Alles neu im Erbrecht!

Alles neu im Erbrecht!
Mehr als 200 Jahre blieb das österreichische Erbrecht unverändert. Jetzt tut sich etwas: Mit 1. Jänner 2017 treten die rund 350 erneuerten Paragrafen in Kraft. IMMO hat mit dem Notar Markus Kaspar gesprochen und die wichtigsten Änderungen zusammengefasst.

Pflichtteil

Dieser kommt grundsätzlich nur bei Vorliegen eines Testaments zum Einsatz. Gibt es dieses nicht, wird der Nachlass nach der gesetzlichen Erbfolge aufgeteilt, bei der dem Ehepartner ein Drittel und Kindern zwei Drittel des Vermögens zusteht. Ist der Verstorbene kinderlos und wird beispielsweise Ehepartner als Alleinerbe eingesetzt, hatten bis jetzt auch Eltern Anspruch auf einen Pflichtteil. Ab 2017 erhalten einen solchen nur noch Nachkommen und Ehegatten. Sie bekommen die Hälfte dessen, was sie bei bei der gesetzlichen Erbfolge erhalten hätten. „Die Höhe der Summe wird vom reinen Nachlass berechnet. Schulden sowie Begräbnis- und Verfahrenskosten sind dabei schon abgezogen“, erklärt der Wiener Jurist Markus Kaspar. Zudem hat der Erblasser künftig die Möglichkeit, bei fehlendem Kontakt über einen längeren Zeitraum (rund 20 Jahre), den Pflichtteil auf die Hälfte zu mindern. Bisher konnte er die Halbierung nur verfügen, wenn gar kein Kontakt bestand. Wird kein Barvermögen, sondern eine Immobilie vererbt, muss zuerst ihr Wert festgestellt werden. Hat der Erbe beispielsweise zwei Geschwister, muss er diesen den entsprechenden Betrag innerhalb eines Jahres überweisen. Auf Anordnung des Erblassers oder Verlangen des Belasteten kann die Auszahlung künftig auf fünf Jahre gestundet werden. „Ist es für den Erben wirtschaftlich nicht verkraftbar, schon nach dieser Zeit den gesamten Pflichtteil auszubezahlen, kann er sogar die Stundung auf zehn Jahre beantragen“, sagt Kaspar.

Lebensgefährten

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Lebensgefährten, die bereits drei Jahre mit dem Verstorbenen zusammengelebt haben, können sich nach der neuen Rechtslage freuen. Ohne Testament gingen sie bisher leer aus. Mit der Reformierung erhalten sie ein außerordentliches Erbrecht. Existieren keine gesetzlichen Erben (Ehegatten, Kinder oder eventuell sonstige erbberechtigte Verwandte wie Geschwister), haben sie Anspruch auf das Vermögen. Gibt es dagegen solche, gehen Lebensgefährten weiterhin leer aus. „In diesem Fall kann nur ein Testament einen Nachlass zusichern.“ Neu ist auch das befristete Wohnrecht für den Lebensgefährten. „Hat dieser zusammen mit dem Verstorbenen in den letzten drei Jahren im gemeinsamen Haushalt gelebt, darf der Partner für die Dauer von einem Jahr nach dem Tod des Lebensgefährten dort wohnen bleiben“, beschreibt Kaspar.

Testament

Während das handschriftlich verfasste und vom Erblasser unterschriebene Testament unverändert bleibt, gelten ab 2017 für den ausgedruckten letzten Willen strengere Regeln. Das Schriftstück muss in Zukunft von drei gleichzeitig anwesenden Zeugen unterfertigt werden. Diese müssen eigenhändig dazuschreiben, dass sie als solche gelten. Zudem sind sie künftig verpflichtet, ihren Vor- und Familiennamen sowie ihr Geburtsdatum oder ihre Adresse anzugeben. Um Fälschungen vorzubeugen, muss der Erblasser neben der Unterschrift auch einen eigenhändig geschriebenen Zusatz anfügen, beispielsweise „Das ist mein letzter Wille“. „Testamente, die vor dem 1. Jänner 2017 ohne diesen Zusatz verfasst wurden, müssen aber nicht geändert werden. Sie bleiben weiterhin gültig“, erklärt der Notar.

Erbunwürdigkeit

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Die Liste der Enterbungsgründe wird mit der neuen Novelle erweitert. Derzeit ist der Entzug des Pflichtteils nur bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten gegenüber dem Nachfolger möglich. Hat der gesetzliche Erbe diesen beispielsweise in einer Notsituation hilflos gelassen oder ihm gegenüber eine strafbare Tat, die mit mehr als einem Jahr Gefängnis bedroht ist, begangen, kann er enterbt werden. Ab 2017 gelten auch Straftaten gegenüber nahen Angehörigen des Erblassers sowie grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis als Enterbungsgründe. Die beharrliche Führung einer gegen die öffentlichen Sitten anstößigen Lebensart ist künftig dagegen kein Grund mehr, um den Pflichtteil zu entziehen.

Pflegevermächtnis

Nahe Angehörige, die den Verstorbenen in den letzten drei Jahren seines Lebens mindestens sechs Monate ohne Entgeltleistung gepflegt haben, haben Anspruch auf ein Pflegevermächtnis. „Voraussetzung ist, dass die Pflegeleistungen nicht bloß geringfügig waren“, sagt Kaspar. „Durchschnittlich mehr als 20 Stunden pro Monat sollten aber ausreichen, damit der Anspruch im Verlassenschaftsverfahren berücksichtigt wird.“ Gelingt dort keine Einigung, muss der Pflegende die Abgeltung wie bisher einklagen. „Wie viel er bekommt, hängt – sofern ausreichend Nachlass vorhanden ist – von Art, Dauer und Umfang der Pflege ab“, erklärt Kaspar. Nicht jeder hat aber auch das Recht auf ein solches Vermächtnis. Der Kreis der nahen Angehörigen umfasst neben den gesetzlichen Erben, ausschließlich deren enge Verwandte (z.B. Schwiegertochter eines Verstorbenen) und Lebensgefährten sowie deren Kinder.

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