Hirscher & Co.: Sponsoring erreicht Milliarde

Bei der Herren-Abfahrt in Kitzbühel waren sage und schreibe 210 Markenlogos im Bild
Wintersport liegt mit 60 Prozent Marktanteil weit vor Fußball und Formel1. Rapid sieht keinen Schaden durch Fan-Ausschreitungen .

2017 war "das Sportsponsoring-Jahr schlechthin", sagt Focus-Geschäftsführer Klaus Fessel. 20 Mitarbeiter des Instituts durchforsteten Berichte über 8901 Events in den Zeitungen und TV-Sendern nach Sponsorenlogos und glichen diese mit den Reichweiten sowie Preislisten (ohne Rabatte) ab. Der so ermittelte Brutto-Werbewert betrug 943 Mio. Euro, ein Rekord (+13 Prozent). Zu verdanken ist das der Ski-WM in St. Moritz.

Hirscher & Co.: Sponsoring erreicht Milliarde
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Insgesamt entfielen 657 Mio. Euro auf TV und 286 Mio. Euro auf Print. Skifahrer Marcel Hirscher erreichte für Atomic, Raiffeisen, Komperdell und Co. im Alleingang 7 Mio. Euro Werbewert. Das Wintersportland Österreich spiegelt sich auch im Sponsoringmarkt wieder: Rund 60 Prozent des Werbewerts entfielen auf Ski & Co., gefolgt von Fußball (25 Prozent) und Motorsport (9 Prozent). Größtes Einzelevent war die Herren-Abfahrt in Kitzbühel mit 16 Mio. Euro und 210 (!) vertretenen Logos .

Rapids Fan-Probleme

Bei der Fußball-Bundesliga entfallen 48 Prozent des Werbewerts auf die Tageszeitungen. Weitere 28 Prozent werden über den Privatsender Sky und 22 Prozent via ORF erreicht, analysiert Focus-Experte Marcel Grell. Das ist aktuell relevant, weil die oberste Spielklasse künftig womöglich nicht mehr gratis zu empfangen sein wird. Die Rechte hat sich Sky gesichert, über Sublizenzen etwa für die Übertragung von vier Live-Spiele und Highlight-Shows wird noch verhandelt. Man habe da ein "Mitsprache-, aber kein Vetorecht", sagt SK-Rapid-Präsident Michael Krammer. Er wünscht sich, dass der Volkssport Fußball "nicht gänzlich hinter der Paywall verschwindet".

Von den Fan-Ausschreitungen auf der Rapid-Tribüne beim jüngsten Wiener Derby sieht Krammer keine negativen Effekte für Sponsoren. Mit Ottakringer - deren Sonnenschirme regelmäßig eingesetzt werden müssen, um den Feuerzeug-Hagel von Spielern abzuwehren - habe er aktuell nicht gesprochen, die Brauerei sei aber seit zwanzig Jahren als Rapid-Sponsor an Bord.

Platzsturm blieb ohne Folgen

Er selbst habe sich nach dem Platzsturm 2011 bei der französischen Muttergesellschaft des Orange-Konzerns in Paris rechtfertigen müssen, ob das Sponsoring noch gerechtfertigt ist, weil das Firmen-Logo auf der Werbebande minutenlang im Hintergrund randalierender Hooligans zu sehen war: "Es hat uns überhaupt keinen negativen Imageeffekt gezeigt."

Hirscher & Co.: Sponsoring erreicht Milliarde
ABD0096_20180204 - WIEN - ÖSTERREICH: Felipe Augusto Rodrigues Pires (FK Austria Wien) wird mit Bechern aus dem Block West beworfen am Sonntag, 4. Februar 2018, während der tipico-Bundesliga-Begegnung zwischen SK Rapid Wien und FK Austria Wien in Wien. - FOTO: APA/EXPA/THOMAS HAUMER

Die Feuerzeug-Würfe von der Tribüne gelte es abzustellen; andere Vorfälle würden von den Medien aufgebauscht, behauptet Rapid-Präsident Krammer. Die uneinsichtigen, bagatellisierenden und teilweise homophoben Plakate der rabiaten Rapid-Ultras ordnet er unter "Meinungsfreiheit" ein.

"Unsere Gegner behandeln wir hart, aber fair und mit Respekt": So steht es im Leitbild des heimischen Fußball-Klubs SK Rapid Wien. Wie weit der Respekt der Fans geht, war beim jüngsten Derby-Eklat zu sehen. Wieder einmal musste der knallgelbe Sonnenschirm von Rapid-Großsponsor Ottakringer als Schutzschild herhalten. Ein Rapid-Ordner griff zum Schirm, um die gegnerischen Spieler an der Linie vor diversen Wurfgeschoßen der "Fans" zu beschützen. Eine beschämende Aktion, die Großsponsor Ottakringer aber nicht zu stören scheint. Immerhin wird die Marke groß ins TV-Bild gerückt, wenn die Fans ausrasten.

Was folgt als Nächstes? Ein knalliger Schriftzug des Sponsors auf die Feuerzeuge, mit denen Spieler beworfen werden? Ein Gratis-T-Shirt mit Sponsor-Aufschrift für die Stadionstürmer? Der schnelle Kopf-Verband nach einem Treffer "sponsored by ..."? Es ist zynisch, wenn Gewaltszenen in einem Fußballstadion auch noch vermarktet werden. Sponsoren müssen hier eine klare Stopp-Linie setzen, sich öffentlich von solchen Rowdytum distanzieren und – wenn sich nichts ändert – langjährige Verträge sofort kündigen.

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