätzlich kann die Polizze auch nach Mietvertragsunterzeichnung abgeschlossen werden, vor Ablauf einer dreimonatigen Wartefrist tritt der Versicherer aber nicht für die Kosten ein. „Bringt ein Mieter danach eine Klage ein, werden die Gerichts- und Anwaltskosten bis zur jeweiligen Versicherungssumme gedeckt“, sagt Michaela Kollmann von der Arbeiterkammer Wien. Kommt es zu einem Umzug, muss lediglich die Adressänderung beim Versicherer angegeben werden, dann bleibt die Versicherung auch für die neue Immobilie bestehen. Zieht man in eine Wohngemeinschaft und kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, tritt sie nur dann ein, wenn die jeweilige Person, die den Rechtsstreit führt, auch als Versicherungsnehmer angegeben ist.
Die Versicherungssumme hängt von der Prämie und den Leistungen ab. Im Privatbereich sind Deckungsbeiträge zwischen 50.000 und 150.000 Euro üblich. Dafür fallen Kosten zwischen 150 und 300 Euro pro Jahr an. Vermieter müssen (je nach Höhe der Versicherungssumme und den Leistungen) mit 200 bis 450 Euro pro versichertem Objekt rechnen.

Im Schadensfall gilt: Niemals auf eigene Faust agieren. „Auch wenn man sich nur wegen einer Auskunft an einen Rechtsberater wenden möchte, muss man immer erst vom Versicherer eine Deckungszusage einholen“, sagt Kollmann. Zudem sollte man dem Anwalt zu Beginn des Verfahrens mitteilen, dass die Vertretung über eine Rechtsschutzversicherung abgerechnet wird. Dieser tritt dann eigenständig mit dem Versicherer in Kontakt und klärt die Formalitäten.

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