Klage oder Kündigung: So wird man einen Störenfried los

Wenn es einfach nicht mehr miteinander geht
Es gibt Konflikte, die sind weit schlimmer als ein harmloser Nachbarschafts-Streit. Ein Mieter kann gekündigt werden, wenn sein Verhalten absolut unzumutbar ist. Aber einen Eigentümer kann man nicht aus seiner eigenen Wohnung werfen. Oder doch? Zwei Wohnrechtsexperten erklären, wie Kündigung und Ausschlussklage funktionieren.

Ein Haus, viele Wohnungseigentümer. Ein schwieriger Bewohner, der den anderen das Leben schwer macht. Weil er andere beschimpft oder sogar handgreiflich wird. Weil er Kellerabteile aufbricht. Weil er den Wasserschaden in seiner Küche nicht repariert und damit die Bausubstanz des ganzen Hauses gefährdet. Weil er in seiner Wohnung ein illegales Bordell betreibt. Unglaublich? Alles schon da gewesen. Unzumutbar? Absolut. Da ist es durchaus verständlich, wenn die Eigentümergemeinschaft einen solchen Wohnungsbesitzer loswerden möchte. Andererseits gibt es in Österreich ein Grundrecht auf Eigentum, in das man nicht so einfach eingreifen kann.

In Extremfällen wie diesen gibt es jedoch einen Weg: "Das Wohnungseigentumsgesetz kennt als ultima ratio die Möglichkeit der Ausschlussklage aus der Eigentümergemeinschaft – aber nur, wenn bereits Wohnungseigentum begründet ist. Besteht schlichtes Miteigentum, gibt es nur die Möglichkeit der Unterlassungsklage", erklärt Georg Röhsner, Wohnrechtsexperte und Partner der Kanzlei Eversheds Sutherland. Bei einem Neubau kann es durchaus Jahre dauern, bis Wohnungseigentum im Grundbuch eingetragen ist. Wenn Zinshausbesitzer einzelne Wohnungen verkaufen, kann es ebenfalls sein, dass (noch) nicht parifiziert wurde.

Viele gegen einen

Eine Ausschlussklage kann nur von der Mehrheit der übrigen Miteigentümer eingebracht werden. Die Anteile des Auszuschließenden werden nicht mitgezählt. "Weil die, die Mehrheit bildenden Eigentümer als Kläger auftreten müssen, kann man sich nicht hinter der Eigentümergemeinschaft, vertreten durch die Verwaltung, verstecken. Es kann daher durchaus schwierig sein, die notwendige Mehrheit zustande zu bringen", sagt Röhsner. Sind viele Wohnungen vermietet, kann es ebenfalls schwierig werden. Wer nicht selbst im Haus wohnt, wird sich nicht unbedingt ein langwieriges Verfahren antun. Ein einzelner Eigentümer kann nur in Ausnahmefällen eine Ausschlussklage einbringen – und zwar, wenn er vorher erfolgreich eine Unterlassungsklage geführt hat. Macht der andere trotzdem mit seinem Verhalten weiter, kann man einen Exekutionsantrag stellen. Das Gericht droht dann zunächst eine Geldstrafe an. Bessert sich die Situation nicht, wird die Geldstrafe exekutiert und eine höhere angedroht. Je nach Vergehen kann es dabei um einige hundert Euro oder auch einen vierstelligen Betrag gehen. Erst wenn die Exekution ergebnislos bleibt, kann der einzelne Wohnungseigentümer eine Ausschlussklage einbringen.

Die Anlässe für eine Ausschlussklage können unterschiedlich sein und ähneln den Kündigungsgründen des Mietrechts: Da wäre zunächst die beharrliche Nichterfüllung von Pflichten. Hier geht es meist um fehlende Zahlungen, etwa von Betriebs- oder Erhaltungskosten. "Der Ablauf ähnelt der Räumungsklage im MRG. Wenn der Betroffene bis zum Ende der Verhandlung zahlt, wird die Klage abgewiesen. Er muss aber die Verfahrenskosten übernehmen", erklärt Röhsner. Auch der empfindlich schädigende Gebrauch des Objekts, soweit er den Interessen der übrigen Miteigentümer zuwiderläuft, kann zu einer Ausschlussklage führen. "Zu den Paradebeispielen zählen Wohnungsprostitution oder exzessive Tierhaltung. Wenn jemand die Ursachen von Wasserschäden nicht beseitigt, gilt das ebenfalls als schädigender Gebrauch – etwa wenn die Fugen undicht sind und das Wasser ständig ins Mauerwerk rinnt", erklärt Röhsner: "Wenn ein Eigentümer zulässige Aus- oder Umbauten macht und das beauftragte Unternehmen verursacht einen Schaden, ist das natürlich kein Grund, ihn sofort aus der Gemeinschaft auszuschließen. Wenn sich der Betroffene dann aber nicht um eine Schadensbehebung kümmert, spricht man sehr wohl von empfindlich schädigendem Gebrauch." Der dritte Bereich umfasst rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten ebenso wie strafbare Handlungen gegen andere im Haus lebende Personen. Dazu gehören ständige Beschimpfungen, grundloses Anzeigen oder randalieren im Stiegenhaus. Auch hier gilt aber, dass nur entsprechend schwere oder nachhaltige Verstöße den Ausschluss rechtfertigen.

