Höhere Strafzölle: EU rüstet gegen unfairen Handel auf

5000 Arbeiter demonstrierten im Februar in Brüssel gegen Chinas Billigstahl
Disput mit China: Asiaten beschweren sich bei WTO - EU-Staaten einig über Abwehrmaßnahmen.

Für den designierten US-Präsidenten Donald Trump ist der Fall klar: Gleich am ersten Tag seiner Amtszeit will er China offiziell der Währungsmanipulation bezichtigten. Die Asiaten seien, was den Handel betrifft, notorische "Betrüger" (cheater), hatte Trump im Wahlkampf wiederholt genüsslich betont. Und es sei ein schwerer Fehler gewesen, die Chinesen 2001 überhaupt in die Welthandelsorganisation (WTO) aufzunehmen. Genauer gesagt, mit Wirksamkeit vom 11. Dezember 2001.

Nach 15 Jahren WTO

Dieses Datum sollte nämlich am vergangenen Sonntag, 11. Dezember 2016, höchst relevant werden. Bei ihrem Beitritt wurde den Asiaten nämlich versprochen, dass sie nach 15 Jahren in der WTO nicht mehr als Schwellenland, sondern als "Marktwirtschaft" eingestuft werden. Damit sind nämlich mehr Rechte verbunden. Einfach formuliert: Bei einer Marktwirtschaft geht die WTO davon aus, dass die Produktpreise im Land tatsächlich über das normale Wechselspiel von Angebot und Nachfrage auf dem Markt zustande kommen und nicht von staatlichen Subventionen verzerrt werden.

Das wird vor allem dann entscheidend, wenn sich ein Handelspartner gegen unfaire Handelspraktiken wie Dumping-Preise wehren möchte. Dann müsste er nämlich die Strafzölle daran bemessen, wie die Preise im betroffenen Land - in China - sind. Das hieße effektiv, dass der EU und den USA im Handelsstreit mit China (etwa wenn es um Billigstahl geht) die Hände gebunden wären. Es würde schwierig bis fast unmöglich, Anti-Dumping-Zölle zu verhängen.

Staatskapitalismus

Nun sind aber große Teile der Wirtschaft in China in Staatshand oder völlig unter staatlichem Einfluss. Es kann also - auch nach 15 Jahren in der WTO - keine Rede davon sein, dass die Preise nur durch Marktmechanismen bestimmt werden. Deshalb verweigern die USA und die EU diese Einstufung. China fackelte freilich nicht lange und meldete gleich am Montag, 12. Dezember, bei der WTO eine Beschwerde an. Man setze sich dagegen zur Wehr, wie die EU und die USA ihre Strafzölle bei Anti-Dumping-Verfahren berechnen. Jetzt bleibt 60 Tage Zeit für Konsultationen und eine mögliche Streitbeilegung, bevor die WTO offiziell ein Verfahren eröffnet.

Keine Sekunde zu früh

15 Jahre lange war Zeit, sich auf diesen Moment vorzubereiten. Es wäre aber nicht die EU, wenn eine wichtige politische Einigung nicht erst im letzten Moment erfolgen würde: Nach drei Jahren Verhandlungen einigten sich die 28 Mitgliedstaaten erst am Dienstag darauf, wie sie sich auf diese neue Situation einstellen. Die EU-Botschafter beschlossen mit qualifizierter Mehrheit, das Arsenal der Abwehrmaßnahmen gegen Billigimporte aufzustocken. Deutschland stimmte dafür, die Briten waren laut Diplomaten dagegen.

Mit den neuen Regeln wird sich die EU bei der Bemessung ihrer Zölle an internationalen Preisen orientieren - und das ist nicht nur auf China, sondern auf alle Handelspartner gemünzt. Damit kann man es vermeiden, dass die verzerrten chinesischen Inlandspreise als Maßstab herangezogen werden müssen.

Die neuen Regeln seien "transparenter, rascher, effizienter", kommentierte ein Sprecher der EU-Kommission. In besonderen Fällen sind auch höhere Strafzölle möglich. Zum Vergleich: Die USA knallen auf kaltgewalzten Stahl aus China 266 Prozent Einfuhrzoll drauf, die EU ist mit nicht einmal einem Zehntel (21,1 Prozent) bisher deutlich zurückhaltender. Und muss deshalb den Großteil der Billigimporte aushalten.

"Nicht naiv sein"

Der slowakische Handelsminister Peter Ziga, der im Moment den Vorsitz im Rat führt, betonte, dass EU-Produzenten sich so gegen unfairen Wettbwerb sehren könnten: "Europa darf nicht naiv sein und muss seine Interessen verteidigen, vor allem wenn es um Dumping geht."

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bezeichnete die Einigung im Rat am Dienstag in Brüssel als "exzellente Nachrichten". Der Kampf gegen unfairen Handel sei eine der Top-Prioritäten auf Junckers Agenda, betonte der Sprecher. Nun müsste noch das EU-Parlament grünes Licht geben, dann können die Anti-Dumping-Maßnahmen in Kraft treten.

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