Welche Rechte hat ein Minderheitseigentümer?

Die überstimmte Minderheit kann zu Gericht gehen.
Christian Boschek (Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer Wien) beantwortet Leserfragen.

Ich bin mit zwölf Prozent Minderheitseigentümer in einem Haus. Mir gehört der oberste Stock, in dem sich nur meine Wohnung befindet. Der Rest sind Büros, denn der Mehrheitseigentümer hat seine Firma im Haus. Bisher haben wir alles besprochen. Jetzt wurde das Stiegenhaus ausgemalt und dafür die ganze Rücklage verbraucht. Habe ich gar kein Mitspracherecht?

Welche Rechte hat ein Minderheitseigentümer?

Grundsätzlich beauftragt die Hausverwaltung die aus Erhaltungsgründen notwendigen Arbeiten. Für darüber hinaus gehende Veränderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft ist ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft erforderlich, wobei die Mehrheit nach Miteigentumsanteilen entscheidet. Ein überstimmter Eigentümer kann sich binnen drei Monaten an das Gericht wenden. Das Gericht hat den Mehrheitsbeschluss aufzuheben, wenn die Veränderung den überstimmten Wohnungseigentümer übermäßig beeinträchtigt oder die Kosten der Veränderung aus der Rücklage nicht gedeckt werden können. Werden notwendige Erhaltungsarbeiten unterlassen, kann jeder einzelne Wohnungseigentümer eine gerichtliche Entscheidung darüber verlangen, dass die Erhaltungsarbeiten binnen einer angemessenen Frist durchzuführen sind.

Die Verwaltung hat den Eigentümern geschrieben, dass die Gasleitungen undicht sind und repariert werden müssen. Weil die Sanierung nicht aus der Rücklage gedeckt ist, hat die Verwaltung ein Darlehen aufgenommen. Hätte sie uns fragen müssen?

Welche Rechte hat ein Minderheitseigentümer?
Handwerker

Im Zuge der Reparatur soll auch neu ausgemalt werden. Ist das üblich?Die Sanierung von undichten Gasleitungen zählt zur Behebung von ernsten Schäden des Hauses und – soweit es sich um allgemeine Versorgungsleitungen handelt – zur Erhaltung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft. Zu beidem ist die Eigentümergemeinschaft verpflichtet. Die Verwaltung vertritt die Gemeinschaft und hat Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung autonom wahrzunehmen. Dazu gehören notwendige Erhaltungsmaßnahmen sowie die Aufnahme von Darlehen zur Finanzierung dieser Maßnahmen. Die Eigentümer können mit Mehrheit Weisungen erteilen und etwa die Aufnahme eines Darlehens von einer mehrheitlichen Zustimmung im Einzelfall abhängig machen. Was das nachträgliche Ausmalen betrifft, ist davon auszugehen, dass mit Reparaturen verbundene Nacharbeiten an der Oberfläche zur Erhaltungsmaßnahme gehören. Auch das Ausmalen des Stiegenhauses nach größeren Sanierungsarbeiten ist üblich.

Ich bin Eigentümerin einer geförderten Wohnung. Das Haus ist 21 Jahre alt, in vier Jahren will die Verwaltung die Fenster tauschen. Viele von uns haben auf eigene Kosten Markisen oder Rollläden angebracht. Wer zahlt die Abnahme und Montage, wenn die neuen Fenster kommen?

Welche Rechte hat ein Minderheitseigentümer?

Erhaltungsmaßnahmen an der Außenhaut der Baulichkeit fallen unter die Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft, zu der die Eigentümergemeinschaft verpflichtet ist. Generell gehören auch die mit einem Fenstertausch zwangsläufig verbundenen Vor-, Begleit- und Nacharbeiten zum Umfang der Erhaltungsarbeiten.

Ich habe im Jahr 2012 eine geförderte Wohnung gekauft. Die Heizung war nicht im Preis inkludiert. Jetzt zahlt die Gemeinschaft monatlich die Kosten der Anlage ab. Ich habe gehört, dass solche Contracting-Modelle bei geförderten Wohnungen verboten sind. Darf also eine geförderte Wohnung ohne Heizung verkauft werden?

Welche Rechte hat ein Minderheitseigentümer?
Symbolbild, Heizkosten

Über die Förderungsauflagen sollte man sich direkt beimFörderungsgeber erkundigen. Für Angelegenheiten der Wohnbauförderung ist das Amt der Landesregierung zuständig, in Wien die Magistratsabteilung 50. Anlagen-Contractingverträge wurden im Rahmen eines Bauträgervertrages bereits als gröblich benachteiligend und unzulässig gewertet, weil Beschränkungen der Nutzungs- und Verfügungsrechte der Wohnungseigentümer damit verbunden waren. Ob im konkreten Fall Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Vertragsgestaltung vorliegen, müsste geprüft werden.

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Tel: 01/52 65 760 24.08.2015, 10.00 bis 11.00 Uhr Nadja Shah, Mietervereinigung

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