Klage, Urteil, Versteigerung

Gibt es ein Ausschluss-Urteil, hat der Betroffene drei Monate Zeit, um sein Objekt zu veräußern. Er darf aber nicht an Familienangehörige oder eine GmbH, die ihm gehört, verkaufen. Kümmert er sich nicht darum, kann jeder Eigentümer bei Gericht einen Antrag auf Zwangsversteigerung stellen. "Solange keiner die Versteigerung beantragt, passiert nichts. Erst wenn einer der Miteigentümer den Antrag stellt, wird ein Verfahren eingeleitet. Und das dauert, es muss ein Gutachten gemacht werden und so weiter. De facto hat man also mehr als drei Monate Zeit", so Röhsner.

Von der Klage bis zur tatsächlichen Versteigerung ist es also oft ein langer Weg. Zwei bis drei Jahre sind ein durchaus realistischer Zeitrahmen. "Das ist für die betroffenen Nachbarn natürlich unbefriedigend. Andererseits gibt es das Grundrecht auf Eigentum", betont Röhsner: "Und nicht immer ist das Verschulden an der Eskalation völlig einseitig. Manchmal treffen eben schwierige Persönlichkeiten aufeinander."

Was muss ein Mieter anstellen, um gekündigt zu werden?

Die Studenten nebenan feiern nächtelang Partys. Vom Balkon darunter zieht der Zigarrenrauch durchs offene Fenster herein. Im Gang versperren die Schuhe des Nachbarn den Weg. Oder noch schlimmer: Im Haus wohnt einer, der die anderen beschimpft oder sogar angreift, die Wohnung völlig verwahrlosen lässt, ins Stiegenhaus uriniert oder in der Anlage randaliert. Wie wird man einen solchen Nachbarn los?

Zunächst einmal: Gar nicht. Schließlich kann ein Mieter einen anderen nicht kündigen. Was also kann man unternehmen? Im Akutfall – wenn etwa die Party etwas lauter wird – ruft man am besten die Polizei. "Wer sich längere Zeit gestört oder gar bedroht fühlt, kann eine Unterlassungsklage bei Gericht einbringen", sagt Barbara Walzl-Sirk, Wohnrechtsexpertin des Mieterschutzverbands. "Wir raten zunächst zu einem Gespräch oder einer Mediation: Gerade Lärmbelästigung ist dem Verursacher oft nicht bewusst. Der weiß vielleicht nicht, dass der Nachbar es hört, wenn er mit der Tür knallt oder wenn lautstark gestritten wird. Und was dem einen schon aggressiv erscheint, findet der andere womöglich völlig harmlos."

Wer auf eine Kündigung hofft, sollte sich an den Vermieter oder Verwalter wenden. Meist wird der Unruhestifter dann schriftlich aufgefordert, das störende Verhalten zu unterlassen. Hilft das nicht, wird eine gerichtliche Kündigung ausgesprochen oder eine Räumungsklage eingebracht.

Doch was muss man anstellen, um gekündigt zu werden? Die Gründe sind genau geregelt und im Paragraf 30 des Mietrechtsgesetzes aufgelistet: Neben dem Nichtbezahlen der Miete und dem erheblich nachteiligen Gebrauch der Wohnung ist es vor allem ein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten, das zu einer Kündigung führen kann. Ausziehen muss auch, wer eine strafbare Handlung gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person begeht (das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit betreffend).

Außer es handelt sich um Fälle, die als geringfügig zu bezeichnen sind. Ob Lappalie oder nicht entscheidet das Gericht: "Beschimpfungen und Anspucken haben ebenso zu einer Kündigung geführt wie jahrelange Lärmbelästigung oder ständiges Nützen von allgemeinen Flächen im Haus", erklärt Walzl-Sirk. Der Hauptmieter ist übrigens auch für alle Personen, die mit ihm in einer Wohnung leben, verantwortlich.

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