Hervis: Testlauf im Verleihgeschäft

Jeder zweite Ski ist schon ein Leihski. Ob das Ausleihen von Sportausrüstungen auch in anderen Bereichen Schule macht, bleibt abzuwarten.
Händler testet, ob Kunden Anoraks und Wanderausrüstungen nur ausborgen wollen.

Manche Sachen stehen die meiste Zeit im Jahr einfach nur im Weg: Ski zum Beispiel. Oder Stand-up-Paddle-Bords und Zelte während der Wintermonate.

Der Sportartikelhersteller Hervis will daraus ein Geschäft machen – und Sportausrüstungen saisonweise verleihen. Was bei Skiern längst Usus ist, soll auch bei Wanderausrüstungen funktionieren, so die Theorie. Ob das wirklich umsetzbar ist, testet der Händler seit Juli in einer Filiale im oberösterreichischen Haid. Dort leihen sich die ersten Kunden Wanderjacken, Inlineskates oder Tischtennistische für ein paar Wochen oder Monaten aus.

Der Sportartikelhändler, der zur Salzburger Spar-Gruppe gehört und österreichweit 90 Standorte hat, reagiert damit auf neue Konsumtrends. "Nutzen statt Besitzen", lautet das Credo der sogenannten Sharing-Community. Das hat oft nicht nur ideologische Gründe, sondern ganz praktische: Zu wenig Stauraum in den eigenen vier Wänden etwa. Das könnte auch der wahre Grund dafür sein, dass im November auffällig viele Kunden ihre Fahrräder zum Service bringen und dann offenbar bis zum Frühjahr keine Zeit finden, sie wieder abzuholen, munkeln Händler hinter vorgehaltener Hand.

Ausrüstung auf Probe

Hervis-Chef Alfred Eichblatt hofft auf ein Geschäft. "Viele borgen sich vielleicht eine Ausrüstung für eine Saison, weil sie eine neue Sportart ausprobieren wollen. Oder auch nur für einen Wanderurlaub", sagt er. Der Sportartikelhändler budgetiert für eine Saisonmiete etwa die Hälfte des Kaufpreises der Ausrüstung. Im Skibereich ist Hervis schon seit Jahren im Verleihgeschäft aktiv: Etwa 6000 Paar vermietet der Händler saisonweise – der Großteil davon sind Kinder- und Jugendski. Eichblatt: "Wenn klar ist, dass die Bretter in einem Jahr schon wieder zu klein sind, werden sie gern geliehen." Laut Branchenschätzungen ist bereits jeder zweite Ski in Österreich ein Leihski. Bei Skischuhen ist die Quote noch deutlich niedriger. Und vom neuen Verleihservice von Hervis sind Schuhe überhaupt ausgeklammert.

200 Modelle pro Jahr

Schuhe sind für Sportartikelhändler ein schwieriges Kapitel. Zwischen 150 und 200 Modelle wollen große Sportartikelmarken wie Nike oder Adidas pro Saison in den Markt pressen – das Ganze in sieben Herren- und sechs Damengrößen. Kassenschlager sind die wenigsten Modelle. "Mit den besten fünf Modellen macht man 70 Prozent des Umsatzes", schätzt Eichblatt. Die Kunst der Händler ist es also, die richtigen fünf Modelle in den richtigen Größen ins Verkaufsregal zu stellen.

Auch aus Sicht der Sportschuhhersteller sind die vielen Modelle – oft werden vier Kollektionen pro Jahr produziert – ein Risikofaktor. Eine Lösung könnten 3-D-Drucker bringen, die nach einem 3-D-Scan des Fußes maßgeschneiderte Treter drucken – binnen Stunden. Adidas versucht das bereits im Testlauf. Ob der maßgeschneiderte Schuh aus dem Drucker Schule macht, ist aus Sicht von Eichblatt aber noch nicht absehbar. "Noch haben wir acht bis zwölf Monate Vorlaufzeit – derzeit bestellen wir die Herbstware 2017."

Eine Produktion auf Bestellung würde ganze Fabriken in Billiglohnländern obsolet machen. Lohnkosten würden keine Rolle mehr spielen, da die Sneakers vollautomatisch vom Band laufen. Sie würden damit auch billiger werden, sagen Experten. Andererseits würde die neue Technik wohl auch die Tradition des Abverkaufs beenden: Wird nur noch auf Bestellung produziert, gibt es keine Überschussware mehr, die am Ende der Saison verschleudert werden muss.

Hervis: Teil der Spar-Gruppe

Der Sportartikelhändler hat österreichweit 90 Standorte und insgesamt 100 weitere in Deutschland, Slowenien, Tschechien, Kroatien, Ungarn und Rumänien. Hervis beschäftigt rund 2800 Mitarbeiter.

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