Hypo: Wer hat wen hineingelegt?

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Nach Rückzahlungsstopp und Klagen fordert die Opposition in Wien einen Untersuchungsausschuss.

Die verstaatlichte Hypo Alpe-Adria Bank hat mit dem Beschluss der sofortigen Rückzahlungssperre der BayernLB-Milliarden nicht nur für neue Klagsdrohungen aus dem Freistaat gesorgt, sondern auch die politische Opposition aufgescheucht.

Grüne, BZÖ und FPK fordern die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die politischen Vorgänge rund um die Notverstaatlichung der Bank am 14. Dezember 2009 aufklären soll. „Wir wollen wissen, was genau in jenen Tagen und Nächten vor der Verstaatlichung passiert ist. Was hat das Verhandlungsteam geritten, solch eine Entscheidung zu treffen?“, fragt Werner Kogler, Finanzsprecher der Grünen.

Auch BZÖ-Vizeclubchef Stefan Petzner ist dafür. Es stellt sich die Frage, wer bei der Verstaatlichung wen über den Tisch gezogen hat: Die Bayern haben aus der Hypo noch kurz vor der Notverstaatlichung 1,5 Milliarden Euro abgezogen und den Zustand der Bank mit Hilfe der Wirtschaftsprüfer von PWC als konkursreif dargestellt. „Drohgebärden, aber keine Entscheidungsgrundlage“, meint Kogler. „Übersehen“ haben die Verhandler unter dem damaligen Finanzminister Josef Pröll und dem Leiter der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn, dass die BayernLB der Hypo damals einen drei Milliarden Euro dicken Finanzierungsrahmen zur Verfügung gestellt hatte. Dieses Geld hätte schon damals als Eigenkapital der Hypo eingestuft werden können. Möglicherweise wäre die Verstaatlichung dann gar nicht notwendig geworden.
Geirrt?

Bleibt die Frage, warum Peschorn, der nach eigenen Angaben den Verstaatlichungsvertrag maßgeblich gestaltet hat, den Bayern unter Punkt fünf des Kaufvertrags ausdrücklich die Rückzahlung der Milliarden-Finanzierungen zugesichert hat. Petzner verlangt eine Abberufung Peschorns. „Es ist äußerst mühsam, wenn Personen fortgesetzt die Unwahrheit sagen“, sagt Peschorn zum KURIER. Den Vorwurf, den Verstaatlichungsvertrag verbockt zu haben, sei „Verleumdung“. Er war bei den direkten Verhandlungen gar nicht dabei. Verhandelt hätten Josef Pröll, Staatssekretär Schieder, deren Kabinettmitglieder und Notenbankchef Nowotny.

Bayern zeigt Hypo bei der EU an

Bayern hat den Streit mit der Hypo am Freitag Nachmittag auf eine Ebene höher gehoben und die Bank bei der EU angezeigt. Bayerns Finanzminister Markus Söder begründete dies damit, dass die Hypo gegenüber der EU möglicherweise falsche Angaben über die Eigenkapitalausstattung gemacht habe.

Wenn sich dies als wahr herausstellt, wäre dies „ein großer Schaden für den Finanzplatz Österreich“, so Söder. Wer solle noch österreichischen Banken vertrauen, wenn er um sein angelegtes Geld fürchten müsse. Söder bezieht sich mit der Anzeige auf das Jahresende 2008. Damals hat die Hypo noch als Tochter der Bayerischen Landesbank von der Republik Österreich 900 Millionen Euro an staatlichem Hilfsgeld erhalten.

Damit dieses Geld – das in der damaligen Finanzkrise auch andere Institute bekamen – auch ausbezahlt werden darf, musste sich Österreich eine Zustimmung der EU holen. Brüssel genehmigt Staatsgeld für Banken nur dann, wenn es sich nicht um eine Beihilfe handelt, ohne die die Bank nicht lebensfähig wäre. Die Oesterreichische Nationalbank meldete der EU daraufhin, die Hypo sei „not distressed“, also „nicht notleidend“.

Mit dem jetzigen Rückzahlungsstopp der Bayern-Milliarden behauptet die Hypo aber, dass sie schon damals in der Krise gewesen sei. Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny betont, dass die Meldung an Brüssel aus dem damaligen Blickwinkel zu sehen sei. Heute habe man mehr Informationen.
 

„Es ist äußerst mühsam, wenn Personen fortgesetzt die Unwahrheit sagen“, sagt Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, zum KURIER. Peschorn spielt dabei auf den BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner an, der in Sachen Hypo-Verstaatlichung eine Anzeige gegen den höchsten Anwalt der Republik ankündigte. Das sei nicht das erste Mal, sagt der Jurist. Schon eine frühere Anzeige Petzners sei nach einer sechsstündigen Einvernahme von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

Petzner unterstellt Peschorn sinngemäß, den umstrittenen Hypo-Verstaatlichungsvertrag zwischen Österreich und Bayern „mitverbockt“ zu haben. Das seien „alles Verleumdungen“, wehrt sich der Anwalt des Bundes.

Dabei war der Staatsjurist bei den direkten Verhandlungen gar nicht dabei. Verhandelt haben laut Finanzprokuratur unter anderem der damalige Finanzminister Josef Pröll, Staatssekretär Andreas Schieder, deren Kabinettmitglieder und OeNB-Chef Ewald Nowotny.

Aus dem Umfeld der Anwaltskanzlei der Republik heißt es auch, dass ihr Chef Peschorn die nachteilige Klausel, dass der Vertrag wegen Irrtums nicht angefochten werden kann, sogar noch aus dem Vertrag heraus verhandelt habe.

Eine bereits fertige Klage gegen die BayernLB auf Rückabwicklung des Kaufes wegen Geschäftsirrtums liegt derzeit noch in einer Schublade in der Finanzprokuratur. Doch das könnte sich aber schnell ändern, meinen Beobachter.

Seit 14. Dezember 2009 gehört die Kärntner Hypo dem österreichischen Staat. Um drei Euro traten die BayernLB, das Land Kärnten und die Grazer Wechselseitige eine angeblich kaputte Bank an den Steuerzahler ab. Exakt drei Jahre und viele Steuermilliarden später startet ein hochspannendes juristisches Match um die Frage, wer hier wen über den Tisch gezogen hat.

Stand die Bank trotz bayerischer Milliardenkredite wirklich vor der Pleite? Warum soll das damalige Geld aus München heute Eigenkapital der Hypo sein? Was galt die letzten drei Jahre? Die Story der „alternativlosen Notverstaatlichung“ wird vielleicht neu geschrieben. Wird die Hypo obendrein zur Rückzahlung verdonnert, steht fest, wer letztlich über den Tisch gezogen wurde: der Steuerzahler.

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