IHS-Chef: "Massenpsychotisches Verhalten"

Der Wirtschaftsforscher und Chef des Instituts für Höhere Studien, Bernhard Felderer, im KURIER-Gespräch über...

... Rezessionsängste Realwirtschaftlich gibt es keinen Grund, eine Rezession zu befürchten. Die Konjunktur läuft in Deutschland ausgezeichnet und auch in Österreich sehr gut. Die Auftragsbücher sind bis Jahresende gut gefüllt.

... Panikverkäufe an den Börsen Dass die Leute nervös sind, ist verständlich. Doch das sind Überreaktionen, die nur mit Lemming-Verhalten erklärbar sind. Wenn die Finanzmärkte eine große Wirtschaftskrise befürchten, wird es aber gefährlich. Stürzen die Aktienkurse weiter ab, kann das natürlich negative Folgen für die Realwirtschaft haben. Wir müssen jetzt abwarten, wie es weitergeht.

... Vergleich mit Finanzkrise 2008 Die Krise kommt auch diesmal wieder aus der Finanzwirtschaft. Aber nicht wie damals von den Banken, sondern von der Verschuldung der Staaten. 2008 waren die Auftragsbücher der Industrie auch voll und innerhalb weniger Monate gab es in einzelnen Branchen Auftragsrückgänge bis zu 30 Prozent. Jetzt ist die Angst vor dem Zusammenbruch einzelner Staaten nicht unbegründet. Hier sind nicht bösartige Spekulanten am Werk, sondern Manager großer Fonds und Versicherungen, die auf Sicherheit setzen. Die sind zu überzeugen.

... Mögliche Pleite Italiens Wenn Italien Probleme bekommt, dann ist eine Krise wahrscheinlich. Aber wir wissen derzeit nicht, ob sich Italien erfängt oder nicht. Es ist zu hoffen, dass die Politik ihre Lektionen endlich gelernt hat.

... Revision der Prognosen Daran wird derzeit überhaupt nicht gedacht. Wir haben eine exzellente Konjunktur und in Österreich ein Beschäftigungswachstum von 1,7 Prozent. Das gibt es nur in Spitzenjahren. Aber wir müssen mit Prognosen
grundsätzlich vorsichtig sein, sobald die Finanzmärkte involviert sind. Dieses massenpsychotische Verhalten ist problematisch. Die Stimmung ist wesentlich schlechter als die tatsächliche realwirtschaftliche Lage.

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